Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
Straßenräuber oder Bösewicht leichtes Spiel, unser Abendessen zu stibitzen.«
»Nicht heute Nacht, sicher nicht«, antwortete ihr Vater, legte sich auf die Bank und schloss die Augen. »An jedem Grenzstein brennt eine Lampe. Nichts Böses wird es wagen, unsere Schwellen zu übertreten. Solange ihr weg seid, gönn ich mir ein feines Nickerchen am Herd.«
Nachdem sie sich einen Schal umgeschlungen hatte, lief die Frau in die Nacht hinaus.
Die Luft war kühl. Schon streckte der Winter seine ersten Fühler über die Berge im Norden. Der Nachthimmel war ohne Mond und die Herbststerne wirkten ungewöhnlich kalt und weit entfernt.
Mooncot war ein kleines Dorf. Die einfachen, mit Stroh gedeckten Häuschen drängten sich links und rechts der einzigen Straße, die vom Weißen Schloss hierher führte. Am einen Ende stand das Fachwerkhaus der Taverne Zum Silbernen Groschen, die steinerne Mühle am anderen, neben dem Teich.
Mit den hin und her baumelnden Laternen in den Händen rannten Tully und Rufus im Zickzack über die leere Straße. Sie warteten nicht auf ihre Mutter, sondern preschten mit zugehaltenen Nasen durch die Lücke zwischen dem kleinen Haus von Meisterin Sarah – das im Sommer immer von duftenden Blumen geschmückt war – und dem windschiefen stinkenden Schuppen von Billy mit dem Jaucheatem, dem Misthaufenmann. Nachdem sie den Gestank und das wütende Schnattern von Meisterin Sarahs Gänsen hinter sich gelassen hatten, stürmten sie die kleine Anhöhe hinauf in das Rübenfeld und weiter über die frisch gepflügten Felder, die auf die Saat für das nächste Jahr warteten.
Pog und Wet the Bed Walter leuchteten ihnen mit ihren orangenen Lichtstreifen und -flecken den Weg. Die Brüder knurrten sich gegenseitig mit gruseligen Stimmen an, bis am Horizont ein Lichtschimmer auftauchte. Ein Strom goldener Funken und glühender Asche erhob sich in die Nacht.
»Sie haben den Scheiterhaufen schon angezündet!«, schrie Rufus. »Schnell!«
Sie nahmen die Beine in die Hand, wetzten zu der niedrigen Hecke, die die einzelnen Felder voneinander abgrenzte, und sprangen darüber. Dahinter erhob sich ein steiler Hügel, auf dessen Gipfel ein uralter Steinkreis stand.
In jeder Geisternacht entfachten die Dorfbewohner inmitten dieser Felsen ein großes Feuer. Vor vielen Jahren hatten weise Männer berechnet, dass genau hier die Mitte des Königreichs lag, und so entzündete man hier Scheiterhaufen, die man mit Glücks- und Schutzkräutern nährte. Man rief die guten Geister des Landes an und dann tanzten die Männer im Uhrzeigersinn um die Steine, so dicht, wie sie sich trauten, während das Feuer ihre Hüte und Mützen ankokelte und Bärte und Augenbrauen versengte. Die Frauen tanzten ein Stück weiter entfernt, entgegen dem Uhrzeigersinn, und die Kinder tanzten in einem dritten Reigen um sie herum.
Als Tully und Rufus die Hügelkuppe erreichten, hatten die Tänze bereits begonnen. Aiken Woodside, der Pflüger – auch Aiken Flinkfinger genannt –, spielte auf seiner Fiedel eine heitere Melodie.
Die Jungen legten ihre Rübenjacks auf den Boden, wo schon eine Menge anderer wild und gefährlich aussehender Laternen wartete, und gesellten sich dann zu ihren Freunden im äußeren Kreis.
Alle verbrachten eine wundervolle, fröhliche Zeit, erfüllt von Licht, Gelächter, Musik und dem Knistern der Flammen. Als die Mutter der Jungen sie einholte, loderte das Feuer noch immer hoch in den Himmel und noch lange war man des Tanzens nicht müde. In der Ferne, weit hinter ihnen, zeichneten sich die strahlenden milchig weißen Mauern und Türme von Schloss Mooncaster gegen den sternenübersäten Nachthimmel ab. Die Unterkönige und Adeligen hielten heute Nacht ihr eigenes Fest ab.
Tully kam eine Idee. Er wollte Pog die Grenzen von Mooncot entlangführen, um ihm jeden der dreizehn Grenzsteine und die verzauberten Laternen zu zeigen, die sie in dieser Nacht beschützten. Rufus wollte mitkommen. Genau wie ihre Freunde Clover Ditchy, Benwick, Neddy, Muddy Legs Woodside, Peasy Meadow und Lynnet.
Normalerweise würde sich keiner bei Nacht über die Felder trauen, doch heute war etwas Besonderes. Was konnte ihnen schon passieren?
Aufgeregt versicherten sie ihren Eltern, dass sie zurückkommen würden, sobald sie alle dreizehn Steine besucht hatten, und schworen, auf keinen Fall die Dorfgrenze zu übertreten.
»Ich will auch mit!«, moserte Gunnhild, Clovers sechsjährige Schwester.
»Du bist zu klein«, sagte er zu ihr. »Vielleicht
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