Dance of Shadows
also doch auf seinem Zimmer gewesen?
»Höher!«, sagte Josef. »Und locker, und zwei-drei, eins-zwei-drei.«
Vanessa kämpfte darum, im Takt zu bleiben. Sie kannte die Schritte, aber es schien ihr, als laufe der Rhythmus ihren Bewegungen entgegen und halte sie davon ab, den Tanz zu einem guten Ende zu bringen. Trotzdem machte sie weiter, und Zep glitt geschmeidig an ihrer Seite dahin.
»Hast du gehört, wie ich geklopft habe?«, fragte sie leise, als er sich über sie beugte.
Seine Haare hingen ihr in die Stirn, und er zögerte, ehe er ein klares »Nein« flüsterte.
Vanessa ließ ihren Körper kraftlos zurücksinken.
»Ja!«, sagte Josef. »Wunderschön. Du bist nichts. Du bist ein Rest von Rauch, der sich kräuselt und in die Vergessenheit eingeht.«
Einen Moment fühlte sie sich genauso.
»Und meine SMS neulich, hast du die bekommen?«
Zep sah sie schuldbewusst an. »Ja. Entschuldige, dass ich nicht geantwortet habe. Ich hätte mich schon früher zurückmelden sollen«, sagte er. »Ich war einfach abgelenkt.«
Vanessa spürte, wie seine Hand an ihrem Bein entlangglitt, als sie es in die
arabesque
hob.
»Zu steif!«, sagte Josef. »Und zu langsam! Der Rhythmus ändert sich, und du musst deine Bewegungen anpassen.«
Vanessa merkte, wie sich ihr Körper anspannte. »Abgelenkt? Wovon denn? Du hast doch gesagt, du warst krank?«
Sie wartete, was Zep antworten würde, aber er schaute nur überrascht, weil sie ihn bei einer Lüge ertappt hatte.
Entsetzt ging sie auf Abstand zu Zep. Sie war jetzt aus dem Takt, aber das ließ sich nicht ändern. Ihre Augen brannten, und ihr Gesicht fühlte sich so heiß an, als würde es verbrennen.
»Im Takt bleiben!«, rief Josef und umkreiste sie. »Du musst deinen Körper unter Kontrolle haben! Beine strecken! Zähl mit mir: Einszwei, eins-zwei, zwei-drei-vier, zwei-drei-vier … «
Vanessa kam wieder rein, aber der Rhythmus verwirrte sie weiterhin. Er ließ ihre Beine schneller werden und dann wieder unglaublich langsam, in so abruptem Wechsel, dass es sich anfühlte, als würde ihr Körper von einem Sturm durchs Zimmer geworfen.
Der Tanz will nicht aufgeführt werden
, dachte sie.
Er will unbesiegbar bleiben.
»Non!«
, sagte Josef und schüttelte den Kopf. »Hör auf zu denken! Dein Körper muss die Führung übernehmen. Du bist ein Sklave der Launen der Zeit. Sie ist stärker als du. Sie will dich kontrollieren. Lass es zu!«
Ihre Muskeln brannten. Sie wollte bei Josef unbedingt einen guten Eindruck machen, aber es war zwecklos. Sie trippelte, und ihr Gewicht lastete auf ihren Knochen, bis ihre Beine zitterten und die Füße schmerzten. Hinter sich spürte sie Zep, sein Körper war ihr so nahe, dass sie den herben Duft seines Schweißes riechen konnte.
»Tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte dich nicht verletzen. Ich hab es nur gut gemeint.«
Sie schloss die Augen, spürte seine Finger über ihren Rücken gleiten und erstarrte.
»Nein!« Josefs Stimme war so laut, dass alle im Raum innehielten.
»Non, non, non.«
Er kam auf Vanessa zu, deren Füße vor Schmerzen pochten. Ohne Vorwarnung klopfte er mit seinem Stock gegen ihre Hüften und stieß sie in die richtige Stellung.
»Aufrecht!«, rief er, drückte die Hand gegen ihren Rücken und bog ihn gerade.
»Comme ça«
, sagte er kalt und hob ihre Arme über den Kopf in die richtige Stellung.
Offenbar war sie zusammengeschreckt. Er schien die Furcht in ihren Augen gesehen zu haben und ließ sie los, auch sein Gesichtsausdruck wurde etwas milder.
»Etwas beschäftigt dich«, sagte er und schaute sie forschend an.
Sie konnte sich nicht zurückhalten und starrte auf die Umrisse an der Wand.
»Lenkt dich die Dekoration ab? Sie ist für eine andere Aufführung. Kümmere dich nicht darum.«
Vanessa schüttelte den Kopf.
»Was ist es denn?«, fragte Josef.
Sie sah zu ihm auf. »Warum denken Sie, dass ich dieses Stück tanzen kann, wo es doch sonst niemand geschafft hat?« Sogar ihre Schwester war vor ihm davongelaufen, wollte sie sagen, aber sie tat es nicht.
Überrascht trat Josef einen Schritt zurück. »Darüber machst du dir Gedanken?« Er lachte. »Vanessa, ich habe dich als Feuervogel ausgewählt, weil ich nie jemanden gesehen habe, der so tanzt wie du.« Er ging um sie herum und ließ seinen Blick über ihre Beine und Arme und über ihren Hals gleiten, als wäre sie eine Marmorstatue. »Wenn ich dich anschaue«, sagte er mit so vertraulicher Stimme, dass Vanessa ein Schauer über den Rücken lief,
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