Dangerous Liaison
Marcel ihm später das Abendessen brachte, bat Robin ihn, ihm irgendetwas zur Beschäftigung zu bringen. Marcel runzelte zwar die Augenbrauen und schüttelte den Kopf, doch am nächsten Morgen lag ein kleines Taschenbuch unter Robins Teller, auf das er sich begeistert stürzte. Endlich hatte er etwas zu tun. Er las den ganzen Tag, bis er das Buch zu Ende hatte, dann begann er von vorne. In der Nacht legte Robin es unter die Matratze. Er hütete es wie einen Schatz. Doch nicht gut genug.
Als Robin am nächsten Morgen aus der Dusche kam, stand Jesse wutentbrannt vor ihm, das Buch in seiner Hand.
„Hast du Marcel dazu überredet?“, fragte er gefährlich leise. Robin senkte ängstlich den Kopf und nickte.
Jesses Augen hatten die Farbe einer sturmgepeitschten See angenommen, als er Robin am Kragen packte und zurück in die Zelle stieß.
„Das wird für dich ein Nachspiel haben!“, zischte er, „Für dich und Marcel!“
Damit ließ er ihn allein.
Ängstlich horchte Robin auf einen Laut, doch durch die geschlossene Tür drang nichts. So konnte er nicht abschätzen, was Jesse mit Marcel machte, und Angst beschlich ihn. Robin wusste, wie Jesse reagierte, wenn er wirklich wütend war.
Hoffentlich tat er dem Franzosen nichts an!
Marcel erlebte zum ersten Mal in seinem Zusammensein mit Jesse, wie dieser reagierte, wenn er wirklich wütend wurde. Ohne Vorwarnung und Rücksicht hatte er zugeschlagen, ohne hinzusehen, wohin die Schläge gingen. Erst als Marcel bewegungslos am Boden lag, ließ Jesse von ihm ab.
„Du darfst mich nie wieder so hintergehen, verstanden?“, fragte er leise und außer Atem, und Marcel nickte schwach.
Sein Körper war ein einziger Schmerz.
Vorsichtig hob Jesse ihn hoch und trug ihn eine Etage höher, wo sich sein Schlafzimmer befand. Fürsorglich, so dass man ihm den Ausbruch nicht mehr zutraute, kümmerte er sich um die Wunden des Verletzten und gab ihm schließlich ein Schmerz-und ein Schlafmittel, bevor er wieder ins Wohnzimmer hinunterging.
Nachdenklich setzte er sich in seinen Sessel. Er musste andere Saiten aufziehen, um sich Robin gefügig zu machen. Aber er zweifelte nicht daran, dass er es erneut schaffen würde.
Robin ahnte, dass etwas mit Marcel passiert war, als Jesse ihm persönlich das Essen brachte.
„Was hast du mit Marcel gemacht?“, fragte er und sprang auf. Jesse jedoch grinste nur, stellte ihm das Tablett aufs Bett und sah ihn ernst an.
„Der hat seine Strafe dafür bekommen, dass er sich von dir hat breitschlagen lassen, dir das Buch zu bringen“, erwiderte er ruhig und sanft.
Robin begann, sich ernsthaft Sorgen zu machen.
„Keine Bange, er lebt noch. Aber ich denke nicht, dass du ihn erneut bequatschen kannst, Sternchen. Du bist nicht zu deinem Vergnügen hier!“
Robin schnaufte verächtlich. Natürlich war er das nicht, das war ihm auch klar. Für wie blöd hielt Jesse ihn eigentlich?
„Du sollst darüber nachdenken, was du getan hast, dich läutern und dann zu mir zurückkehren“, erklärte Jesse, was er erwartete.
Doch Robin schüttelte heftig den Kopf.
„Das kannst du vergessen!“, fauchte er und ging auf Jesse los wie eine Wildkatze.
Lachend fing Jesse Robins Hände, die auf sein Gesicht zielten, ab und umschloss sie mit seinen Fingern, drückte sie ihm an den Körper und zog ihn nah an sich heran. Robin spürte seine harten Muskeln und erstarrte.
Ein leises Lachen ließ ihn in Jesses Augen blicken.
„Du wirst wieder mir gehören, Robin“, flüsterte er, und sein Gesicht kam dem des anderen ganz nahe.
Robin roch Jesses Atem, nach Tabak und Minze, blickte in seine blauen Augen, die ihn spöttisch anschauten.
„Niemals!“, fauchte Robin, doch seine Stimme klang sehr
unsicher. Jesses Nähe verwirrte ihn. Auch, wenn er nichts mehr für ihn empfand, Jesse hatte eine ungeheure Ausstrahlung, der Robin sich nicht entziehen konnte. Der Sektenführer verstand es, die Leute für sich zu gewinnen, dazu schien er geboren worden zu sein. Warum hatte er nur ein Herz aus Stein? Es hätte alles so schön sein können, wenn es diese verfluchte Sekte nicht gegeben hätte!
Jesse schien Robins inneren Zwiespalt mitzubekommen. Er ließ die Hände los und umschloss mit seinen Fingern Robins Hüften. Heiß spürte Robin das Blut durch seine Adern rauschen.
„Du wirst mir gehören“, versprach Jesse noch einmal, dann zog er Robin einfach an sich und küsste ihn grob, bevor er ihn wieder los ließ.
Hastig wischte Robin sich über den Mund, um
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