Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
so einen armen Kerl reinzulegen, damit er dir hinterherrennt! Keiner hat darüber nachgedacht. Und keiner hat irgendwas unternommen!«
Er wandte sich um und wollte davonstürmen, kam dann aber noch mal zurück. »Meine Mutter«, fuhr er erbittert fort, »ist eine starke Frau, stark und stolz. Jeder in meinem Block hat ’ne Menge Respekt vor ihr und ist immer für sie da. Sie hat ganz alleine drei Kids großgezogen und alles Mögliche getan, um uns durchzufüttern, anzuziehen und aus allem Ärger rauszuhalten, so gut sie nur konnte. Wisst ihr, was sie jetzt macht? Wenn meine Mutter in den Spiegel schaut, begreift sie nicht, warum sie in ihren Träumen eine falsche Hautfarbe hat. Sie sieht ihr Spiegelbild an und … lacht. Sie lacht über ihr schwarzes Gesicht. So wie alle meine Freunde. Das hat Dancing Jax mit ihnen angestellt und deshalb werde ich kein Scheißkostüm anziehen!«
10
Es war schon nach sieben, als sie in das Ferienlager zurückkehrten. Die kleineren Kinder waren immer wieder in ihren Sätteln eingenickt. Den ganzen Nachmittag lang hatten sie altmodische Spiele gespielt: Fangen, Hufeisenwerfen, Klettern und Seilschaukeln – selbst die wilde Mooncot-Sportart Wumpenruff, die für reichlich blaue Flecke gesorgt hatte. Marcus hatte unbedingt auch mitmachen müssen, obwohl die kleineren Jungen natürlich keine Herausforderung für ihn darstellten. Jedes Match gewann er, bis Jangler ihn entdeckte und vom Platz verbannte.
Auf dem Rückweg zog sich Christina noch weiter in sich zurück. Viel lieber wäre sie zu Hause bei ihren gleichgültigen Eltern gewesen, als zurück in die Hütte zu müssen, wo sich nachts Monster herumtrieben. Die Jungs aus Spencers Hütte freuten sich dagegen schon, zurückzukommen, während sie sich die lange Waldstraße in Richtung Camp entlangschleppten, weil dort eine ausführliche Xbox-Sitzung auf sie wartete. Nur die Gedanken von Spencer und Jim kreisten um etwas völlig anderes. Der eine hatte einen großartigen Tag hinter sich und war inzwischen total vernarrt ins Reiten. Der andere fragte sich, wann wohl sein großer Augenblick kommen würde. Sicher konnte es nicht mehr lange dauern, oder?
Lee hatte seit seinem Wutausbruch kein Wort mehr gesagt und diejenigen, die es miterlebt hatten, trauten sich nicht in seine Nähe. Was sollten sie auch sagen? Zum Glück trottete Marcus’ Pferd weit hinten am anderen Ende, sodass er keine dummen Kommentare ablassen konnte, und Alasdair überlegte, ob er vielleicht heimlich ein Wörtchen mit ihm reden sollte, damit das auch so blieb. Ob Marcus mitfühlend genug war, um sich überhaupt um so etwas zu scheren? Alasdair hatte seine Zweifel. Nachdenklich nahm er einen Schluck Wein aus der Lederflasche, die er während des Picknicks eingesteckt hatte.
»Was ist denn hier los?«, fragte Jody erstaunt. Sie starrte auf das Camp.
Links und rechts der Holztore ragten zwei fünf Meter hohe Pfähle in den Himmel, so dick wie Telegrafenmaste. Um sie herum hatte man Girlanden aus Frühlingsblumen und kleinen Laternen gewickelt.
Als die Kinder auf das Gelände ritten, entdeckten sie weitere Pfähle, die man im Abstand von zehn Metern in den Boden zementiert hatte und die einen weiten Kreis um die Hütten und das Hauptgebäude bildeten. Zwischen ihnen spannten sich ebenfalls Blumengirlanden und schimmernde Laternen.
»Oooooh … wie hübsch!«, gurrte Charm. »Wie im Märchen.«
Jetzt begriff Lee, warum man sie den ganzen Tag über anderweitig beschäftigt hatte. Scharf sog er die Luft ein und hasste sich dafür, dass er recht behalten hatte.
»Für das große Abschiedsfest morgen!«, verkündete Jangler und machte vage Armbewegungen in Richtung der geschmückten Pfosten. »Wir haben einen wahrhaft spektakulären Abschluss für euer Wochenende arrangiert. Ihr werdet euren Augen nicht trauen!«
»Ich will den ganzen beschissenen Tag einfach nur vorspulen und abhauen«, grummelte Jody, obwohl sie wenig Verlangen danach hatte, nach Bristol zurückzukehren. Alles, was sie im Augenblick wirklich wollte, war eine heiße Dusche.
Sobald die Kinder abgestiegen waren, führte man die Ponys und Pferde davon. Aus dem Hauptgebäude kamen mehrere Dienstboten, beladen mit Tabletts voller Fruchtpunsch, den sie Maibowle der Herzkönigin nannten. Dankbar nahmen die Kinder das Getränk entgegen und stürzten es in null Komma nichts hinunter. Als keiner hinsah, kippte Alasdair seinen Becher aus und füllte ihn mit Wein. Nachdem Lee misstrauisch an seinem Punsch
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