Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
viel vertelln.“
Er hockte sich hinunter, schaute die Beine der Frau an. „Konfluieren der Totenflecke, eher fünf, sechs Stunden, vermute ich. Die Totenstarre ist noch nicht vollständig ausgebildet. Kann das passen? Was ist mit der Tatwaffe?“ Er stand auf, musterte den Leichnam.
„Ja, ein simples Steakmesser, gewellte Schneide, lag neben der Toten.“
Der Kopf lag schräg zur Wand, wirkte irgendwie verrenkt. Sie musste sich nach dem ersten Stich an die Wand gelehnt haben. So saß sie, als man folgend auf sie eingestochen hatte. Erst später war der Kopf zur Seite gekippt.
„Wer hat sie gefunden?“ Er blickte dabei auf die junge Frau. Sie muss eine Schönheit gewesen sein, selbst jetzt sah sie irgendwie niedlich aus. Wer tat ihr so etwas Grausames und Brutales an und warum? Das war bestialisch, konnte man fast als Folterung bezeichnen.
„Ein Ehepaar, das zur Arbeit gehen wollte und denen die offene Wohnungstür aufgefallen ist“, berichtete Oberkommissar Resser seinem Chef. „Sie haben erst geklopft, gerufen, dann ist er hineingegangen, hat sie gefunden, einen Krankenwagen und die Polizei gerufen.“
Er blickte von der Toten auf, musterte den winzigen Raum, entdeckte zwei Weingläser, deutete darauf. „Sie hatte anscheinend Besuch.“
„Noch etwas. Jemand muss sie vor wenigen Tagen misshandelt, verprügelt haben. Zahlreiche Hämatome. Unfall ausgeschlossen.“ Doktor Richter schob den Pullover ein wenig hoch und Daniel erblicke zwei große dunkelblaue Stellen. Wie groß präzise war nicht erkennbar, da alles blutverschmiert war.
„Auf dem Dekolleté sind unzählige kleine blaue oder grüne Flecken. Am Arm sieht man es ebenfalls. Es hat jemand richtig zugeschlagen.“ Der Gerichtsmediziner hob den linken Arm und er musterte die zwei halb-runden Hämatome näher. „Im Gesicht gibt es Spuren von Schlägen, eine Platzwunde. Die Schnitte im Gesicht sind frisch, nicht sehr tief. Die übrigen Schnitte am Körper wesentlich tiefer, durchtrennen Haut- schichten, Muskeln. Brachiale Gewalt wurde da angewandt.“
Daniel Briester, erster Kriminalhauptkommissar beim LKA Hamburg nickte, strich durch seine Haare, die inzwischen trocken waren, und hockte sich hinunter.
„Das sieht fast wie Abdrücke von Schuhen aus. Als wenn man sie getreten hätte.“
„Ja, könnte sein. Mehr und genaueres könnt ihr es später auf den Bildern sehen, wenn man das Blut abgewaschen hat.“
„Scheun’n Schiet! Weer mokt so wat? Es ist widerlich. Noch mehr?“
Der Gerichtsmediziner sah zu ihm auf, grinste, schüttelte den Kopf. „Mehr nach der Obduktion. Dat weer schön, wenn Se uns ook verrood, Tagenbaren.“
„Ich verstehe Sie, Doktor Richter. Danke!“ Daniel wusste, dass er die ersten Pluspunkte eingeheimst hatte.
Er verließ die Küche und schaute das Schlafzimmer an. Ihm fielen einige Fotos über dem Bett auf, blickte kurz in das Bad. Nur eine Zahnbürste. Nichts deutete auf einen Mann hin.
„Gibt es Anzeichen, dass man sie bestohlen hat?“
„Das Portemonnaie mit ein bisschen Geld ist noch da, ansonsten sieht es nicht so aus, als wenn es etwas zu klauen gebe.“
Er musterte kurz seinen Mitarbeiter, bevor er das Wohnzimmer betrat. Auch hier erblickte er ein Foto von dem jungen Mann, der in die Kamera lächelte. Er ergriff den Rahmen, entfernte das Bild daraus. Ich liebe dich, mein kleiner Schmetterling, Volker, las er.
„Wir müssen wissen, wer dieser Volker ist.“
Er reichte das Foto weiter, während er Schubfächer öffnete. Kleine Zettel mit Herzchen, Blumen, Küsschen versehen. Bis heute Abend! Du fehlst mir! Ich liebe dich! Danke, für die schöne Nacht! Mein kleiner Schmet- terling, heute Abend gehen wir groß aus.
Er packte alle zusammen, steckte sie in einen Plastikbeutel. Schien noch frisch verliebt gewesen zu sein, dachte er zynisch, aber bevor er seine Gedanken schweifen ließ, verdrängte er es sofort.
„Hatte sie kein Handy?“
„Noch keins gefunden. Das Telefon ist ein altertümliches Modell, ohne Display, Wahlwiederholung. Zwei Beamte sind auf dem Weg zu den Eltern. Sie wohnen in Hannover.“
„Der Täter muss auf jeden Fall Blutspuren an der Kleidung, an den Schuhen haben. Dass ergeben die Spuren, schätze Größe vierundvierzig mit Profil.“
Daniel Briester wandte sich zu der Frau von der Spurensuche um. „Ein Mann also? Daniel Briester.“
„Ilona Trackmann, Kriminaltechnikerin. Frauen sind selten so grausam, außer wenn sie voller Hass sind“, lächelte sie. „Aber ich denke, ja, ein Mann. Die
Weitere Kostenlose Bücher