Dancing Jax - 01 - Auftakt
grinste ihn an und klopfte mit dem Zeigefinger gegen Pauls Stirn. »Du weißt doch nicht mal, was das überhaupt bedeutet.« Er kicherte. »Wenn ich wollte, könnte ich deinen Verstand völlig verfaulen lassen. Wenn du wüsstest, auf welch sandigen, unsicheren Boden das Bollwerk deiner Geistesgesundheit gebaut ist!«
Paul fiel Trudys Freund Geoff ein und er schüttelte mit aller Macht den Kopf.
»Allerdings wird das hier so viel spaßiger«, teilte der Mann ihm mit. »Wenn du erst mal im Reich des Prinzen der Dämmerung bist, wirst du nämlich gar nicht wieder fortwollen. Dieses Leben im Hier und Jetzt wird dir wie graue, stumpfsinnige Plagerei erscheinen und jeder Augenblick, den du außerhalb der Seiten von Dancing Jacks verbringst, wird dir wie die reinste Folter vorkommen. Jedes der Heiligen Wörter wird wie Sauerstoff für dich sein. Nur dort sollst du Farbe und Geschmack finden, die so brillant, so intensiv sind, dass alles andere dagegen fad und schal erscheint. Nachdem du allerdings so töricht warst, dein eigenes Buch den Flammen zu übergeben, bekommst du kein neues. Oh nein, ich werde sicherstellen, dass man dir das verweigert. Doch wie wirst du ohne eins zurechtkommen? Nun, das weiß ich auch nicht, aber es wird faszinierend sein, es herauszufinden.«
»Wissen Sie, was ich denke?«, unterbrach Paul ihn trotzig.
»Was denkst du denn?«
»Gerade habe ich mir gedacht, wie froh ich bin, dass ich heute Docs trage!«
Mit einem rebellischen Aufschrei stampfte Paul dem Ismus mit dem Absatz seiner Doc Martens kräftig auf den Fuß. Der Heilige Magus brüllte auf vor Schmerz und die beiden Leibwächter sprangen ihm sofort zu Hilfe. Einem davon rammte Paul den Ellbogen in die Rippen. Dann schob er sich pfeilschnell zwischen ihnen hindurch und rannte, so schnell er konnte, zurück zur Hauptstraße.
»Kümmert euch nicht um mich!«, blaffte der Ismus die Männer an. »Schnappt ihn euch – schnappt ihn euch!«
Nachdem er zu dem kleinen Campingmobil zurückgehumpelt war, setzte er sich in den Fußraum und massierte sich den pochenden Fuß. Wütend knirschte er mit den Zähnen und schwarze Schimmelflecken bildeten sich auf seinem Gesicht.
Mit voller Geschwindigkeit stürmte Paul die Hamilton Road entlang. Dicht hinter sich hörte er die plumpen Stiefelschritte der beiden Männer, die ihn verfolgten, aber er wusste, dass er schneller war. Gar nicht mal schlecht für jemanden, der jede freie Minute am Computer verbringt!, dachte er.
Läden und Menschen zogen an ihm vorbei. Er wich watschelnden Rentnern aus, die karierte Einkaufstrolleys hinter sich herzogen, und hüpfte über einen entsetzten Hund, der an einen Laternenpfahl gebunden war. Dann sah er, ein Stück vor sich, etwas, das ihn vor Freude jubeln ließ. Am Straßenrand parkte ein Polizeiauto, in dem ein rundlicher Polizist saß und einer Frau den Weg erklärte.
Paul machte einen Freudensprung und wurde langsamer. Ein Blick über die Schulter verriet ihm, dass die Bodyguards mit den schwarzen Gesichtern ihn noch immer jagten, aber bevor sie ihn einholen würden, hätte er dem Polizisten schon alles erklärt. Das Buch oder Austerly Fellows würde er nicht erwähnen, nur, dass diese Typen versucht hatten, ihn in einen Bus zu zerren. Das würde ausreichen, um sie aufzuhalten und diesem bekloppten Ismus die Polizei auf den Hals zu hetzen. Es hätte gar nicht besser laufen können!
Als er die letzten Schritte auf den Polizisten zujoggte, musste Paul sich schon die Seiten halten, weil sie zu stechen anfingen.
»… dann biegen Sie nach rechts in die Cobbold Road ab und schon können Sie es gar nicht mehr verfehlen, Madam«, sagte der Mann in Uniform gerade.
»Vielen Dank, Officer«, antwortete die Frau dankbar.
Als sie weiterging, hielt der Polizist zum Abschied eine Hand hoch. »Einen gesegneten Tag.«
Als er das hörte, blieb Paul wie angewurzelt stehen. Seins neu aufgekeimte Hoffnung und Zuversicht lösten sich mit einem Mal in Luft auf. Ihm entgleisten die Gesichtszüge. Da drehte sich der Polizist um und blickte ihn mit glasigen Augen an.
»Wie kann ich dir helfen?«, fragte er.
Paul hatte es vor Schreck und Angst die Sprache verschlagen. Unter dem weißen Baumwollstoff der Hemdbrusttasche der Uniform erkannte er undeutlich das rote Muster einer Spielkarte. Kopfschüttelnd wich er einen Schritt zurück.
Fragend starrte der Beamte ihn an. Dann sah er auf und blickte die Straße hinunter – genau auf die beiden Leibwächter, die in ihre Richtung
Weitere Kostenlose Bücher