Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
des Vogels war dicht an seinen Körper gebunden. Seine leuchtenden, flammenfarbenen Augen waren nun offen und voller Zorn. Das Schlafmittel, mit dem Jill ihn hatte gefangen nehmen können, hatte seine Wirkung verloren und der Schwan zerrte und stemmte sich gegen seine Fesseln.
Die Runzelgnome strömten emsig auf den Schlitten zu.
»Halt!« Die Pikdame stellte sich ihnen in den Weg. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht genügte, um die Gier der widerlichen Wichte zu zügeln und sie wieder fortzujagen. »Wo ist, was ihr mir schuldet?«
Der Hauptmann legte den Kopf schief und stieß durch die Nase einen schrillen Ton aus.
Kurz darauf hörte Jill Grunzen und Ächzen, als abermals fünfzig der kleinen Waldschaben auf die Lichtung kamen. Über ihren Köpfen trugen die Neuankömmlinge, was die Pikdame sich so heiß ersehnte. Damit konnte sie das Geschäft mit Haxxentrot abschließen, welches ihr die alte Hexe am Abend des Herbstfestes aufgezwungen hatte.
Die Runzelgnome stemmten den Schädel eines Tieres, der größer war als sie selbst, zudem hing er an einem langen Stecken, der für die Winzlinge die Ausmaße eines Baumstamms hatte.
Jill aus dem Hause der Pik mummelte sich fester in ihre Felle. Dies war ein glorreicher Augenblick, denn es war keinesfalls ein gewöhnlicher Schädel. Zwischen den Augenhöhlen ragte ein gewundenes Horn auf und am Kinn hingen die Überreste eines flauschigen Barts. Es war der Schädel eines Einhorns.
»Wir haben ihn wirklich gründlich sauber geputzt«, prahlte der Anführer. »Haben geknabbert und geschleckt, bis jedes letzte Fitzelchen weg war, abgesehen vom Bart – damit sah es hübscher aus. Außerdem waren wir pappsatt von den Wölfen.«
»Prächtig«, lobte sie. »Gebt ihn mir, ich muss ihn haben!«
Der Anführer winkte die Träger näher. »Darf ein niederer Schlammwurm wie ich fragen, was Ihr mit solch einem Totem wollt?«
Sie hob die Augenbrauen. »Was wollt ihr mit einem Schwan?«
»Ach, das ist leicht beantwortet. Wir werden ihn bei lebendigem Leib fressen, Euer Majestät. Unsere Herzen sind voller Feigheit, wisst Ihr? Wenn wir aber das wildeste Vieh im ganzen Land verspeisen, werden wir sicher mutiger werden. Wir hatten schon gehofft, dass das Einhorn da helfen könnte, aber als wir es gefunden haben, war es längst zu spät. Eine Jungfrau hatte es ganz zahm gemacht – außerdem war es natürlich schon tot. Mit dem Königsschwan ist das eine andere Sache! Ho, ho, niemanden werden wir mehr fürchten, nachdem wir dieses furchtlose Tier gefressen haben. Dann verbreiten wir jede Menge Angst und Schrecken!«
Jill bückte sich und nahm den Stecken an sich, von dem sie die letzten paar Runzelgnome abschütteln musste, deren Hände vor Kälte festgefroren waren. Sie hob den Einhornschädel vor ihr Gesicht und streichelte über das Horn.
»Dies«, enthüllte sie dem Anführer, amüsiert, ihr schwarzes Geheimnis mit einem wie ihm teilen zu können, »ist ein Schlüssel. Damit werde ich durch den verzauberten Zaun um Malindas Haus dringen können. Niemand, der auf Böses sinnt, kann diese Schwelle übertreten, doch in diesem Horn steckt so viel Tugend, dass es mich sicher geleiten wird. Die Herrin des Verbotenen Turms hat mir aufgetragen, ihr den Zauberstab der guten Fee zu bringen – und heute Nacht soll sie ihn bekommen.«
Der Anführer der Runzelgnome kratzte sich an der Nase. »Von Malinda halten wir uns fern. Schauen ihr Häuschen nicht mal an. Große Magie hat sie.«
Das Mädchen lachte. »Nicht mehr lange. Und bis dahin werden du und deine elende Bande über den Mut von tausend Rittern verfügen. Kommt, tut euch an dem Schwan gütlich – ich habe ihn nie gemocht.«
Sie trat zur Seite und im Nu hatten die Runzelgnome den Schlitten umzingelt, schwärmten die Kufen hinauf und kletterten über die Seile. Der Schwan zischte sie an, konnte sich aber nicht rühren. Tausende von winzigen, blutlüsternen Händen zerrten an den silbernen Federn und halb so viele Münder wurden aufgerissen, um zuzubeißen.
Jill löste den kleinen Schlitten von dem ihren. Diese Kreaturen waren abscheulich. Wenn sie den Zauberstab erst abgeliefert hatte, würde sie zurückkommen und die Hunde auf sie hetzen. Es kribbelte und juckte sie überall am Körper bei ihrem Anblick.
In diesem Augenblick dröhnten drei Stimmen aus dem Wald, wo der Weg nach links abzweigte. Als Jill herumwirbelte, erblickte sie ein dickes Mädchen und zwei Jungen, die unter kampflustigem Gebrüll auf die Lichtung stürzten
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