Dampfnudelblues
aus.
Zigarette an.
»Ich hab zwanzig Jahre lang auf diesen Tag gewartet«, sagt der Bruno weiter.
»Und wieso wartet man darauf zwanzig Jahre lang und meldet sich nicht eher mal?«
»Das hat was mit Verantwortung zu tun, verstehst du? Ich war ja noch nicht einmal bereit, für mich selber Verantwortung zu übernehmen. Wie dann für eine ganze Familie?«
»Was hast du in der Zwischenzeit gemacht? Also in der Zeit, wo du zwar schon in Landshut warst, aber noch keinen Kontakt zu deiner Familie gehabt hast?«
»Ich hab sie beobachtet.«
»Du hast sie beobachtet?«
»Ja, es hätte ja sein können, dass die Angie verheiratet ist. Dass es noch andere Kinder gibt. Dass sie einen Freund hat. Irgendwas in dieser Richtung halt. Und dann hätte ich da nicht einfach reinplatzen mögen.«
»Du bist aber dann einfach reingeplatzt.«
»Ja, weil eben nichts da war, verstehst du. Kein Mann, kein Kind, kein gar nichts.«
»Und da hast du geglaubt, die beiden fallen dir um den Hals und freuen sich, dass du endlich wieder da bist.«
Er sagt nichts. Stattdessen steckt er sich eine neue Zigarette an.
»Was hast du denn so beobachtet, wie du sie beobachtet hast?«
»Was soll dieses Spielchen, Eberhofer? Das weißt du doch zu gut.«
Da hat er recht.
»Hast du den Höpfl umgebracht, damit er die Finger von deinem Marcel lässt?«
»Sagen wir einmal so, Franz. Ich habe ihn gewarnt, den schwulen Rektor. Ich hab gesagt, wenn er den Buben nicht in Ruh lässt, dann dreh ich ihm den Kragen um.«
»Wann war das?«
»Zwei Tage vor seinem traurigen Ende.«
»Und wie hat er darauf reagiert?«
»Er war ein Hosenscheißer! Wie soll er schon darauf reagiert haben? Er hat gesagt, er lässt ihn in Frieden.«
»Weiter?«
»Nichts weiter. Zwei Tage später war er tot.«
»Hast du mit dem Buben darüber gesprochen?«
»Natürlich!«
»Und wie hat er reagiert?«
»Mein Gott, wie schon? Völlig verständlich, für meine Begriffe. Er hat gesagt, ich soll mich aus seinem Leben raushalten, so wie ich’s die letzten zwanzig Jahre auch gemacht hab.«
Mein Bedarf an Elend ist für heute gedeckt und ich war noch nicht einmal daheim. Ich verabschiede mich und fahr zurück nach Niederkaltenkirchen, weil jetzt Feierabend ist.Ich geh direkt in den Saustall und hau mich aufs Kanapee. Mach die Augen zu und streichle dem Ludwig seinen Kopf. Erst mal alles sacken lassen. Kaum bin ich ein kleines bisschen eingeschlafen, stampft der Papa zur Tür rein.
»Servus, Franz«, sagt er in einem freundlichen Tonfall. Mich reißt es direkt, weil ich damit nach den Vorkommnissen der letzten Tage gar nicht gerechnet hab.
»Servus, Papa«, sag ich und richte mich auf.
»Du, der Leopold hat angerufen«, sagt der Papa jetzt und setzt sich zu mir nieder. »Die kommen hernach noch vorbei.«
Gott bewahre!
»Was will denn der Leopold schon wieder hier? Hat der vielleicht kein eigenes Zuhause?«
»Es ist mehr wegen der Sushi«, sagt der Papa. Und dann erfahr ich, dass der Zwerg Nase ein Tamtam macht, jetzt wo sie wieder in elterlichem Gewahrsam ist, das kann man gar nicht erzählen. Keine Nacht haben der Leopold und die arme Panida seitdem ein Auge zugemacht. Von den Tagen erst gar nicht zu reden. Und weil sie langsam auf dem Zahnfleisch daherkommen, fahren sie eben zu uns. Damit wir den Giftzwerg Nase wieder zur Vernunft bringen. Als wär das unsere Aufgabe.
»Wenn sie das erst einreißen lassen, tanzt ihnen die Kleine später mal richtig auf der Nase rum«, sag ich zum Papa. »Ich jedenfalls steh für den hysterischen Balg nicht zur Verfügung. Auf gar keinen Fall.«
Kapitel 20
Grad wie der Papa weg ist, ruft der Birkenberger an.
»Du, Franz«, sagt er und schnauft wie ein Ochs. »Es ist eine unverkennbare Situation, das mit deiner Susi.« Aha.
»Aha«, sag ich.
»Ja, es ist ein Italiener, genau wie du vermutet hast.«
»So viel weiß ich ja schon selber. Ist das alles, was du rausgefunden hast? Dann musst du dich nicht wundern, wenn sich deine Aufträge in Grenzen halten.«
»Jetzt warte doch«, hechelt er mir in den Hörer.
»Wie heißt er?«, will ich jetzt wissen.
»Andrea«, sagt der Rudi.
»Andrea? Sie hat was mit einem Weib?«
»Andrea ist kein Frauenname. Jedenfalls nicht hier in Italien. Und du darfst mir glauben, Franz, es ist so wirklich gar nichts Weibisches an dem Kerl.«
Das tröstet mich.
»Er schaut umwerfend gut aus. Eigentlich genauso wie der Luca Toni. Umwerfend, kann ich dir nur sagen. Und er ist eindeutig jünger als
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