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Dancing Jax - 01 - Auftakt

Dancing Jax - 01 - Auftakt

Titel: Dancing Jax - 01 - Auftakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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darf!«
    Der Junge schüttelte traurig den Kopf. »Dies ist der Traum des Nichts. Diese traurige Bruchbude ist nicht real.«
    »Natürlich ist es real!«
    »Nein, das hier ist das Zwischenreich. Die Ödnis des traurigen Schlafs.«
    »Und wer bitte bin dann ich?«
    »Du bist der Mann Martin. Wir teilen diese Oberflächlichkeit mit der Frau Carol.«
    »Sie ist deine Mutter!«
    »Nur hier. Meine wahre Mutter ist die Karokönigin. Ich will zu meiner echten Mutter und meinem Vater, dem König! Aber ich kann nicht zu ihnen zurück. Ich habe mein Buch verbrannt. Ich habe es verbrannt! Ohne das Buch kann ich nicht zurück!« Er fing an zu schluchzen.
    Martin nahm ihn sanft in die Arme, doch in seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. »Was ist heute passiert?«, wollte er wissen. »Was ist mit dir passiert?«
    »Ich wurde erweckt.« Nun weinte Paul. »Ich habe erkannt, wer ich wirklich bin. Ich will das Buch! Ich muss zurück! Ich will nicht hier gefangen sein! Bitte hilf mir, Martin Baxter!«
    Tränen rannen ihm über das Gesicht. Eine halbe Stunde lang weinte er sich an Martins Schulter aus, bis das unkontrollierte Schluchzen nachließ und Paul völlig erschöpft einschlief.
    Martin legte ihn ins Bett und deckte ihn zu.
    »Juwelen«, nuschelte der Junge in seinem reizlosen Traum. »Langfinger Jack wird euch allen eure Schätze rauben …«
    Martin war ratlos. Dann fiel sein Blick auf die Schuljacke auf dem Boden – am Ärmelaufschlag hing ein Karobube.
    »Teufel!«, flüsterte er.
    Schnell verließ er das Zimmer und ging wieder nach unten. Carol war im Krankenhaus, ihr Handy war mit Sicherheit ausgeschaltet. Also rief er zunächst Gerald an.
    »Hallo, Martin!«, begrüßte ihn der lebhafte alte Gentleman. »Hast du schon irgendwas von ihm gehört?«
    »Paul ist hier«, teilte ihm der Mathelehrer mit. Im Hintergrund hörte Martin eine CD mit klassischer Musik. »Es tut mir leid, Gerald. Ich weiß wirklich nicht, was in ihn gefahren ist. Im Moment liegt er in seinem Bett und ist völlig weggetreten. Irgendetwas geht hier vor, irgendetwas wirklich Komisches passiert mit all den Kindern. Es geht um wie eine Grippe.«
    Der alte Mann hörte aufmerksam zu, während Martin sich mit einer Erklärung abmühte.
    »Und dieses Phänomen breitet sich in der ganzen Schule aus?«, fragte Gerald.
    »Durch alle Jahrgangsstufen.«
    »Hör zu, ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber es hat doch nicht etwa mit verbotenen Substanzen zu tun, oder?«
    »Das habe ich zuerst auch gedacht, aber nein – Paul würde nichts in der Art anrühren. Er ist viel zu vernünftig.«
    »Wird er vielleicht gemobbt? Gruppenzwang ist oft der Grund für ein solches Verhalten.«
    »Er sagt, ein altes Kinderbuch ist schuld.«
    »Was?«
    »Ein Kinderbuch!«
    »Ich fürchte, ich verstehe nicht – ist das moderne Umgangssprache für irgendetwas anderes?«
    »Ich wünschte, es wäre so. Dann könnte ich es vielleicht begreifen und etwas unternehmen. Nein, es ist wirklich nur ein altmodisches Kinderbuch, von dem alle regelrecht besessen scheinen – sogar die Kids, die sonst nie lesen. Es ist, als würden sie glauben, dass die Geschichte real ist – und jeder Moment, den sie ohne Lesen verbringen, ist es nicht.«
    »Wie bitte? Warte kurz, ich stelle Beethoven eben leiser – der dritte Satz wird gleich ziemlich stürmisch. So – erzähl weiter.«
    »Hast du Avatar gesehen – diesen Film über die blauen Leute im Wald?«
    »Schlümpfe?«
    Martin wurde bewusst, dass Geralds Welt sich nicht um Kino oder Sci-Fi drehte. »Nicht ganz«, sagte er. »Egal. Jedenfalls – als der Film damals rauskam, wurden viele der Kinobesucher im Nachhinein depressiv.«
    »Oje, war er denn so schlecht?«
    »Im Gegenteil – er war zu gut! Sie haben diesen fremden Planeten so schön und farbenfroh gestaltet, dass die Leute nach dem Kinobesuch ihr eigenes Leben ganz fad fanden. Ich glaube, mit diesem Buch ist es ähnlich. Die Kinder sind richtig süchtig danach und wollen nicht mehr hier in der realen Welt sein.«
    »Aber es ist doch nur ein Buch, Martin«, erwiderte Gerald gut gelaunt. »Es ist doch herrlich, dass sie etwas anderes lesen als nur ihre E-Mails, findest du nicht?«
    Martin presste sich frustriert die Hand an die Schläfe. Er konnte Gerald unmöglich verständlich machen, wie beunruhigend und verstörend das Verhalten derjenigen war, die unter dem Einfluss von Dancing Jacks standen. Plötzlich musste er daran denken, wie Paul sich gefühlt haben musste, als er

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