Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
Stattdessen eilte sie zur Tür, blieb dann wie angewurzelt stehen und sog scharf die Luft ein.
Vor ihr stand der Ismus.
Seine schlanke, in Samt gekleidete Gestalt schritt die zwei Stufen in den Bus hinauf und schenkte allen ein schiefes Grinsen. Die kleineren Kinder versteckten sich auf ihren Plätzen.
»Willkommen, meine hübschen kleinen Täubchen«, begrüßte er sie. »Zeit für euch, der Sonne entgegenzufliegen und die Wunder und Herrlichkeiten zu bestaunen, die wir für euch vorbereitet haben. Das wird so ein Spaß werden!«
Er näherte sich Kate wie eine Katze auf Beutezug, bis sein Gesicht dem ihren unangenehm nah war. »Wir wollen ja nicht, dass die lieben Kleinen auch nur einen Augenblick von dem verpassen, was sie erwartet, nicht wahr?«, sagte er und hauchte ihr seinen toten, abgestandenen Atem entgegen.
4
Das Mädchen in dem pink-weißen Lederoutfit bekam von Jodys spöttischen Bemerkungen und Grimassen nichts mit. Sie war viel zu beschäftigt damit, sich die blonden Extensions aus dem Gesicht zu schütteln und mit kritischem Blick ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe des Busses zu betrachten. Ihre Mutter war genauso begierig wie alle anderen Eltern, den Ismus und die Dancing Jacks kennenzulernen, trotzdem widerstand sie dem mächtigen Drang, um bei ihrer Tochter zu bleiben.
»Sieh zu, dass du so oft wie möglich direkt in die Kameras schaust«, gab sie letzte Anweisungen. »Sobald der Trubel sich etwas gelegt hat, gehen wir zum Angriff über. Du nimmst Seine Majestät in Beschlag und wirst wie eine Klette an ihm kleben bleiben!«
Das Mädchen nickte. »Ich weiß, ich weiß. Als wär er Clooney oder Rooney – OOOoh, das hat sich gereimt! Cool, was?«
»Und denk daran, du bist nicht nur hier, um zu lernen, sondern auch, um in die Zeitungen und die ganzen Hochglanzmagazine zu kommen! Ich weiß nicht, warum das Buch bei dir bisher noch nicht angeschlagen hat, aber es gibt bestimmt einen guten Grund. Es dauert bei dir eben ein bisschen länger als bei uns anderen.«
»Hey, das heißt aber nicht, dass ich zu blöd dazu bin, Ma!«
»Habe ich ja auch nicht gesagt. Aber das ist jetzt deine große Chance, versau es nicht. Wie hat deine Mutter immer gesagt? ›Schaden macht klug.‹«
»Hast du noch nie gesagt! Du hast mir immer eingetrichtert, dass ich so tun soll, als wär ich ein dummes kleines Blondchen, weil Schlauberger keiner mag.«
»Auch egal, dann sag ich’s eben jetzt. Wer weiß, ob du nach diesem Wochenende noch eine Chance bekommst. Also pack die Gelegenheit bei den Lockenwicklern und mach das Beste draus! Vielleicht wachst du schon morgen aus dieser miesen Traumwelt auf und findest heraus, dass du zum Königshaus gehörst – am Ende bist du eine Dame oder sogar noch besser! Und kein Kreuz-Drei-Waschweib wie ich. Bei so einem hübschen Gesicht kann gar nichts Schlechtes bei rumkommen!«
»Bestimmt bin ich ’ne Prinzessin, nicht? Das haben du und Onkel Frank ja schon immer gemeint.«
Ihre Mutter musterte sie von oben bis unten, dann kniff sie ihr in die Brust. »Hast du die Silikoneinlagen denn schon drin? Wir hätten die größeren kaufen sollen … Schultern zurück, damit man sie besser sieht!«
»Gibt’s die Dinger auch in Mooncaster?«, fragte ihre Tochter. »Ich hab keinen Bock, da aufzuwachen und flach wie ’ne Flunder zu sein. Ich will ’nen ordentlichen Vorbau!«
»Mach dir darüber mal keinen Kopf. Wir haben Korsetts und Mieder, die aus jedem Paar Möpse einen Hingucker machen! Wenn ich dort bin, vermisse ich nur ordentliches Make-up und den ganzen anderen Plunder, den es hier in meinen Träumen gibt. Mit rohem Schinken auf den Augen zu schlafen, um die Krähenfüße loszuwerden, oder Gänsefett auf meine armen rissigen Finger zu schmieren, ist irgendwie nicht das Wahre. Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich ja eine der Tinkturen der Herzkönigin kaufen, aber Waschfrauen verdienen nicht besonders viel. Aber ich beschwere mich nicht, so ist das Leben dort nun einmal und es ist noch immer einen ordentlichen Scheffel besser als hier, das kann ich dir geloben.«
»Seit du da hingehst, redest du manchmal echt komisch. Total verrückt. Als wärst du ’ne Figur in irgend so ’nem alten Streifen über Geschichte, wie Shakespeare’s Got Love. Es ist voll unfair, dass das Buch bei mir nicht wirkt. Sollte es nämlich! Du weißt ja, wie viel Mühe ich mir gegeben hab. Aber lesen liegt mir halt nich so, wenn’s nicht grade die neue Cosmopolitan, Garfield oder eine SMS
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