Dancing Jax - 01 - Auftakt
nicht« , flüsterte Jill ihm zu. »Sie sind noch immer weit fort. Ehe sie uns erreichen, werden wir sicher und behütet sein. «
»Euer Ross hat mehr Verstand als Ihr, Mylady« , ertönte plötzlich eine tiefe Stimme. »Ihr solltet auf es hören. Dies ist kein Ort für Euresgleichen, so jung und schön und randvoll mit Blut. «
Jill, die Herzdame, fuhr erschrocken zusammen und blickte sich verwundert und ängstlich um.
Ein großer, wüst aussehender Mann trat hinter einem erstarrten kleinen Wasserfall nicht weit vor ihr hervor.
Das Mädchen zog die Zügel straff und griff nach dem Dolch an seiner Seite. »Erklärt Euch!«, forderte es.
Der Mann war von Kopf bis Fuß in Felle und Leder gehüllt. Über einem Mantel, der aus vielen verschiedenen Häuten gefertigt war, trug er eine große Axt auf dem kräftigen Rücken. Eine Kapuze aus Biberfell verdeckte das bärtige Gesicht des Fremden.
»Ich bin der Jäger« , erklärte er. »Darf ich fragen, wohin Euch Euer Weg in solch einer eisigen Nacht, wenn alle Welt sich am heimischen Feuer wärmen sollte, führt?«
Jill bemühte sich, sich daran zu erinnern, was ihre Gouvernante ihr über den Jäger von Hunter’s Chase erzählt hatte, aber es wollte ihr nicht einfallen. An diesem gefährlichen Ort gab es nur eine Person, die sie je interessiert hatte. All den anderen Geschichten hatte sie nie Beachtung geschenkt.
»Ich wüsste nicht, was Euch das angeht, Meister Jäger« , antwortete sie überheblich.
Glucksend trat der Mann näher. »Kennt Ihr die Schrecken dieses Waldes?« , fragte er. »Wisst Ihr von der Höhle, zu welcher der Pfad dort drüben führt – in welcher der Zimtbär haust? Habt Ihr noch nie von den Gnomen gehört, die zwischen den uralten Wurzeln leben und mit Händen wie Zweigen nach verirrten Reisenden greifen, um sie zu Fall zu bringen und ihr Blut und ihre zermalmten Knochen den Bäumen zum Fraß darzureichen? Oder von den Wildschweinen, die Hauer wie Krummsäbel haben, mit denen sie Eurem Pferd auf der Stelle die Beine abschneiden können? Vielleicht habt Ihr vom Bösen Hirten gehört, der hier gelegentlich umherwandert? Oder vom Mistelkönig, der die Unvorsichtigen und Tölpel mit Flüchen belegt? Dieser Wald erstreckt sich dicht entlang der Grenze, die hier unbewacht ist, und viele finstere Kreaturen stehlen sich herüber. Und was ist mit den Wölfen, Mylady? Sicherlich habt Ihr bereits ihr Heulen vernommen?«
Noch während er sprach, setzte das klagende Heulen wieder ein. Jetzt waren sie noch näher und es schienen mehr als nur zwei zu sein.
»Ich fürchte mich nicht« , sagte Jill trotzig. »Ich kenne mein Ziel. Dort werde ich in Sicherheit sein. «
Der Jäger begriff und lachte. »Dann seid Ihr also auf der Suche nach der Behausung von Malinda! In solch einer frostigen Nacht wie dieser würde kein anderes Schlupfloch Schutz bieten. Was hat diese alte Fee Euch wohl zu bieten, frage ich mich?«
»Auch das ist allein meine Angelegenheit. «
Entschuldigend verbeugte er sich vor ihr. »Meine Manieren sind rau und ungehobelt wie meine Kleidung. Lasst es mich wiedergutmachen, indem ich Euch zu der einen sicheren Zuflucht in diesem wilden Teil des Königreiches führe – Malindas Haus. Nichts von übler Gesinnung vermag die Schwelle ihres Gartens zu überschreiten, obschon viele Kreaturen es während der hungergeplagten Nächte umschleichen und belagern – und es immer wieder auf einen Versuch ankommen lassen. «
Das Mädchen wollte sein Angebot ablehnen, doch das Wolfsgeheul erschreckte es. Der Mann kam näher. Das Pferd schauderte und das Mädchen konnte die Tierfelle riechen, die er trug – ein Geruch vermischt mit seinem eigenen Schmutz und Schweiß.
»Führt mich also zu ihr« , wies sie ihn an.
Lächelnd verbeugte sich der Jäger abermals. Seine Zähne waren so weiß wie der Schnee ringsum und so scharf wie die herabhängenden Eiszapfen.
»Liebestränke sind es, worauf es die meisten Maiden abgesehen haben, die an Malindas Türe klopfen« , bemerkte er. »Oder Zaubersprüche, um ihre Schönheit wiederherzustellen oder zu vergrößern. Für beides habt Ihr kaum Verwendung. Ha – Ihr errötet, Mylady! «
»Derlei Bemerkungen ziemen sich nicht« , schalt sie ihn.
»Sicherlich seid Ihr Lob und Huldigungen doch gewohnt? Stehen Jünglinge und Prinzen nicht Schlange, um Euch den Hof zu machen? Gibt es kein Gebuhle hinter den Mauern von Mooncaster? Ist ihnen dort etwa auch der Inhalt ihrer Bundhosen eingefroren?«
»Genug, Sir!«,
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