Dancing Jax - 01 - Auftakt
wie auch bestürzt sind. Jack hatte diesmal Glück gehabt. Dieser Wachposten war so begeistert und außer sich gewesen, weil er einen Eindringling gestellt hatte, dass er sich zu lange daran ergötzt hatte, anstatt sofort zuzuschlagen, daher hatte Jack ihm zuvorkommen können.
Des Kobolds gelbe Tunika mit der Rüschenkrause war durchtränkt von seinem Blut. Doch noch war der Wächter nicht tot. Krächzend und keuchend lag er da, wie eine zappelnde Kröte. Was für einen Lärm er machtet Andere würden ihn hören. Schon bald würden sie geckernd herbeieilen und den jungen Edelmann fangen oder töten.
»Ts, ts … Das kann ich jetzt nicht gebrauchen« , flüsterte Jack. »Mich dürstet nach Juwelen. «
Noch einmal holte er mit dem Dolch aus und brachte den Punchinello für immer zum Schweigen.
Paul Thornbury schwankte würgend durch das Klassenzimmer. Er musste hier raus! Er musste den Worten von Austerly Fellows entkommen. Sie hallten in seinem Kopf, in seinem Geist wider und wollten ihn an diesen anderen Ort verschleppen.
Er kroch auf die Tür zu, doch Mrs Early warf Molly Barnes und ihren Freundinnen einen raschen Blick zu. Die drei Mädchen sprangen auf und rannten an dem taumelnden Jungen vorbei. Sie verstellten ihm die Tür und stießen ihn grob zurück, als er näher kam.
»Lasst mich raus!«, forderte er, die Hände gegen seinen pochenden Kopf gepresst. »Ich hör nicht zu – ich nicht!«
Mrs Early las weiter.
Jack schleifte den leblosen Körper des Kobolds außer Sicht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die anderen den Geruch von frischem Blut wahrnehmen würden. Punchinellos haben ihre grotesken Nasen nicht umsonst. Er musste sich sputen. Rasch rannte er die Treppe hinauf, die in den Turm führte.
Der Hofstaat des Unterkönigs lag in tiefem Schlaf. Die Pagen schlummerten auf Pritschen, die mit Fellen gepolstert waren, und die Ritter ruhten friedlich neben ihrer leeren Rüstung. Die königlichen Gemächer lagen ganz oben im Turm. Jack wetzte die Wendeltreppe hinauf und hielt nur inne, um einen Blick in die Kammer der Herzdame zu riskieren.
Eine blaue Glaslaterne tauchte den Raum in ein wechselvolles, ungewisses Licht – wie unter Wasser. Auf einer Pritsche, nahe dem mit Musselin ausstaffierten Bett, lag in tiefem Schlaf die Gouvernante, das Haar noch immer von ihrem Haarnetz zusammengehalten. Jack spähte zu Jills Bett. Durch das durchschimmernde, zarte Gewebe der Stoffbahnen konnte er das blasse Gesicht des Mädchens sowie die Umrisse ihres Körpers unter der silbernen Seidendecke erkennen.
Er schmunzelte. Das Königliche Haus der Herzen hatte viele Juwelen in seinem Besitz, die er von Herzen gerne stehlen würde. Doch in der heutigen Nacht würde er sich mit einem einzigen zufriedengeben.
Nachdem er die letzte Stufe überschritten hatte, schob er die Tür zum Schlafgemach des Unterkönigs auf.
»Nein!«, brüllte Paul. Er rammte sich die Finger in die Ohren und warf sich mit aller Kraft gegen die Tür des Klassenzimmers, indem er die Mädchen einfach zur Seite schubste.
Mrs Early winkte den fünf Kindern, die von der Psychologin betreut worden waren. Auf der Stelle stürzten sie sich auf Paul und rissen ihm die Hände herunter.
»Komm zu uns, Jack«, beschwor ihn die Lehrerin. »Schließ dich uns an!«
»Jack, Jack, Jack …«, sangen die kleine Molly Barnes und ihre Freundinnen.
Paul wand sich in ihrem Griff, als sie ihm die Arme auf den Rücken drehten und ihn dazu zwangen, die Englischlehrerin anzusehen. Es waren zu viele, er konnte den Kampf nicht gewinnen.
Mrs Early fuhr fort.
Paul Thornbury widerstand der Macht von Austerly Fellows länger als viele andere, die nach ihm kamen.
Der Karobube schlich sich in die Schlafkammer des Herzkönigs. Das große Himmelbett war mit prächtigen tiefroten Vorhängen behangen. Am Fuße lag ein großer Wolfshund, doch der Zauber der magischen Schuhe erlaubte Jack, an ihm vorüberzuhuschen, ohne ihn zu stören. Allerdings war er in jener Nacht nicht der einzige Eindringling.
Im königlichen Bett, eingehüllt von dem kunstvoll drapierten Stoff, ruhten der Unterkönig und seine Königin. Die Königin schnarchte schnaubend wie ein Frettchen, mit schrillen Quietschern. Der Herzkönig jedoch lag so still wie das Bildnis auf einem Grab. Doch sie waren nicht allein …
Ein kleines Wesen kroch am eichenen Kopfteil herunter, an dem die mit Schwanenfedern gefüllten Kissen lehnten. Es war ein junger Kobold, einer von Haxxentrots Dienern.
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