Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
schweigend und erst kurz vor der Endstation, merkte sie, wo er mit ihr hinfuhr. „Darf ich zu Volker?“
„Ja, eine Viertelstunde nur. Machen Sie bitte keinen Ärger.“
„Danke“, strahlte sie. Kaum hielt er sprang sie hinaus, wollte loslaufen, blieb aber stehen. „Kommst du nicht mit?“
„Ich warte hier, Frau Larsen.“
„Keine Kontrolle?“
„Nein“, log er.
Sandra rannte auf den Eingang zu, wenig später hatte sie den Papierkram erledigt, ihre Tasche abgegeben und folgte dem Beamten. Schließen, öffnen, wieder schließen, dabei immer das Klirren der Schlüssel, dass laute Zuknallen der Türen hörend. Es war so bedrückend. Sie wurde in einen Raum geführt.
„Setzen Sie sich. Keinen Körperkontakt“, hörte sie die Anweisung des Mannes, der sich Abseits auf einen Stuhl setzte.
Die Tür öffnete sich, dann sah sie ihren Bruder und erschrak. Sie wollte aufspringen, ihn umarmen, aber da hörte sie die Stimme des Beamten und sie setzte sich. Volker nahm Platz. Er wirkte grau, eingefallen. Dunkle Augenringe und sein Bart gaben ihm ein schreckliches Aussehen. Das war nicht ihr Bruder, das war ein Fremder. Tränen traten ihr in die Augen.
„Wie geht es dir?“ Eine blöde Frage dachte sie, ich sehe es doch.
„Was willst du?“
Er blickte sie kaum an, sein Blick wirkte gehetzt, unstet. Sie bemerkte, dass seine Finger zitterten.
„Wir tun ja alles, um dich zu entlasten. Halte noch einige Tage aus. Bald ist es vorbei. Bitte, Volker. Ich liebe dich und du fehlst mir. Vertraue mir, ich werde dich nie hängen lassen, weil ich weiß, dass du unschuldig bist.“
„Immer denke ich an meine kleine Mia. Sie ist tot! Irgendjemand hat sie mir genommen. Ich habe Bilder gesehen, es war so schlimm. Warum? Warum hat das jemand mit ihr gemacht? Sie hat keinem etwas getan. Sie war so lieb, so freundlich, so süß.“ Er sprach wie zu sich selbst, als wenn er ihre Anwesenheit vergessen hätte.
„Kann ich mir denken, dass das schwer für dich ist.“
„Hör auf zu heucheln! Du mochtest sie nie, hast uns immer nur im Weg gestanden. Nun ist alles vorbei, dabei hatten wir so viele Pläne. Wir wollten Kinder, unser Leben zusammenverbringen.“
„Aber du kanntest diese … Frau kaum.“
„Was weißt du schon von Liebe? Du kümmerst dich nur um andere, willst überall mitmischen, da hattest du gar keine Zeit, dich mit so was zu beschäftigen. Das benötigst du, um wichtig vor dir selbst zu erscheinen. Deine Freunde hast du dir nur so ausgesucht, dass sie für dich förderlich waren. Selbst deine tausend Typen, mit denen du im Bett warst, wurden so ausgesucht. Haben sie Geld, können sie mich weiterbringen?“
Sandra wollte auffahren, war aufgebracht, was er da für einen Mist von sich gab, beherrschte sich aber gerade noch rechtzeitig. Er war durch die miserablen Umstände verwirrt.
„Das ist ungerecht, aber unwichtig. Brauchst du etwas? Soll ich dir etwas bringen?“
„Nein! Das Mia ermordet wurde ist dir egal. Du freust dich sogar darüber, aber für mich war sie alles. Sie war das Beste, das mir jemals passiert ist. Die letzten Wochen mit ihr war ich so glücklich wie lange nicht zuvor. Sie war so ein lieber, sanfter Mensch. Mein kleiner, zerbrechlicher Schmetterling, der nicht leben durfte.“ Seine Stimme wurde leiser. Sie verstand ihn kaum noch. „Mein kleiner zarter, feingliedriger Schmetter- ling.“
„Volker, nicht mehr lange, glaube mir. Ich verfolge eine andere Spur und tue wirklich alles.“
„Ist gut. Danke, für alles was du immer für mich getan hast.“
„Komm, hör auf. Du bist mein Bruder. Lass den Kopf nicht hängen. Das stehen wir durch und in ein paar Tagen ist dieser Albtraum zu Ende.“
„Ja, dann ist er zu Ende.“
Sie wollte so gern seine Hand nehmen, ihn umarmen, ihn trösten, aber sie durfte es nicht.
„Ist dir noch etwas eingefallen, das mir helfen könnte?“
„Nein, Kommissar Briester war mehrmals hier. Ich habe ihm alles gesagt. Ein netter Kerl. Er bringt mir jedes Mal etwas mit. So Schokolade, Cola, sogar Hamburger. Ich mag ihn. Er hat mir endlich die Augen über dich geöffnet, du miese Lügnerin.“
„Sehr nett! Er ist ein guter Bulle und er wird dir helfen“, gab sie lakonisch von sich, verzog das Gesicht. „Aber ich werde dich so schnell wie möglich herausholen. Ich tue wirklich sehr viel dafür. Ich schaffe es. Verspro- chen! Du weißt, für dich mache ich alles. Dann kommst du wieder zu mir, hast null Komma nichts Mia und den Schlamassel vergessen.“
„Du bist so widerlich,
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