Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
geklappt, mehr gibt’s da nicht zu sagen«, antwortete sie ausweichend. »Hat bei keinem von uns hier gewirkt. Wir sind Blindgänger, Abtrünnlinge.«
»Das stimmt nicht!«, widersprach Kate mit Nachdruck. »Ihr seid die unschuldigen Opfer einer Massenhysterie, einer landesweiten Krankheit, die wir noch nicht begreifen. Aber man kann es aufhalten. Ich werde mich mit meinem Bericht dafür einsetzen, dass ihr alle aus dem Land gebracht werdet, irgendwohin, wo ihr sicher seid und euch keiner ein Haar krümmt. Die UN wird eingreifen und alles wieder in Ordnung bringen.«
Die älteren Kinder wandten sich ab. Während der letzten Monate waren sie schon zu oft enttäuscht und auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden. Ein weiteres Mal wagten sie nicht zu hoffen. Doch bei den Jüngeren machte Kate Eindruck. Einer reckte sogar euphorisch die Faust in die Luft, ein anderer jubelte.
»Friede, Freude, Eierkuchen«, murmelte Jody mit müdem Sarkasmus.
Kate verstand sie nur zu gut. Mitleid und leere Versprechungen konnten diese Kinder nicht gebrauchen. Doch eins nach dem anderen …
»Passt auf, so machen wir es«, erklärte sie. »Sam wird den Mittelgang hier runterlaufen, und ich will, dass jeder von euch in die Kamera schaut und seinen Namen sagt, außerdem, wie alt ihr seid und wo ihr herkommt. Sprecht laut und deutlich, ihr werdet auf der ganzen Welt berühmt werden.«
Wieder das Schnauben aus der hinteren Reihe.
Wer auch immer dort hockte, Kate mochte ihn schon jetzt. Wenigstens eins dieser Kids hatte noch ein bisschen Kampfgeist übrig. Gleich würde sie sich um den Nike-Jungen kümmern, doch zuerst gab sie Sam das Zeichen, loszulegen. Es war von höchster Wichtigkeit, von diesen Kindern eine Aufzeichnung zu machen. Gott allein wusste, was der Ismus tatsächlich mit ihnen im Schilde führte, aber es würde definitiv kein spaßiges Wochenende werden. Darauf hätte sie ihr Leben verwettet.
Während Sam durch den Bus ging, hörten sie ein weiteres Fahrzeug antuckern. Kate warf einen Blick aus dem Fenster und entdeckte einen zweiten Bus, der sich den Waldweg hinaufquälte.
»Noch mehr Abtrünnlinge«, stellte Jody fest.
Der Bus fuhr auf das Campgelände und parkte ganz in ihrer Nähe. Auch diesmal waren es die eifrigen Eltern, die zuerst nach draußen strömten. Zurück blieben noch mehr Kinder und Jugendliche, die mit finsteren Mienen auf ihren Plätzen saßen.
Sam konzentrierte sich auf seine Arbeit. Die älteren Kids nannten mürrisch ihre Namen, während die etwa Zehn- und Elfjährigen mehr als schüchtern antworteten. Die meisten der Jüngeren standen sogar auf und nickten bekräftigend. Andere mussten ihren Namen noch einmal ein wenig lauter wiederholen.
»Daniel Foster, neuneinviertel, aus Weymouth.«
»Beth McCormack aus Marlborough, zwölf.«
»Patrick … Patrick Hunter, acht … ähm … aus Horsham, Elm Tree Grove, Hausnummer 23.«
»Christina Carter, ich bin siebeneinhalb Jahre alt und … Jetzt hab ich’s vergessen.«
»Nicht schlimm, Liebes«, redete Kate ihr gut zu.
»Jody, vierzehn, aus Bristol. Und Sie vergeuden hier Ihre Zeit.«
»Mason Stuart aus Ashford, ich bin elf.«
»Brenda Jenkins, zehn, aus Epsom.«
»Rupesh Karim aus Upton Park. Ich bin neun.«
Der Nächste in der Reihe war ein dünner, zerbrechlich aussehender Junge, der ganz blass im Gesicht war. Seine Stirn verunzierte eine große Prellung. Sam stellte sicher, dass er das auch ganz genau einfing. Der Junge starrte stumm in die Kamera, wie ein verängstigter Welpe.
»Und wie heißt du, kleiner Kumpel?«, versuchte Sam ihn aufzumuntern.
Der Junge murmelte etwas Unhörbares, dann setzte er etwas lauter hinzu: »Ich bin sieben.«
»Erzähl doch den Leuten in den USA, wer du bist«, probierte es Sam noch einmal.
Der Junge atmete tief ein und der blaue Fleck auf seiner Stirn runzelte sich, während er konzentriert nachdachte.
»Ich glaube, ich hab mal Thomas Williams geheißen«, fing er aufgelöst und stockend an. »Aber jetzt … jetzt …«
»Jetzt? Wie nennen dich denn deine Mum und dein Dad?«
»Prügelsack.«
Sam schluckte. Er legte die Kamera weg und nahm den Jungen in die Arme.
Ein paar der anderen Kinder reckten die Hälse, um zu sehen, was los war. Kate bemerkte ihre neidischen Blicke und begriff, dass sie alle förmlich nach Zuneigung hungerten und schon ganz vergessen hatten, wie sich eine Umarmung anfühlte.
Sie biss die Zähne aufeinander, sparte sich ihren Zorn aber für später auf. Sie hatte genug
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