Danger - Das Gebot der Rache
werde pünktlich sein«, sagte er automatisch, bevor er sich eingestehen konnte, dass sie ihm womöglich einen Wink mit dem Zaunpfahl gab. Er beugte sich vor und betrachtete die Fotos auf seinem Schreibtisch: Kristi als Kind und Kristi als junge Frau. »Du willst doch, dass ich komme und dich abhole, oder?«
»Ja, natürlich, aber es wird ganz schön viel los sein, wenn alle zu Thanksgiving aufbrechen. Außerdem hab ich noch etwas im Verbindungshaus zu erledigen. Ich dachte, es wäre vielleicht nicht dein Ding, extra hier rauszukommen.«
»Oder nicht
dein
Ding«, erwiderte er, da er meinte, einen Anflug von Missmut in ihrer Stimme festzustellen. Er hatte darauf bestanden, dass sie einer studentischen Schwesternverbindung beitrat, um sicherzugehen, dass sie am All Saints College betreut wurde und Unterstützung hatte. Ihr mit gerade mal achtzehn ein eigenes Apartment zu mieten, war für ihn absolut nicht in Frage gekommen. Er wollte zwar, dass sie erwachsen wurde, versuchte, sie loszulassen, aber er wollte sie gleichzeitig in Sicherheit wissen. Sein Blick fiel flüchtig auf die Aufnahme des jüngsten grausigen Tatorts mit einer verstümmelten Frauenleiche. Er wusste mehr als andere, wie gefährlich die Welt sein konnte. Deswegen hatte er ein Vermögen für Taekwondo- und Schießunterricht ausgegeben.
»Ja … nun, ich dachte bloß …«
»Bis nächste Woche dann«, sagte er in friedlichem Ton. »Wenn es dir besser passt, bei Freunden mitzufahren, gib mir einfach Bescheid.«
»Gut, aber …« Kristi seufzte laut, und er stellte sich vor, wie sie sich eine rotbraune Haarsträhne aus den Augen strich.
»Na schön, die Sache ist die: Ich habe eine Kommilitonin, Mindy. Ihre Mom ist Single, und rat mal, was sie arbeitet? Sie ist ganz zufällig auch bei der Polizei, und sie kommt her, um Mindy abzuholen. Sie wollen abends noch essen gehen, bevor sie nach Shreveport zurückfahren. Mindy ist der Ansicht, es wäre
supercool,
euch beide zu verkuppeln.«
»Aber du findest das nicht?«
»Mindy ist eine Streberin. Und ihre Mom ist Detective. Mein Gott, kannst du dir das vorstellen? Ihr beide?«
Bentz lachte. »Mach dir keine Sorgen, ich komme zu dir, und zwar nur zu dir. Sag Mindy, dass ich sofort wieder zurückmuss oder dass ich bereits vergeben bin … Oder denk dir sonst was aus.«
»Du meinst, vergeben an eine Frau? In einer Beziehung?«
»Ja.«
»Aber … das stimmt doch nicht!«
»Woher willst du das wissen?«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen, gefolgt von einem kurzen, nervösen Lachen. »O ja, richtig. Und wann solltest du Zeit für eine Beziehung haben? Nun mach mal halblang, Dad, du bist doch mit deinem Job verheiratet!« Sie kicherte – ein Geräusch, das ihn an ihre Mutter erinnerte, ein tiefes, kehliges, neckendes Lachen.
Jennifer Nichols Lachen hatte seine Aufmerksamkeit erregt, als er selbst noch ein junger Mann gewesen war, gerade aus der Highschool entlassen, und es hatte ihn sofort gebannt. Er fand sie schön mit ihrem langen dunklen Haar, den schelmischen Augen und dem frechen Mundwerk. Sie hatten sich zueinander hingezogen gefühlt und sich in eine Affäre von glühender Leidenschaft gestürzt. Sie war aufbrausend, doch er war ein Mann, der mit ihren Launen umgehen konnte, und als er ihr knapp fünf Monate später einen Antrag machte, hatte sie ja gesagt, obwohl sie erklärte, gewisse Zweifel zu hegen, was eine Ehe mit einem Cop anbelangte. Sie hatte gedacht, ihn dazu überreden zu können, die juristische Fakultät zu besuchen, und er hatte gedacht, er könnte ihr unbändiges Temperament zähmen. Beide hatten danebengelegen. Er hatte es bei ihrer Hochzeit gespürt, als sie in ihrem weißen Spitzenkleid den Kirchengang entlangschritt, knapp neun Monate nachdem sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Ihr Schleier hatte ihr herrisch erhobenes Kinn nicht verbergen können, und so hingerissen er auch von ihr war, hatte er doch gewusst, dass kein leichter Weg vor ihm lag. Doch das hatte ihn nicht gekümmert. Er hatte sie so sehr geliebt. Selbst in schlechten Zeiten. Selbst als sie ihn betrog …
»Welche Frau würde sich schon auf einen Kerl von der Mordkommission einlassen?«, fragte Kristi.
»Glaubst du etwa, dein alter Herr hat kein Sozialleben?«
»Ich
weiß
, dass er keins hat.«
»Nun, dann sollte ich mich vielleicht mit der Mutter deiner Kommilitonin treffen.«
»Tu das«, gab sie zurück. »Das wäre gut, Dad, wirklich gut.« Sie schnaubte. »Ach du liebe Güte«,
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