Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
den Kopf. »Da musst du dir schon ’nen besseren Plan einfallen lassen! Selbst wenn du’s über den Zaun schaffst, würdest du da draußen keine drei Stunden überleben.«
Marcus entgegnete nichts. Er lief den Gang zwischen den Betten entlang und untersuchte dann die Fläche unter der Treppe. Er ging in die Hocke, nestelte an der Ecke des beigen Teppichs und zog ihn zur Seite. Darunter kam eine Schicht Sperrholz zum Vorschein. Die Hütten waren im Wesentlichen nur Holzboxen, die auf einigen Zementblöcken standen. Unter dem Fußboden befand sich lediglich ein leerer Raum und dann Erde. Langsam formte sich in Marcus’ Kopf eine Idee.
Alasdair hatte sich mit seiner Gitarre zu Jody gesetzt und spielte und sang leise Fields of Gold. Er war richtig gut.
Jody hatte den Kopf aufs Kissen gelegt, die Augen halb geschlossen und stellte sich vor, frei zu sein und durch Gerstenfelder zu streifen. Christina hatte sich auf ihrem Bett zusammengerollt und lauschte hingerissen. Nach und nach unterbrachen die anderen Mädchen ihre Unterhaltungen und hörten ebenfalls zu. Der Schotte mit den sandblonden Haaren verzauberte sie alle. In dem Lied und in seiner Stimme schwangen eine Traurigkeit und eine Sehnsucht, die sie tief im Innern anrührte und daran erinnerte, wie das Leben einmal gewesen war, bevor ein einziges Buch alles verändert hatte.
Maggie, die die Punchinellos von der Tür aus beobachtete, würgte, als diese die Zähne in die gegrillten Gaagler schlugen. »Kotzorama!«, stieß sie angewidert aus. Und damit war der Zauber des Lieds gebrochen. »Ich kann nicht glauben, dass sie diese Viecher essen! Die stopfen sich sogar richtig voll damit.«
»Ach nein?«, meinte Alasdair. »Hättest du vor zwei Tagen geglaubt, dass du bald Küchenmüll isst?«
»Das ist was anderes«, meinte Maggie.
»Stimmt nicht«, mischte Jody sich ein, gereizt, weil Maggie die Musik unterbrochen hatte. »Das ist nur eine Art Verschiebung von dem, was wir normal finden. Inzwischen wundern wir uns ja nicht mal mehr darüber, was genau diese Wärter eigentlich sind – oder woher sie kommen. Wir haben sie längst akzeptiert, als Bestandteil unseres Lebens. Wer weiß, nächste Woche oder die Woche drauf freust du dich vielleicht, wenn du ein gegrilltes Spinnenmonster serviert bekommst.«
Maggie schauderte. »Das glaub ich eher nicht.«
»Es wird sich eine Menge verändern«, meinte Jody ernst. »Das geht mir schon die ganze Zeit durch den Kopf – viel mehr als Nachdenken bleibt mir zurzeit ja nicht übrig. Wir bekommen noch ganz andere Probleme. Denkt mal an die ganz alltäglichen Sachen: Was, wenn uns die Seife ausgeht oder die Zahnpasta oder das Klopapier? Was dann?«
»Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, gab Maggie zu. »Meinst du, der Alte gibt uns keinen Nachschub?«
Jody lachte. »Machst du Witze? Schau dir meinen Rücken an, dann weißt du, was er von uns hält. Und wie steht’s mit Unterernährung? Wir können nicht nur von Suppe leben und darauf hoffen, dass wieder wie von Zauberhand Äpfel auftauchen. Irgendwann werden wir schwach und krank. Du siehst jetzt schon dünner im Gesicht aus.«
»Ich fühl mich die ganze Zeit, als wäre ich am Verhungern. Das macht mich total irre. Mein Körper ist das einfach nicht gewöhnt.«
»Daran gewöhnt er sich schon noch. Und wie steht’s damit: Was für Keime oder Krankheitserreger haben diese Monsterwächter wohl mitgebracht? Könnte genau so fremd und außerirdisch sein wie sie selbst. Und was die Spinnenviecher angeht, erzähl mir nicht, dass die nicht voller Flöhe oder Läuse oder Gott weiß was waren. Meinst du, gegen so was sind wir immun?«
»Außerirdisch?«, murmelte Maggie. »Es wird Zeit, dass du wieder auf die Beine kommst. Den ganzen Tag lang so rumzuliegen bekommt dir nicht.«
Alasdair schlug einen lauten Akkord an, um sie aus ihrer Griesgrämigkeit zu reißen. »Lange müssen wir nicht mehr durchhalten«, versprach er. »Ich wette, nächste Woche sind wir aus diesem Höllenloch längst raus.«
»Träum weiter!«, spottete Jody und verdrehte die Augen.
Alasdair zog das Handy aus der Tasche und reichte es Maggie. »Voll aufgeladen und die E-Mails sind heute Morgen alle rausgegangen«, berichtete er stolz. »Jetzt brauchen wir nur noch abwarten. Ich hatte gehofft, dass inzwischen schon was im Internet steht, aber leider nein. Wahrscheinlich halten sie es unter Verschluss, bis sie die Truppen herschicken.«
»Du bist ’ne Wucht!«, verkündete Maggie. »Wie hast du
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