Dancing Jax - 01 - Auftakt
weshalb die Kids ihn respektierten – das und seine Angewohnheit, Tafelschwämme mit Holzgriff auf die Köpfe derer zu schleudern, die in seinem Unterricht nicht aufpassten. Ja, ja, damals konnte man so was tatsächlich noch machen, ohne sofort gefeuert zu werden oder auf einer roten Liste zu landen. So war er zu seinem sagenumwobenen Ruf gekommen. Heutzutage glich Barry Milligan allerdings immer mehr einem Rugbyball – was seinen Körperumfang betraf.
Martin hob den Becher mit dem dampfenden schwarzen Kaffee an die Lippen, als er bemerkte, wie Barry ihn neugierig betrachtete. In seiner Vorstellung entsprach dieser Gesichtsausdruck in etwa: Tu dir selbst einen Gefallen, du Abschaum, und spuck endlich aus, was ich wissen will!
Dann sagte Barry: »Wenn die Kids an dieser Schule je herausfinden sollten, welchen Göttern du huldigst, Martin, und worauf du so stehst, dann machen sie dir das Leben zur Hölle und verputzen dich zum Frühstück.«
Martin grinste. Ihm war klar, dass Barry recht hatte. Dann pustete er in seinen Kaffee und blickte aus dem Fenster.
»Scheiße!«, rief er, knallte seine Tasse auf einen Tisch und stürmte zur Tür hinaus.
Barry brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis auch er begriff, was los war, und aus dem Lehrerzimmer eilte.
Draußen verprügelten Emma und ihre beiden Freundinnen Sandra Dixon.
4
Der Jockey: dieser verschlagene Geselle und Unruhestifter in Karamellfarben. Er, der seinen Spott mit allen am Hofe treibt und sie zu seiner schelmischen Freude aufscheucht und im Kreis hüpfen lässt. Nicht einmal der Ismus ist gefeit gegen seine gemeinen, launischen Possen. Obschon sie ihn prügeln, verdreschen und in den Kerker sperren, kehrt dieser sahnebonbonfarbene Spitzbube immer und immer wieder, allzeit bereit für neue Spielchen und durchtriebenen Jux. Schleicht auf den Zehenspitzen vorbei, sonst setzt er euch seine Narrenkappe auf und lässt euch zu seinem Vergnügen auftanzen!
Sandra war noch länger geblieben, um in der Bibliothek ihre Hausaufgaben zu machen. Dort fiel es ihr leichter als zu Hause, wo ihre beiden jüngeren Brüder ständig stritten und ihre Musik bis zum Hörsturzpegel aufdrehten, um sich gegenseitig eins auszuwischen. Außerdem mochte sie es, von den Büchern und dem Licht von Computerbildschirmen umgeben zu sein, auf denen zur Abwechslung einmal keine heißen Autorennen oder plündernde Zombies zu sehen waren, die es abzuknallen galt.
Als Miss Hopwood, die Bibliothekarin, die Bildschirme abschaltete und verkündete, dass es Zeit zum Gehen war, packten Sandra und die anderen sechs Mitglieder des Hausaufgabenklubs ihre Sachen zusammen und verließen den Raum.
Sandra war ein intelligentes, stilles Mädchen, dem es schwerfiel, Freunde zu finden. Seit der ersten Klasse waren sie und Debbie Gaskill beste Freundinnen gewesen. Sie hatten alles gemeinsam unternommen. Beide waren sie groß und gertenschlank – nicht selten hatte man sie für Schwestern gehalten. Sie hatten die gleichen Interessen und nicht ein einziges Mal gestritten. Doch letztes Schuljahr war Debbies Vater befördert worden, weshalb die Familie nach Leicester umziehen musste. Plötzlich war Sandra also ganz allein. Natürlich hatte sie nach wie vor Kontakt zu Debbie, über Facebook und per SMS, ein- oder zweimal die Woche telefonierten sie sogar und sie planten, sich zu besuchen – aber es war einfach nicht mehr dasselbe.
Folglich widmete sich Sandra nun noch mehr ihren Schulaufgaben und ignorierte die Sticheleien der übrigen Schüler. Sie hatte Spaß an Mathe und Englisch und in Französisch war sie einfach gut, und warum auch nicht? Die anderen studierten dafür mit Begeisterung die inTouch und kreischten bei jedem Foto von Stars mit Cellulitis, pickeliger Stirn oder Klamotten, die eine Nummer zu klein waren.
Sandra schlenderte durch das Schultor und bemerkte Emma, Keeley und Ashleigh erst, als die sie ansprachen.
»Hey, Miss vierundneunzig Prozent«, spottete Emma unverhohlen.
»Miss Klugscheißer«, stimmte Keeley mit ein. »Kriechst dem alten Baxter immer in den Arsch, was?«
Ashleigh machte ein schlürfendes Geräusch.
»Kotzt es dich nicht selber an, dich ständig überall einzuschleimen, du Freak?« Emma und ihre beiden Freundinnen bauten sich um Sandra herum auf.
Sandra versuchte, sie einfach zu ignorieren und weiterzulaufen, aber die Mädchen hatten nicht vor, sie ziehen zu lassen. Sie gerieten gerade erst in Fahrt.
»Und hör gefälligst damit auf, Conor Westlake
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