Dangerous Liaison
schloss die Augen. Wider Erwarten fiel er in einen tiefen Schlaf.
Jesses sanftes Rütteln an seiner Schulter weckte ihn.
„Wir sind gleich da“, sagte Jesse leise, und seine Stimme klang fast sanft, als er Robin zärtlich eine Strähne des zerzausten Haares aus dem Gesicht strich.
Langsam richtete Robin sich auf, streckte seine Glieder und schlurfte zur Toilette, wo er sich erleichterte und sich kurz über das Gesicht wusch. Dann kehrte er zurück, um sich anzuschnallen und die Landung abzuwarten.
Aufmerksam beobachtete Jesse Robin, und als das Flugzeug stand und die Tür geöffnet wurde, nahm er ihn an die Hand und schritt die Gangway hinunter zu dem wartenden Wagen.
Hier kannte man ihn, hier brauchte er keine Zollkontrollen über sich ergehen zu lassen. Erleichtert seufzte Jesse auf, als die Limousine das Rollfeld verließ und sich Richtung Stadt wandte.
„Du hast deine Arbeit gut gemacht und wirst beim nächsten Ritual eine Belohnung erhalten“, sagte Jesse zu Marcel, der ihn freudestrahlend anlächelte und sich mit einem Kuss bei ihm bedankte.
Der Wagen rollte ruhig die Straßen entlang, durch die Stadt und dann hinaus ins Gebirge. Dort, zwischen den Felsen versteckt, besaß Jesse ein zweistöckiges Haus, in das er sich, wenn er allein sein wollte, zurückzog. Lediglich ein Diener sorgte für den nötigen Komfort, ansonsten gab es ringsherum nur die wilde Natur.
In dieses Haus wurde Robin nun gebracht. Ohne Umschweife führte Jesse ihn in den Keller. Er sah drei kleine Zellen, so schmal, dass nur ein Bett und eine offene Toilette hinein passten. In eine dieser Zellen stieß Jesse ihn, verschloss die Tür und verließ ohne ein weiteres Wort das Gewölbe. Niedergeschlagen hockte der Gefangene sich auf die Pritsche, legte den Kopf in seine Hände und starrte trübe vor sich hin. Kurze Zeit später wurde ihm von Marcel etwas zu Essen und zu Trinken gebracht, dann war er wieder allein.
Auch am Abend brachte Marcel Robin eine kleine Mahlzeit, die er wieder schweigend durch die Gitter reichte und verschwand, noch bevor der andere aufstehen und etwas sagen konnte.
Am nächsten Morgen, als Marcel den Gefangenen zur Dusche brachte, die sich am Ende des Ganges befand, ertrug Robin seine Schweigsamkeit nicht mehr.
„Verdammt, Marcel, rede mit mir!“, schrie er ihn an und hielt ihn am Hemdsärmel fest. Doch Marcel sah nur stur geradeaus und riss sich los.
Tränen schimmerten in Robins Augen, als er sich vor seinen ehemaligen Freund stellte und ihn anblickte.
„War denn alles nur gelogen?“, fragte Robin leise, und seine Stimme zitterte, „Hast du mir deine ganzen Gefühle nur vorgespielt?“
Marcel zuckte zurück, als wäre er geschlagen worden.
Fassungslos schüttelte er den Kopf.
„Nein“, stammelte er, „Nein, ich... ich mag dich wirklich, ich .... ich liebe dich... irgendwie. Aber Jesse liebe ich auch!“
„Wenn du mich liebst, warum lässt du dann zu, dass Jesse mich so behandelt?“, wollte Robin wissen.
„Du musst auf den rechten Weg zurückgebracht werden“, gab Marcel Jesses Worte wieder. „Du musst für deine Taten Buße tun.“
Heftig schüttelte Robin den Kopf.
„Aber ich will das doch alles gar nicht!“, begehrte er auf, und seine Stimme wurde schrill, „Lass mich gehen, ich flehe dich an!“
Doch Marcel schüttelte nur den Kopf.
„Du wirst einsehen, dass Jesse Recht hat“, meinte er nur und brachte Robin dann zurück in dessen Zelle, ohne ihm die Möglichkeit gegeben zu haben, sich zu duschen.
Das Mittagessen wurde Robin nun von jemand anderem gebracht. Ein Mann, vielleicht Mitte dreißig, den Robin nicht kannte. Wortlos schob der Fremde den Teller in die Zelle und verließ dann das Kellergewölbe.
Ohne Appetit aß Robin. Er wusste, dass er seine Kraft noch brauchen würde, zu gut kannte er Jesse, als dass er dem Gedanken verfallen könnte, diese „Haft“ sei alles, was der Sektenführer ihm zumuten würde.
Nachdem Robin den geleerten Teller vor die Zelle geschoben hatte, war er zur Untätigkeit verdammt. Es gab nichts, was die Zeit schneller hätte vergehen lassen. Träge rannen die Minuten dahin, quälend langsam verlief der Tag. Robin wusste nicht, wie spät oder wie früh es war. Hier unten im Keller gab es keine Fenster, an denen die Tageszeit bestimmt werden konnte, keine Uhr, nichts. Es gab nur Robin und seine Gedanken.
Mittlerweile hatte er sich umgesehen und mit seiner Umgebung vertraut gemacht. Jede Zelle sah gleich aus, und er fragte
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