DanDep-StaderVer
Monica warteten möglicherweise Dutzende von ihnen darauf, dass sich ein nicht mehr ganz taufrischer Mann in Cowboystiefeln und mit einem dicken lila Daumen ihrer annahm. Es war ein amüsanter Tagtraum, der ihn noch auf dem Highway 405 beschäftigte und fast bis nach Hause.
Am Abend saß Spandau im Gene-Autry-Zimmer, trank Wild Turkey und rauchte Pfeife. In Flagstaff hatte er in einer Buchhandlung eine Erstausgabe von Mari Sandoz' Cheyenne ergattert und freute sich schon die ganze Woche darauf, es in einer ruhigen Stunde endlich lesen zu können. Er legte die Füße auf ein Kissen aus Sattelleder, nippte an seinem Whiskey, nahm das Buch in die Hand und wendete es ein paarmal vorsichtig hin und her. Der schlichte braune Umschlag unter der Schutzhülle war noch erstaunlich gut erhalten. Spandau sammelte Bücher über den Wilden Westen, seit Dee ihn verlassen hatte. Bis dahin hatte er immer davor zurückgescheut, so viel Geld auszugeben - Bücher waren ein teures Hobby -, aber inzwischen hatte ihn die Sammelleidenschaft gepackt, und es waren schon einige Dutzend kostbare Exemplare zusammengekommen. Er rechtfertigte seine Käufe vor sich selbst damit, dass ihm die Bücher durch seine einsamen, frauenlosen alten Tage helfen würden, und irgendwie stimmte das sogar. Sie schafften es, ihn aus sich selbst herauszuholen und aus der streitsüchtigen Welt, in der er lebte. Wenn er in diesem lächerlichen Zimmer saß, verschanzt in einem vergangenen Zeitalter, das nach Rauch, Leder und Whiskey roch, umgeben von Anachronismen und durchaus bereit, sich selbst zu den Anachronismen zu zählen, lockerten sich seine verspannten Schultern, und seine Seele fand allmählich ihr Gleichgewicht wieder. Spandau wusste, wie albern es war, als erwachsener Mann Cowboy zu spielen. Sich vorzumachen, dass man das Rad, wenn auch vielleicht nur für Augenblicke, bis zu einer Zeit der Unschuld zurückdrehen konnte, oder so zu tun, als ob es in Amerika eine solche Zeit je gegeben hätte. War das nicht selbst das amerikanischste aller Gefühle? Wenn es überhaupt so etwas wie eine nationale Identität gab, war dann nicht der feste Glaube daran, eine einst vorhandene und inzwischen verloren gegangene Redlichkeit zurückholen zu können, der Schlüssel dazu? Dass man irgendwann einmal den rechten Weg gekannt hatte und deshalb noch immer die Möglichkeit besaß, dorthin zurückzufinden? Wohin man auch blickte, überall waberten die Illusionen, und Spandau war es leid, in diesem Nebel herumzustochern. Vielleicht war ja letzten Endes doch alles nur ein einziger Beschiss, wie Walter gesagt hätte. Amerika. Cowboys. Die Liebe. Alles Schrott, alles Mythen, die geschaffen wurden, um irgendetwas zu verhökern. Willkommen in Hollywood, willkommen in L. A. Ein Soziologe hatte einmal gesagt, dass der, der die Zukunft sehen wolle, sich bloß das Los Angeles von heute ansehen müsse. Spandau wollte davon nichts wissen, und er spürte auch jetzt wieder, wie sich sein Verstand gegen diese These zur Wehr setzte. Nein, insistierte eine leise, aber tröstende Stimme in ihm, es ist nicht alles Dreck. Denk daran, wie es ist, auf einem Pferd zu sitzen. Denk an das erregende Gefühl, wenn das Tor zur Arena aufgeht, wenn sich das Seil am Sattelhorn strafft, wenn du es anziehst und wieder locker lässt. Denk an den Geruch von hohem Gras und wie es sich anfühlt, wenn du beim Reiten mit den Beinen hindurchstreifst. Denk an Dee und wie es sich anfühlt, sie in den Armen zu halten.
Hinter ihm auf dem Schreibtisch klingelte das Telefon. Wie von einem Elektroschocker getroffen, fuhr er zusammen. Warum hatte er das Mistding nicht ausgeschaltet? Er hatte momentan keinen Fall am Laufen, nichts, was nicht ohne ihn auskam. Er warf einen Blick auf die Anruferkennung - nicht aktiviert. Da sprang auch schon der Anrufbeantworter an. Es war Gail, von seinem Auftragsdienst. Er nahm ab.
»Spandau.«
»Sie haben eine Nachricht von einem gewissen Ginger Constantine. Es sagt, es sei dringend.« »Ja, okay. Geben Sie mir die Nummer.«
Spandau schrieb sie sich auf die Hand. Er legte kurz auf und wählte. Es meldete sich ein Mann mit einem leichten englischen Akzent.
»Ja, bitte?«
»Hier David Spandau. Sie wollten mich dringend sprechen?«
»O Gott, ja! Ich bin Bobby Dyes Assistent, ich hab Ihre Karte gesehen, und ich weiß, dass er mit Ihnen geredet hat... Hören Sie, es geht um Bobby. Es könnte Ärger geben. Er ist zu Richie Stella gefahren. Er hat eine Waffe mitgenommen. Ich wusste
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