Danger - Das Gebot der Rache
die Erinnerung an seinen so lebendigen Traum aus dem Kopf zu verdrängen.
»Ich habe heute Nacht ein Leben ausgelöscht«, flüsterte die rauhe Stimme.
»Wie bitte?«, sagte James wieder und richtete sich kerzengerade im Bett auf. Er musste sich verhört haben.
»Für Gott. Im Namen des Heiligen Vaters. Eine Sünderin ist erlöst worden und ist nun, dank mir, zur Heiligen geworden.«
»Beichten Sie mir etwa, dass Sie jemanden umgebracht haben?«, fragte James. Der Schweiß auf seinem Körper wurde eiskalt, als er erkannte, dass die Person am anderen Ende der Leitung vollkommen ernst war. Todernst. »Warten Sie eine Minute …«
»Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt.«
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Kapitel vierundzwanzig
D as Morgenlicht fiel durch die Fenster.
Und das Bett war kalt.
Leer.
Olivia starrte an die Decke und biss sich auf die Lippe.
Was hatte sie getan?
Bilder der vergangenen Nacht schossen ihr durch den Kopf. Lebhafte, erotische Bilder, die sie erröten ließen. Sie hatte mit Bentz geschlafen. Ihn geliebt. Mehr als einmal.
Was hatte sie sich bloß dabei gedacht?
Das ist das Problem, du Dummkopf, du hast gar nicht gedacht. Keine Sekunde lang!
Sie schauderte. Was für ein Fehler!
Aber jetzt war es zu spät. Was geschehen war, war geschehen. Sie konnte nichts mehr daran ändern und wusste nicht einmal, ob sie das wollte, hätte sie die Chance dazu bekommen. Schließlich war es die Sache wert gewesen. Unbedingt.
Der Duft von heißem Kaffee wehte die Treppe herauf, und sie hörte das gedämpfte Klappen einer Schranktür. Also war er noch da. Das war gut.
Oder?
Sie blickte sich suchend um und entdeckte ihren Bademantel, ein Bündel aus weißem Frottee, auf dem Fußboden. Genau dort, wo sie ihn hingeschleudert hatte. Sie fuhr in die Ärmel und schlang sich den kuscheligen Stoff um den nackten Körper, dann verknotete sie den Gürtel und eilte barfuß die Treppe hinunter. Unten erblickte sie sich im Spiegel nahe der Eingangstür und zuckte zusammen, dann kämmte sie sich so gut sie konnte mit den Fingern das Haar und ging in die Küche. Die Kaffeemaschine lief, ein großes Buch lag aufgeschlagen auf dem Tisch. Die Glasflügeltüren zur Veranda standen weit offen und ließen die kalte Morgenluft und den Geruch nach Rauch herein.
Bentz stand angezogen auf der Veranda und betrachtete den Nebel, der vom
bayou
aufstieg. Das Shirt spannte sich über seinen breiten Schultern, als er sich über das Geländer beugte. In der Hand hielt er eine halb gerauchte brennende Zigarette.
»Guten Morgen«, stieß Olivia hervor und straffte die Schultern. Langsam nahm sie die Decke von Chias Käfig. Der Vogel gab einen Laut von sich, sträubte die leuchtenden Federn und streckte die Beine. »Dir auch einen guten Morgen«, sagte sie zu der Papageiendame.
Bentz drehte sich zu Olivia um. Sein Gesichtsausdruck sagte alles.
Ihr sank das Herz.
Bedauern lag in den Fältchen um seine Mundwinkel, und seine grauen Augen blickten argwöhnisch. Misstrauisch, wie am Anfang. »Morgen.« Er brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Der Kaffee ist gleich fertig.«
»Ja, das hab ich schon gesehen.« Sie faltete die Vogeldecke zusammen und fühlte sich wie eine Närrin. Dann deutete sie auf seine Zigarette. »Ich habe nicht gewusst, dass du rauchst.«
»Ich rauche auch gar nicht.« Er blickte auf seine Hand hinab, zuckte die Schultern und nahm einen langen Zug.
Sie verkniff sich eine weitere Frage und verstaute die Decke auf einem Regal.
»Ich habe ein Päckchen im Jeep und eins in meiner Schublade im Präsidium, nur für den Fall.« Rauch strömte aus seinen Nasenlöchern.
»Für den Fall?«
»Für den Fall, dass ich wirklich eine brauche.« Er schnippte die Kippe in den sumpfigen Garten, wo sie zischend ausging.
»Für Tage wie heute?«
»Ja. Vor allem für Tage wie heute.« Er blickte wieder zu ihr. »Ich musste sowieso zum Jeep gehen, und zwar deswegen.« Er deutete auf den Wälzer auf dem Küchentisch.
»Was ist das?«, fragte sie und beäugte das Buch neugierig.
»Ein Verzeichnis sämtlicher Heiligen.«
»Verstehe.« Der dicke Schinken war aufgeschlagen bei O wie Olivia. »Ach.« Ihre Kehle schnürte sich zusammen. Viel stand da nicht, nur dass Olivia oder Oliva von Palermo wegen ihres Glaubens und der Verkündigung der christlichen Lehre zum Gouverneur von Tunis gebracht wurde, der sie in die Wüste schickte in der Hoffnung, dass sie dort von wilden Tieren zerrissen würde. Olivia überlebte, wurde nach Tunis
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