Danger - Das Gebot der Rache
er saßen in Jaskiels Büro. Er hatte den ganzen Morgen über dem Fall gebrütet und sich verboten, an die vergangene Nacht mit Olivia Benchet zu denken.
»Ziehen wir die Möglichkeit in Betracht, dass der Rosenkranzmörder dahintersteckt?«, fragte Melinda, die einen marineblauen Hosenanzug trug und sich gegen ihren Schreibtisch lehnte, die Hände auf die blitzblanke Platte gestützt. Bentz und Montoya saßen auf den beiden Besucherstühlen ihr gegenüber. Auf einer Konsole standen ein paar Fotos von ihren Eltern und den zwei Töchtern, eine Kristallvase mit stets frischen Blumen thronte auf einer Ecke ihres Schreibtisches. Abgesehen von diesen Details, ihrem Namensschild und ein paar Auszeichnungen, die an der Wand hinter ihr hingen, hätte das Büro jedem gehören können. Nun, jedem, der ein Sauberkeitsfanatiker war.
»Ich habe mit dem FBI und Norm Stowell gesprochen … einem Ex-Profiler.«
»Gehört er zum Department?« Ihre Augen verengten sich hinter den Brillengläsern.
»Nein, aber …«
»Moment, Rambo. Wir halten uns an die Regeln.«
»Natürlich tun wir das«, versicherte ihr Bentz. »Es sieht nicht so aus, als handelte es sich um den Rosenkranzmörder. Seine Unterschrift und der Modus Operandi sind unterschiedlich. Er ist weitaus brutaler. Gewalttätiger. Nicht derselbe Mann.«
»Aber Sie gehen davon aus, dass seine Taten in Zusammenhang mit den Martyrien von Heiligen stehen?«
»Heilige Märtyrerinnen«, bestätigte Bentz und rückte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Je mehr er über die Tatsache nachdachte, dass die Frauen wie einst die Heiligen abgeschlachtet worden waren, desto nervöser wurde er. Zwei von ihnen hatten das College besucht, und seine eigene Tochter ging aufs All Saints. Allein schon der Name – Allerheiligen-College – musste unweigerlich die Aufmerksamkeit des Mörders auf sich ziehen, selbst wenn es in Baton Rouge lag.
»Lauter Märtyrerinnen?«
»Ja. Was die Auswahl der Opfer ein wenig einschränkt. Es gibt Hunderte von katholischen Heiligen, und wir wissen nicht, für welche er sich entscheidet, aber er scheint einen Hang zu denen zu haben, die einen brutalen Tod gestorben sind.«
»Ich vermute, das sind immer noch mehr als genug, selbst wenn die männlichen Heiligen ausscheiden.«
»Amen«, murmelte Montoya und wedelte mit einem Stapel Papier. »Wir wissen von der heiligen Cecilia: Stephanie Jane Keller wurde auf diese Art und Weise umgebracht – nach der Folter enthauptet mit drei Schwertstreichen. Und wir wissen von der heiligen Johanna von Orléans und der unbekannten Leiche, die man am einunddreißigsten Mai, am Morgen nach dem Gedenktag, zu Füßen der Statue im Französischen Viertel gefunden hat, wenngleich uns nicht bekannt ist, wo das Opfer auf einem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Bei Cathy Adams liegen die Dinge etwas anders, wir denken, sie musste in die Rolle der heiligen Maria Magdalena schlüpfen, denn sie wurde an deren Gedenktag am zweiundzwanzigsten Juli ermordet.« Montoya reichte Jaskiel mehrere der ausgedruckten Seiten.
Sie überflog das Material, und mit jeder Seite wurde ihr Ausdruck finsterer. »Das ist ja noch schlimmer als beim letzten Mal.«
Bentz musste ihr zustimmen. »Wir gehen davon aus, dass es weitere Tote gibt, mit Sicherheit aber zwei.«
»Aus welchem Grund?«, fragte Jaskiel, und als Bentz zögerte, nickte sie. »Oh, ich verstehe … weil Olivia Benchet die Morde« – Jaskiel malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft – »›gesehen‹ hat.«
»Bislang hat sie recht behalten.« Montoya blickte auf die verbliebenen Seiten in seiner Hand.
»Wir gehen sämtliche Vermisstenanzeigen im ganzen Land durch, mit besonderem Augenmerk auf die Universitäten hier in der Stadt. Stephanie Jane Keller und Cathy Adams waren Teilzeitstudentinnen an der Tulane und an der Loyola«, erklärte Bentz und hoffte inständig, dass Kristi in Baton Rouge in Sicherheit war. Doch wechselten Serienkiller nicht ab und zu die Umgebung? Suchten sich neue Jagdreviere? »Olivia Benchet macht derzeit ihren Abschluss an der Tulane. Wir haben die örtlichen Schulen kontaktiert, nicht nur die Colleges, sondern auch sämtliche öffentlichen und privaten Schulen vor Ort, Konfessionsschulen, Internate, damit die Verantwortlichen dort gewarnt sind. Sie weisen die Schüler an, besonders vorsichtig zu sein, sich nur in Gruppen draußen aufzuhalten und abends in ihren Zimmern zu bleiben und die Türen zu verschließen – das volle Programm
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