Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
wird auf einmal um Jahre jünger und man sieht die Welt anders. Wolken sind nicht mehr nur Wolken, sondern Figuren. Wald ist nicht nur Wald, sondern etwas Geheimnisvolles, wo es überall raschelt und knistert“, lachte er, trank aus und verließ wenig später das Zimmer.
Daniel überlegte kurz, rief bei Rainer an, der je noch mit Philip unterwegs war. So griff er zu der Jacke und rief Ines. „Komm mit, wir müssen uns mit einer Prostituierten unterhalten.“ Unterwegs erzählte er ihr, was er erfahren hatte.
„Denkst du ein Kinderschänder?“
„Das hört sich so an. Warten wir ab, was uns diese Frau sagt.“
Sie sah fast noch wie ein Kind aus. Sehr klein, sehr zierlich, sehr blond, wenig Kurven, selbst die Stimme klang dünn.
Sie berichtete fast dasselbe wie Neidhold zuvor, schmückte das Ganze nur mit weiteren Details aus. Auch den Namen bekamen sie. Ines und Daniel sahen sich für einen Moment sprachlos an, fragten nochmals nach, aber es stimmte, sie hatten sich nicht verhört.
Das Mädchen wurde für den nächsten Tag aufs Präsidium bestellt, damit man ihre Aussage richtig protokollieren konnte. Das gehörte in Rainers Zuständigkeitsbereich.
„Daniel, meinst du, dass das stimmt?“
„Warum nicht? Bei dem, das mir Rainer bisher erzählt hat, sind alle Schichten betroffen. Da sind Lehrer, Kinderärzte, ein Kindergärtner, Professoren, Ärzte, Klempner, Verkäufer, vertreten. Wieso nicht jemand aus der oberen Chefetage? Das wird einen Wirbel geben. Ich rede nachher mit Helbich und Reimann, ob wir ihn vorher hochnehmen oder noch warten, den Herrn Manager erst bei der allgemeinen Razzia hops nehmen. Erkundige dich aber, ob er überhaupt im Lande ist. Rainer wird sich bestimmt freuen.“
„Der freut sich über jeden. Kann man aber verstehen.“
„Sei froh, dass du mit diesem Dreck nichts zu tun hast. Das ist schlimmer als jeder Mord. Ich würde am liebsten jedem die Eier einzeln ausreißen und ihn stückweise kastrieren.“
„Iiihh, das ist ja ekelhaft.“
„Nicht so ekelhaft, wie das, dass die mit den Kindern anstellen.“
Sie waren im Büro angekommen und Daniel machte sich auf den Weg zu Rainer Helbich und danach suchten sie gemeinsam Doktor Reimann auf.
Als er am späten Abend nach Hause kam, war Jana weg, genauso wie ihre wenigen Sachen. Er versuchte sie telefonisch zu erreichen, aber sie nahm nicht ab, noch erreichte er sie über das Handy.
So fuhr er erneut los, um sie zu holen, aber sie war nicht da, oder wollte nicht öffnen. Ratlos schlenderte er zu seinem Wagen, probierte es abermals über ihr Handy, das ausgeschalten war. Ihren Wagen bemerkte er nirgends. Er fuhr nach Hause, wusste nicht, wo er sie suchen sollte.
Er lief hin und her, überlegte, wo sie sein könnte, aber es fiel ihm nicht ein. Wahrscheinlich bei einer Freundin, aber dort war sie für ihn unerreichbar, vermutete er. Eventuell war sie zu den Eltern gefahren, obwohl er das weniger glaubte, da diese von den Vorkommnissen bisher keine Ahnung hatten, wie er bei einem Telefonat vor Wochen herausgehört hatte.
Bevor er morgens zum Büro fuhr, machte er einen Umweg zu ihrer Praxis. Sofort fiel ihm das andere Schild auf. Er dauerte Sekunden, bis er begriff, dass sie die Praxis verkauft hatte. Er fuhr zu ihrer Wohnung und sah, dass hier das Namensschild ab war. Gestern Abend war es ihm nicht aufgefallen. Sie war verschwunden. Jana war wirklich weg.
Er lehnte sich für einige Zeit an die Wand, konnte nicht mehr denken, spürte nur den Schmerz. Jetzt hatte er sie verloren. Langsam stieg er die Stufen hinunter, fuhr nach Hause. Er rief kurz im Büro an, entschuldigte sich mit Magenverstimmung, nahm er die Flasche Whisky und trank aus der Flasche. Er wollte den Schmerz, den Verlust, seine Dummheit, sogar das Ekelgefühl, das in ihm war, hinunterspülen.
*
Morgens erwachte er mit Kopfschmerzen. Er schluckte zwei Aspirin und trank viel Wasser hinterher, kochte danach Kaffee. Erst fiel ihm ein, dass sie verschwunden war und augenblicklich fühlte er die große Leere, die sich rasant und bleiern über seinen Körper ausbreitete.
Er trank den Kaffee, duschte und fuhr verspätet in das Präsidium.
„Du siehst schlimm aus. Was ist passiert?“ Heidrun legte ihm einige Schriftstücke auf den Schreibtisch.
„Ich glaube, ich benötige Urlaub. Seit einigen Monaten läuft alles schief.“
„Ich glaube, du benötigt deine Frau Doktor Behrend“, lächelte sie. „Tja das ist so, wenn der Verstand in die Hose rutscht.“
„Sie ist weg, abgehauen,
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