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Danger - Das Gebot der Rache

Danger - Das Gebot der Rache

Titel: Danger - Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
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einen Blumenstrauß besorgen.
    Doch bis dahin hatte er zu tun.
     
    Am Sonntag vor Thanksgiving war nicht viel los im Third-Eye. Olivia bediente ein paar Kunden, füllte die Regale auf und staubte Waren ab, bevor sie Lametta an den Regalen und Vitrinen anbrachte. Alligatorenköpfe mit Glasaugen starrten ihr entgegen, Kerzen mit jungfräulichen Dochten waren stramm nebeneinander aufgereiht, Spiegel reflektierten ihr Bild, als sie auf einen kleinen Tritthocker stieg, um das glitzernde Lametta zu drapieren. New-Age-Prismen funkelten, Bücher sammelten Staub auf den oberen Rändern, Voodoo-Puppen baumelten zusammen mit Weihnachtsbaumschmuck von der Decke. Religiöse Artefakte waren in Schubladen oder den Fächern der ausgestellten antiken Schreibtische, Tische, Schränke und Nähmaschinen verstaut. »Vielseitig« traf als Angebotsbeschreibung nicht annähernd zu.
    Um vier Uhr drängte Tawilda, die Besitzerin des Third Eye, die von einer Kaffee- und Zigarettenpause zurückgekehrt war, Olivia zu »einem kleinen Päuschen«. Tawilda war eine spindeldürre Afroamerikanerin, die gern leuchtend bunte Saris mit dazu passenden Perlen in ihren langen Flechtzöpfen trug. Mit den hohen Wangenknochen eines Models und den unzähligen Armreifen wirkte sie so exotisch wie manche der ausgestellten Waren. »Ich krieg das schon ein paar Minuten allein hin. Schnapp mal ein bisschen frische Luft, Mädchen«, beharrte sie und verschwand hinter einem Perlenvorhang, der den Verkaufsraum von den hinteren Räumlichkeiten abtrennte. Eine Minute später kam sie ohne Mantel und Handtasche durch die tanzenden Perlen zurück. »Na los, geh schon.«
    Olivia hatte eine Pause wirklich nötig.
    »Ich bin in fünfzehn Minuten zurück.«
    Tawilda wedelte mit der Hand. »Tu dir keinen Zwang an. Lass dir ruhig zwanzig oder fünfundzwanzig Minuten Zeit. Heute rennt uns sowieso keiner die Bude ein …«
    »Wenn du meinst.« Olivia schnappte sich Jacke und Handtasche und ging hinaus. Auf der anderen Straßenseite lag der Jackson Square. Ein schmiedeeiserner Zaun umgab die gepflegte Grünanlage, in der die Wege an der Statue von Andrew Jackson zusammenliefen. Doch Olivia hatte keine Lust, in den Park zu gehen. Stattdessen schloss sie ihre Jacke und marschierte eilig zur St. Louis Cathedral. Es waren nur wenige Fußgänger unterwegs, und die steife Brise, die vom Mississippi herüberwehte, war kälter als sonst. Tauben stoben auseinander, und ein einsamer Posaunespieler mit aufgeklapptem Koffer spielte an einer Straßenecke Blues. Die Kathedrale mit ihren drei imposanten Kirchtürmen, die steil in den dunklen Himmel ragten, war nicht nur ein großartiges, beeindruckendes Bauwerk, sondern auch die älteste Kathedrale in Amerika, ein Gebäude, das zweimal wiederaufgebaut worden war und das Zentrum des Katholizismus in der Halbmondstadt darstellte.
    Olivia ging hinein. Hohe Gewölbe und Buntglasfenster umgaben das Hauptschiff. Vor dem Altar knieten mit gesenkten Köpfen ein paar fromme oder in Bedrängnis geratene Gläubige. Ein großer Mann in einem Mantel hastete an Olivia vorbei. Ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Moment.
    »Leo?«, fragte Olivia. Hielt sich Sarah Restins abtrünniger Ehemann etwa hier, in New Orleans, auf? Das konnte doch nicht sein. Sie machte einen Schritt in seine Richtung und wollte ihm folgen, doch er verschwand bereits durch eine Seitentür.
    »Livvie?«, hörte sie jemanden zaghaft fragen.
    Olivia erstarrte, als sie die Stimme ihrer Mutter erkannte. Aber das war doch unmöglich! Bernadette war in Houston!
    Sie spürte eine leichte Berührung am Ärmel, wirbelte herum und sah die Frau an, die sie auf die Welt gebracht hatte, blasser, als Olivia sich an sie erinnerte, in einem Cape, das bis zu den Knöcheln und den Stiefeln mit den Pfennigabsätzen reichte. Ihr Haar war unter einem breitkrempigen Hut verborgen, und sie trug eine Sonnenbrille.
    Olivia war sprachlos. Sie hatte ihre Mutter seit Grannie Gins Beerdigung weder gesehen noch gesprochen.
    »Was tust du hier?«
    »Ich suche dich«, antwortete Bernadette leicht außer Atem. »Ich habe beim Laden vorbeigeschaut, und die farbige junge Frau hat mir gesagt, du wärst gerade gegangen. Ich bin losgerannt, um dich einzuholen, und habe glücklicherweise gesehen, wie du durch die Kirchentüren gegangen bis, also bin ich hinter dir hergelaufen.«
    »Aber warum …?«
    »Komm, ich lade dich zu einer Tasse Kaffee oder etwas anderem ein.«
    »Mom, ich muss zurück zur Arbeit.«
    »Die

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