Daniel Briester - Tödlicher Wahnsinn
sie hat mich angebaggert."
"Deswegen haben Sie das vor zwei Tagen gleich gemeldet? Nein, Sie vernehmen junge Mädchen, Freundinnen, und als das zur Sprache kommt, werden Sie ausfallend, wollen der Beschuldigten sofort weitere Strafvergehen anhängen, bedrohen ein 17-jähriges Mädchen. Danach lassen Sie rasch die Aufnahme verschwinden. Ihre kriminelle Energie ist unbeschreiblich. Das wird nicht nur ein weiteres Strafverfahren gegen Sie und Herrn Wasgen geben, sondern auch ein Disziplinarverfahren gegen Sie beide. Im Übrigen wollten wir bereits gestern Nachmittag mit Ihnen sprechen, nur leider waren Sie einmal mehr nicht anwesend."
"Ich musste mit meiner Tochter zum Arzt."
"Herr Briester, Sie waren nicht zuhause, sondern bei Ihrer Schwägerin Tina Briester. Sie können gehen."
Er verließ das Gebäude, weil er sonst oben aufgeräumt hätte. Das hatte er nur Heiner zu verdanken, diesem Mistkerl.
"Sag mal, wie bist du auf die Idee gekommen, dein Geld in ein Tigergehege zu stecken?", erkundigte er sich abends, als die Kinder schliefen.
"Es ist nicht mein Geld, sondern Frank´s. Er hat es mir damals zum Geburtstag geschenkt, weil ich ihn vorher davon erzählt habe."
"Er hat dir fünf Millionen geschenkt?", forschte er fassungslos nach. Bescheuert! Wie kam ein Mensch auf die Idee, Millionen für ein Vieh auszugeben oder irgendeiner Braut zu schenken?
"Etwas mehr für meinen Tiger."
"Erzähl." Er lehnte sich zurück.
"Ich war seit Jahren nicht im Zoo gewesen, weil ich all die eingesperrten Tiere bedauere. Sie tun mir leid. Die Büsche, Sträucher und Bäume sollen den Besuchern und vielleicht den Tieren vorgaukeln, sie würden in einer natürlichen Umgebung aufwachsen. An dem ist es aber nicht - leider. Sie sind Gefangene. An dem Tag machte ich wegen Alina eine Ausnahme. Sie wollte unbedingt die Tiere sehen. So bummelten wir durch den Zoo. Wir blieben vor dem Tigergehege stehen. Das große imposante Tier drehte seine Runde. Jenseits des betonierten, mit brackigem Wasser gefüllten Grabens, schritt er rastlos hin und her. Er bewegte sich so geschmeidig, ließ bei jeder Bewegung seine Muskeln spielen. So ein schönes gewaltiges Tier sollte in Freiheit leben, schwirrte es mir durch den Kopf. Das schwarz-braun gestreifte Fell glänzte in der Sonne und er sah so wunderschön aus. Er drehte sich erneut, lief hin und her, hin und her. Abermals drehen und es begann von vorn. Plötzlich blieb er stehen, hob sein mächtiges Haupt und schien mich anzusehen. Riesige Augen schauten mich an, Augen voller Traurigkeit, so kam es mir jedenfalls vor. Augen, die zeigten, dass er resigniert hatte. Ich bin dazu verurteilt in Gefangenschaft zu leben, mach du nicht den gleichen Fehler, schien er mir zu sagen. Er blickte mich unverwandt an und ich glaubte, seine Botschaft zu verstehen. Schau mich an, was aus mir geworden ist, was die Gefangenschaft aus mir gemacht hat. Das ist kein Leben, sondern ein Dahinsiechen. Mach du nicht den Fehler, kam es wie eine Nachricht bei mir an. Ich bin allein und du bist es. Ändere dein Leben, du kannst es - ich nicht, schien er zu sagen. Minutenlang schaute das schöne Raubtier mich an. Ich hatte die Menschen um mich herum vergessen. Es gab noch die grünen Augen des Tigers und mich. Hätte ich über die Mauer und den Graben gekonnt, hätte ich es getan. Ich wusste, er würde mir nichts tun.
Prinzessin, er starrte dich fasziniert an, holte mich damals Frank in die Wirklichkeit zurück. Er hat deine Augenform und die gleiche Farbe. So ein wunderschönes Grün.
Frank, er ist so allein. Schau ihn dir an, wie er leidet, hab ich gesagt.
Du spinnst, hat er geantwortet. Er kennt es nicht anders.
Nein, er fühlt sich allein. Was kostet ein Tigerweibchen?
Er hat mich ausgelacht und gesagt, komm lass uns weitergehen, sonst springst du noch zu ihm hinüber. Wer weiß, ob er nicht gerade gedacht hat, du wärst ein leckerer Happen.
Nein, das hat er nicht gedacht, hab ich ihm gesagt. Frank hat mich hochgenommen und im Kreis geschwenkt, geküsst. Der Tiger sah das und knurrte, als wenn ihm das missfallen würde. Ich glaube, der ist eifersüchtig, hat Frank gelästert.
Eine Woche später hatte ich Geburtstag. Frank weckte mich morgens mit einem Tiger, der riesengroß war und sehr lebensecht aussah. Ich habe ihn ausgelacht, fand es aber ein sehr, sehr hübsches, liebevolles Geschenk. Der Tiger trug ein Kuvert um den Hals. Ein Brief war darin. Meine kleine wunderschöne, bezaubernde Prinzessin, ich bekomme ein großes neues
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