Danger - Das Gebot der Rache
unten zusammensaßen und einen Kaffee mit Baileys tranken, verfiel Sarah wieder in ihre finstere Stimmung. »Wenn ich Leo nicht zu fassen kriege, muss ich mir einen Anwalt nehmen«, sagte sie und blickte aus dem Fenster über den
bayou.
Sonnenlicht sickerte durch den feinen Nebel, der zwischen den kahlen Zweigen der Eichen und den Sumpfzypressen emporstieg.
»Das solltest du sowieso tun. Allein schon, um deine Rechte zu kennen. Du brauchst jemanden, der dir den Rücken stärkt.«
»Vermutlich«, gab Sarah zu, doch sie klang nicht überzeugt. »Ich hätte nie, nie, nie damit gerechnet, dass ich mich einmal scheiden lassen würde. Das ist einfach eine Sache, die mir völlig widerstrebt.«
»Ich weiß, aber Leo macht es dir verdammt schwer, mit ihm verheiratet zu bleiben.« Olivia trank ihren Kaffee aus und stellte die Tasse ab. Dann kraulte sie Hairy S. hinter den Ohren. Der Hund reckte den Hals, begierig nach Aufmerksamkeit. Chia gab in ihrem Käfig kehlige Geräusche von sich.
»Du hast ja eine richtige Menagerie hier.«
»Von Grannie geerbt. Aber ich könnte jetzt schon nicht mehr ohne die beiden leben.« Als hätte er verstanden, dass sich das Gespräch um ihn drehte, pochte Hairy S. mit dem Schwanz auf die Bodendielen.
»Ich kann mit Tieren nicht so viel anfangen«, gab Sarah zu.
»Ich weiß, aber meine sind harmlos, glaub mir. Nun, es sei denn, du gehst mit der Nase zu dicht an Chias Käfig heran.«
»Das werde ich auf keinen Fall tun«, versicherte ihr Sarah. »Und was ist mit ihm?« Sie wies mit dem Zeigefinger auf den Hund.
»Ein Schmusekätzchen, aber sag ihm das ja nicht«, flüsterte Olivia theatralisch. »Es könnte sein Selbstbild zerstören, und ich kann mir keinen Hundepsychologen leisten!«
»Sehr komisch.«
»Finde ich auch. Oh, Mist!« Olivia blickte auf ihre Uhr. »Ich lasse dich nur ungern allein, aber ich muss ein paar Stunden im Third Eye arbeiten, dann an der Uni vorbeischauen und einige Bücher in der Bibliothek abgeben. Gegen sechs bin ich wieder hier.«
»Ich wollte sowieso in die Stadt fahren. Ich habe die Quittung eines Motels gefunden, in dem Leo schon mal abgestiegen ist. Mal sehen, ob ich ihn da finden kann.«
»Bist du dir sicher, dass du das möchtest? Ich habe da eher ein schlechtes Gefühl.«
»Er ist mein Ehemann«, betonte Sarah, leerte ihre Tasse und stellte sie so entschieden auf den Tisch, als hätte sie sich endlich zu einem Entschluss durchgerungen. »Ich werde versuchen, Leo ausfindig zu machen, herausfinden, ob er mir in die Augen schauen kann, und mich dann um ein Gespräch bemühen. Heute Abend bin ich wieder da. Wenn nicht, rufe ich dich an.«
Es gab nicht viel, womit Olivia sie von ihrem Plan hätte abhalten können, es sei denn, sie hätte sie in ihrem Zimmer eingesperrt und Hairy S. befohlen, Wache zu halten. »Na schön«, sagte sie daher zögernd, »aber sei vorsichtig. Ich meine es ernst. Es geht mal wieder ein Serienmörder um.«
»Ich hab am Flughafen die Schlagzeilen gelesen«, sagte Sarah. »Unheimlich.« Aber sie interessierte sich offensichtlich mehr für Leo als für einen Serienkiller, der New Orleans unsicher machte.
»Pass auf dich auf.«
»Olivia, hat dir schon mal jemand gesagt, dass du dir zu viele Sorgen machst?«
»Nein, aber es gibt einen ganz bestimmten Grund für meine Besorgnis. Irgendwie stehe ich mit dem Mörder in Verbindung. Ich habe ihn dabei ›beobachtet‹, wie er seine Opfer umgebracht hat.«
»Beobachtet? Mein Gott!«
»Nun, nicht direkt …«
»Ach so, du meinst in diesen Visionen, die du manchmal hast … also wirklich, Olivia!«
»Im Ernst, ich sehe gewisse Dinge.« Etwas in ihrem Gesichtsausdruck musste Sarah überzeugt haben, denn sie widersprach nicht länger. »Dann siehst du also, wie er Leute umbringt. Hast du bei diesen Visionen auch solche schrecklichen Kopfschmerzen wie früher in Tucson?«
»Noch heftiger.«
Sarah warf ihr einen skeptischen Blick zu. »Und was hast du deswegen unternommen?«
»Mit der Polizei gesprochen und eine Alarmanlage installieren lassen.«
»Nein! Im Ernst?«
»Ja. Ich muss dir noch zeigen, wie sie funktioniert.« Sie nahm sich Zeit, Sarah das System zu erklären, und nannte ihr den Code, den sie eingeben musste, um den Alarm zu deaktivieren, wenn sie das Haus betreten oder verlassen wollte.
»Okay. Hab’s kapiert«, sagte Sarah, wenngleich sich Olivia da nicht so sicher war. Ihre Freundin war in Gedanken weit mehr mit ihrem untreuen Gatten als mit ihrem
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