Dampfnudelblues
verschlossen.
»Dann werd ich dir jetzt einmal erzählen, wie der Marcel sein kostspieliges Hobby finanziert hat«, sag ich und nehm ihr die Hände von den Ohren.
Wie ich fertig bin, hat sie sich beruhigt. Sie hat aufgehört zu weinen und sogar Kaffee getrunken. Ich kann nicht genau einordnen, ob sie die Geschichte mit dem Strich schon vorher gewusst hat oder nicht. Vielleicht hat sie auch alles ein bisschen verdrängt. Jedenfalls ist sie jetzt ruhig. Sie weiß Bescheid und sie ist ruhig.
»Du denkst, dass dieser Höpfl ermordet worden ist, stimmt’s?«, fragt sie dann.
»Das kann sein, muss aber nicht. Aber immerhin kann es sein und muss somit untersucht werden.«
»Ich verstehe«, sagt sie.
Dann räumt sie den Tisch ab. Ich steh auf und frag nach dem Weg zum Klo. Die zweite Tür links, sagt sie. Dort geh ich jetzt hin.
Hinter der Klotür am Haken hängt eine Uniform. Ich muss an die Fremdenlegion denken. Dann wasch ich mir die Hände und geh zurück zum Küchentisch.
»Der Bruno, lebt der jetzt bei dir?«
»Nein, der hat seine eigene Wohnung. Ein paar Straßen weiter.«
»Die Uniform im Klo, ist das seine?«
»Ja, die hat er vor ein paar Wochen dem Marcel einmal mitgebracht. Er hat geglaubt, damit könnte er bei ihm Eindruck schinden. Hat er aber nicht. Der Marcel ist keine acht Jahre mehr.«
Sie senkt den Kopf.
»Er war keine acht Jahre mehr«, sagt sie weiter. »Und es hat ihn wirklich null interessiert, was für eine Uniform sein Vater da anschleppt. Im Grunde hat ihn der ganze Vater nicht interessiert. Er war vorher nie für ihn da, warum dann ausgerechnet jetzt, hat er gesagt. Das kann man doch auch verstehen, oder?«
»Ja, das kann man«, sag ich. Dann nehm ich sie in die Arme. Sie ist so traurig, dass ich mich kaum weggehen trau.
»Geh nur«, sagt sie dann. Sie hat es wohl irgendwie gemerkt.
Ich bin schon fast draußen, da fällt mir noch etwas ein.
»Du, Angie, eins noch. Wie lang ist der Bruno jetzt aus der Fremdenlegion zurück und wann ist er bei dir aufgetaucht?«
»Wann er raus ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er seit etwa einem halben Jahr hier in Landshut ist. Vor zehn oder elf Wochen hat er sich dann bei mir gemeldet. Wieso?«
Ich zuck mit den Schultern.
»Ist mir nur so eingefallen«, sag ich und heb die Hand zum Gruße.
»Kommst einmal wieder auf einen Kaffee vorbei?«, ruft sie mir durchs Treppenhaus nach.
»Darauf kannst du wetten«, sag ich noch und dann bin ich weg.
Weil ich grad schon in der Gegend bin, statte ich auch dem Sieglechner einen kurzen Besuch ab. Der Wohnblock ist ähnlich wie der von der Angie. Muffig und trostlos.
Es ist vier Uhr nachmittags und er macht mir im Morgenmantel auf.
»Eberhofer? Was verschafft mir die Ehre?«, begrüßt er mich und schlurft vor mir her ins Wohnzimmer. Der Fernseher läuft. Auf der Couch liegt das Bettzeug, in dem eine Sitzdelle ist. Eine Zigarette glimmt im Aschenbecher vor sich hin. Er setzt sich in die Delle, aus der er vermutlich grad herausgekrochen ist. Ich kann ihn durch den Rauch kaum sehen. Das ganze Zimmer ist eingenebelt.
»Setz dich«, sagt er und deutet auf einen Sessel, auf dem ein Tablett mit altem Essen steht. Ich stell es auf den Boden.
»Stört es dich, wenn ich kurz lüfte«, frag ich auf dem Weg zum Fenster.
»Nur zu!«, sagt der Bruno und macht die Zigarette aus.
»Du arbeitest gar nicht mehr? Kein Schlüsseldienst oder so?«
Er schüttelt den Kopf.
»Ich krieg eine lebenslange Pension von der Legion. Die ist nicht übel. Warum soll ich mir das dann noch antun?«
»Du hast aber zuerst diesen Job gehabt?«
Er zuckt mit den Schultern.
»Ich hab’s mir eben anders überlegt. Was dagegen?«
Er schaltet den Fernseher aus.
»Warum bist du hier?«, fragt er dann und steckt sich eine neue Zigarette an.
»Der Marcel«, fang ich vorsichtig an. »Der Marcel war befreundet mit einem gewissen Höpfl.«
»Befreundet ist gut. Er hat ihn gevögelt.«
Peng – das haut mich um.
Ich suche nach einem brauchbaren Satz und werde nicht fündig.
»Und jetzt ist er tot, der Höpfl. Was für ein Jammer«, sagt der Sieglechner weiter.
Er ist erstaunlich gut informiert.
»Wie lange bist du denn schon in Landshut?«, frag ich ihn, weil mir das verhältnismäßig neutral erscheint.
»Ein halbes Jahr ungefähr.«
»Und wann hast du Kontakt aufgenommen? Zum Marcel, mein ich?«
»Vor exakt acht Wochen und zwei Tagen.«
»So genau weißt du das?«
»So genau weiß ich das!«
Zigarette
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