Dancing Jax - 01 - Auftakt
Giraffen.
»Und ich?«, rief sie den anderen nach. »Was soll ich machen?«
Jezza warf ihr einen Blick über die Schulter zu und schenkte ihr ein kaltes Lächeln. »Du hast die wichtigste Aufgabe von allen, Süße. Du bewachst die Bücher, bis wir zurückkommen.«
»Hier, ganz allein?«
»Aber du bist doch nicht allein«, antwortete er ernst. »Dancing Jacks ist bei dir.«
Als der Kleinbus zum dritten Mal an diesem Tag die zugewucherte Auffahrt hinaufratterte, wurde es bereits dunkel.
»Mann, wie in einem Horrorfilm!«, rief Howie, während er das finstere Haus betrachtete, das vor ihnen aufragte. »Wer hat hier gewohnt – die Munsters oder die Adams Family?«
»Ihr habt geläutet?«, murmelte Miller ihm bedrohlich ins Ohr.
»Wenn mir eine Hand über den Weg trippelt«, teilte Howie ihnen mit, »zertrample ich den kleinen Scheißer und breche ihm die Finger!«
Kritisch beäugte er das große Haus. Selbst damals, als es erbaut wurde, muss es ein Vermögen gekostet haben, aber schön war es ganz bestimmt nie gewesen. Was das Design anging, war es schlicht und ergreifend hässlich. Trotzdem kannte er einige Goths, die liebend gerne ihre Ferien hier verbracht hätten, um sich bei Kerzenschein düstere Gedichte vorzulesen.
»Rein mit euch«, sagte Jezza.
Die riesige Eingangshalle war in tiefe Schatten gehüllt. Als er eintrat, lief Miller eine Gänsehaut über den Rücken.
»Lass mich raten«, sagte Howie, »das Design stammt von Tim Burton, richtig?«
»Das Beste hast du noch gar nicht gesehen«, flüsterte Miller. »Du solltest mal nach hinten rausgehen – der leibhaftige Albtraum eines jeden Gärtners.«
Jezza ging zur Treppe. Howie wollte ihm folgen, doch Miller zögerte.
»Ihr zwei bleibt, wo ihr seid«, befahl Jezza. »Wartet, bis ich zurückkomme, und rührt euch nicht vom Fleck! Dieses alte Gebäude kann … in der Dunkelheit gefährlich sein.«
Miller schauderte. Er wusste, dass Jezza nicht von morschen Dielenbrettern sprach. Plötzlich wünschte er, er wäre bei Shiela im Laden geblieben. Außerdem hätte er gerne in dem Buch weitergelesen …
Jezzas spindeldürre Gestalt verschwand die Treppe hinauf, wo sie vom undurchdringlichen Schatten des ersten Treppenabsatzes verschluckt wurde.
Derweilen standen die beiden anderen Männer in der gigantischen Eingangshalle und warteten.
»Wer ist denn da oben bei ihm?«, fragte Howie.
Miller schwieg. Auch er hatte aus einem der oberen Räume gedämpfte Stimmen gehört, doch er zog es vor, nicht darauf einzugehen. Es war nicht zu verstehen, was da oben gesprochen wurde – die Stimme (oder waren es mehrere?) war zu schwach und die unheimliche Dunkelheit schien die Geräusche wie ein Schwamm aufzusaugen.
»Ich dachte, das Haus steht leer«, wisperte Howie.
Miller schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. »Hier lebt jedenfalls keiner«, murmelte er.
»Dann führt er also Selbstgespräche?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Was ist mit unserem unerschrockenen Anführer heute eigentlich los? Er benimmt sich schon die ganze Zeit so komisch, seit ihr mit den Kisten aufgekreuzt seid.«
»Wenn du mich fragst, wird es noch ein ganzes Stück komischer«, sagte Miller voraus. Und nie zuvor in seinem Leben hatte er so richtiggelegen.
Auf einmal war ein ohrenbetäubender Krach zu hören. Über ihren Köpfen war etwas Schweres scheppernd auf den Boden gefallen.
Miller fuhr zu Tode erschrocken zusammen und klammerte sich an Howie.
»Was zum Teufel?!« Der Tätowierer schrie auf, als Putz von der Decke bröckelte und auf sie hinabregnete. »Hat da jemand gleich zwanzig Klaviere auf einmal fallen lassen?«
»Ich mach ’nen Abgang«, verkündete Miller und rannte auf die Eingangstür zu.
Doch dann setzte ein anderes Geräusch ein: ein langsames Scharren. Ein unglaublich großes Gewicht wurde über den Boden geschleift. Miller hielt inne und blickte über sich. Sie konnten hören, wie Jezza grunzte und schimpfte, während er mit aller Kraft irgendetwas zur Treppe hievte.
»Okay«, murmelte Howie. »Damit erkläre ich das ganz offiziell zu einem verfluchten Horrortrip – und ich bin verdammt kurz davor, mir in die Hosen zu machen.«
»Ist mir, glaub ich, schon passiert«, hauchte Miller.
Das Scharren hielt an – kroch über den Flur bis zu den ersten Stufen. Sie hörten, wie Jezza vor Anstrengung ächzte und fluchte. Dann erklang ein verheerendes Getöse, das im ganzen Haus widerhallte und das Treppengeländer erzittern ließ.
Etwas Großes kam die
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