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Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Titel: Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Jarvis
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um Schutz und Erlösung beteten.
    Dann, endlich, war die Brücke in den achteckigen Raum vollständig errichtet. Der eine, dem Dancing Jacks gewidmet war, sprach.
    Beim ersten Klang seiner Stimme pressten sich die Mitglieder des Inneren Zirkels die Hände auf die Ohren und flohen durch die herumirrenden Strahlen, die ihre Körper durchfuhren. Zurück blieb nur Austerly Fellows. Als der Prinz der Dämmerung ihn anredete, war von seinen Augen allein noch das Weiß zu sehen, während sich seine Fingernägel in den spröden Kunststoff seiner Konsole gruben und seine Ohren bluteten.
    Schon bald war die kühle Aprilnacht von entsetzten Schreien erfüllt, als die Gäste wie eine Sturmflut aus Fellows End brandeten. Einige hechteten in ihre Automobile, doch die meisten stürmten in blinder Panik zu Fuß in die umliegenden Wälder. Sie waren einzig von dem Instinkt beherrscht, der bösen Macht zu entkommen. Die Spitze der britischen Gesellschaft flitzte durch die Bäume wie gejagte Tiere. Seiden- und Satinkleider zerrissen an Zweigen und Dornen und Diamanten purzelten ins Unterholz, während die Besitzer durch die Finsternis stolperten.
    Augusta, die noch immer ihre Kopfhörer trug, stürzte den Weg entlang. Ihr Mund war zu einem schrillen Schrei verzerrt, während die donnernde Stimme des Prinzen der Dämmerung endlos in ihrem Kopf widerhallte. Nie wieder sollte sie diese loswerden. Dann hörte sie über all dem Geschrei und Aufruhr das Brüllen ihres Halbbruders. Stolpernd kam sie zum Stehen, drehte sich um und schaute zum Haus ihrer Familie.
    Das hässliche Gebäude fing an zu flackern, während es sämtliche Wellenlängen und Frequenzen des Lichtspektrums durchwanderte. Immer wieder verschwanden Teile der Backsteinmauern für Sekundenbruchteile, nur um kurz darauf wieder aufzutauchen. Oben, in der achteckigen Kammer, vor dem pulsierenden grellen Licht, warf eine menschliche Gestalt die Arme in die Höhe und brüllte vor bitterer Wut.
    Dann gab es eine letzte, blendende Lichtexplosion. Augusta und die übrigen fliehenden Gäste wurden von den Füßen gerissen, während der Erdboden unter ihnen zitterte und aufbrach. Wurzeln splitterten, als Eichen und Ulmen wie Dominosteine umgeworfen wurden. Überall war Schmerz und Chaos, dann – Dunkelheit.
    Hankinson, der der Länge nach in den Kies gefallen war, rang nach Luft. Eines seiner Brillengläser hatte einen Sprung und ihm schwirrte der Kopf. Das grausige Bild seiner Frau, die von dem Kronleuchter zerquetscht worden war, geisterte durch seine Erinnerung, doch er schob es beiseite. Im Augenblick gab es Wichtigeres zu tun.
    Er stand auf und blickte sich um. Die Nacht war ruhiger. Die Schreie und der Lärm waren leisem Schluchzen gewichen. Als er zu dem Haus spähte, lag es tot und dunkel da – und so sollte es achtzig Jahre lang bleiben.
    Dann vernahm er ganz in der Nähe verwirrtes, stockendes Summen und Singen.
    »Miss Augusta!«, rief er und eilte ihr zu Hilfe. »Sind Sie verletzt?«
    Die Frau schien ihn weder zu sehen noch zu hören.
    »Miss Augusta!«, sprach er sie noch einmal an. »Erlauben Sie, dass ich Ihnen helfe.« Er reichte ihr eine Hand und zog sie hoch. Ihr Kopf hing schlaff auf ihre Brust herunter.
    »Danke, Mr Bowlly«, nuschelte sie. »Wie galant Sie sind … Ganz wie ich erwartet hatte …«
    »Miss Fellows!«, sagte Hankinson und schüttelte sie behutsam. »Ihr Bruder … Wo ist der Großmeister? Wo ist der Grand Duke?«
    Augustas verschleierter Blick huschte umher, dann brach sie in verrücktes, heiseres Gelächter aus. »Austerly ist im Haus!«, erklärte sie und starrte es ein letztes Mal an. »Er ist das Haus! Es hat ihn aufgesaugt wie Löschpapier. Mein Bruder ist ein großer Tintenfleck an der Wand, ha, ha, ha, ha, ha!«
    Hankinson wich entsetzt vor ihr zurück. Sie hatte den Verstand verloren. Er schaute sich um – die anderen Gäste hatten sich inzwischen aufgerappelt und schlurften den Weg hinab. Ihre Gesichter würden für immer die aussätzigen Zeichen des Schreckens dieser Nacht tragen. Eine der Gestalten kam ihm bekannt vor.
    »Miss Purbright?«, rief er. »Sind Sie das, Madam?«
    Die einst so schöne Frau drehte sich langsam zu ihm um und starrte ihn an. Ihr rotbraunes Haar war schlohweiß, ihr Gesicht überzogen von Flecken geschmolzener Haut und ihre Augenlider hatten sich vollständig aufgelöst.
    »Was ist passiert?«, platzte er schockiert heraus. »Was hat Er gesagt?«
    Irene schüttelte den Kopf und schob sich stolpernd an ihm vorbei.

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