Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
angefressene Nase des Punchinellos bedeckte ein blank polierter, gewölbter Ersatz aus Silber. Alles in allem gab er eine absurde Parodie des Auftragskillers ab, den Lee Marvin in Cat Ballon gespielt hatte.
Garrugaska stolzierte wie ein eitler Pfau im Lager umher und freute sich wie ein Schneekönig. Wenn er auf einen der jungen Gefangenen stieß, griff er nach der Waffe in seinem Holster und lachte wie ein blökender Esel darüber, dass er so viel Angst und Schrecken verbreitete, während er auf seiner billigen Zigarre herummampfte. Als er schließlich auf Spencer stieß, war er ganz begeistert, dem Jungen diesmal echten Rauch ins Gesicht pusten zu können.
»Wenn etwas passiert«, quakte er breit und zitierte einmal mehr John Wayne, »irgendetwas – dein Fehler, mein Fehler, selbst wenn kein Fehler passiert, das macht nichts – ich lege dich sofort um, so einfach ist das.«
Spencer traute sich nicht, etwas zu entgegnen. Der Punchinello machte sich über ihn lustig und schlenderte mit klirrenden Sporen davon. Er zog sich den Rand des Stetsons über die gemeinen, rot geränderten Augen und paffte an dem Stumpen.
Spencer ließ sich gegen die Wand fallen. »Was noch?«
Kurz darauf versammelten sich die Kids wie immer vor Janglers Hütte. Sie verbeugten sich und knicksten vor Hauptmann Swazzle, der heraustrottete, das Maschinengewehr in beiden Händen. Jangler, einzig mit seinem Klemmbrett und einem Exemplar von Dancing Jax bewaffnet, folgte ihm auf dem Fuß. Die erste Lesung des Tages begann. Ungeduldig ließen die Kinder ein Nonsenskapitel über irgendeinen Hasen aus blauem Glas über sich ergehen.
Alasdair ertrug es nur mit Mühe. Wann würden sie Jody endlich freilassen? Dem Jungen lag es auf der Zunge zu verlangen, dass man sie freiließ, aber das rachsüchtige alte Schwein lauerte vermutlich nur darauf, dass er genau das tat. Dann würde der Arsch ihre Strafe bestimmt sofort um ein paar Tage verlängern und das würde Jody mit Sicherheit nicht überstehen.
»Und jetzt«, richtete Jangler sich an die Insassen, nachdem er aus der fesselnden Geschichte der Heiligen Schrift wieder aufgetaucht war, »habe ich ein paar äußerst aufregende Neuigkeiten zu verkünden. Vor nur einer halben Stunde hat mich der Heilige Magus angerufen, um mir erfreut mitzuteilen, dass nun auch Deutschland zum Einzugsgebiet von Dancing Jax gehört. Den Widerstand gegen das Heilige Werk hat man wesentlich schneller niedergeschlagen als gedacht – die Deutschen lieben es zu lesen. Und es scheint mehr als wahrscheinlich, dass auch Frankreich, Holland und Italien bald folgen.«
Die Kinder und Jugendlichen hörten mit steinernen Mienen zu. Die Älteren fragten sich, wie brutal das Brechen dieses Widerstands wohl abgelaufen war und welchen Preis die deutschen Abtrünnlinge hatten zahlen müssen. Wie viele waren gestorben beim Versuch, der tückischen Macht des Buches zu entkommen? Die Jüngeren konnten allerdings an nichts anderes als an ihre Frühstückssuppe denken.
»Und das ist noch nicht alles!«, begeisterte sich Jangler. »Mylord Ismus hat mir seinen neuen, absolut fantastischen und ehrgeizigen Plan verkündet!« Er hielt inne, um ihnen Zeit für staunende Ohs und Ahs zu geben, aber beides blieb aus.
»Jede Nachrichtenredaktion«, fuhr er verärgert fort, »jedes Programm im Land ist gespannt und hellauf begeistert von diesen monumentalen Neuigkeiten! Der Heilige Magus, Lord Ismus, hat bekannt gegeben, dass er das Weiße Schloss hier – in diesem grauen Traum – bauen lassen will. Peinlich genau soll es Stein für Stein, bis ins letzte Detail, nachgebildet werden, von den Kellergewölben bis zu den Zinnen. Und das Dorf Mooncot soll ebenfalls errichtet werden. Ein wahrhaft phänomenales Unterfangen! Die überaus große Ehre, den nötigen Platz zur Verfügung zu stellen, wird der Grafschaft Kent zuteil, wo man dafür fünfzig Quadratmeilen beschlagnahmt hat. Die Topografie der Landschaft dort wird man völlig verändern, sodass sie exakt dem Königreich des Prinzen der Dämmerung gleicht. Etwaige Hügel wird man abtragen, um Platz für Felder und Wälder zu schaffen. Städte und Straßen wird man unter den dreizehn Bergen begraben. Noch nie in der gesamten Geschichte dieses elenden Landes hat man ein Projekt von solch immensen Ausmaßen gewagt. Die Untertanen des Magus werden fortan nie wieder von der majestätischen Pracht ihrer Heimat getrennt sein müssen, nicht einmal während ihres grauen Schlafs. Gesegnet sei der
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