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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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der Männer zu glänzen begannen, der Torf im Ofen glühte und der Wirt seine fiddle von der Wand nahm, würde dem einen oder anderen einfallen, vom Freund seines Freundes gehört zu haben, dass die Schwägerin seines Cousins dritten Grades in einer sternenklaren Nacht beobachtet hatte, wie sich die Elfen von Munster beim Hurlingspiel gegen die Geister von Connaught vergnügten. Irgendwann artete dieses Spiel, an dem auch zwei Menschen teilnahmen, in einen Kampf aus, bei dem die Geister von Connaught schnell die Oberhand gewannen. Die Gastgeber aus Munster verwandelten sich daraufhin in geflügelte Käfer und fraßen das Land ringsum kahl, bis Tausende von Tauben aus einem Loch im Boden aufstiegen und wiederum die Insekten auffraßen.
    Iren! Unmöglich nachzuvollziehen, was in ihren Köpfen vorging!
    Suse starrte aus dem Fenster. Halluzinationen, Illusionen, Märchen und Wirklichkeit. Hier, auf Sean Garraí mit seinem Zauberhügel und dem magisc hen Kreis mit seiner Feentriade gab es nur wenig Raum zwischen diesen Dingen. Und erst recht keine Grenzen.
    Lurgadhan de Búrca hatte ebenfalls behauptet, um Samhain würde die Tür zwischen dieser und der Anderswelt weit geöffnet sein, sodass man von einer in die andere Welt gehen konnte. Wer indes Pech hatte, schaffte es nicht mehr zurück. Denn am Abend des einunddreißigsten Oktober ging der Sommer zu Ende, während der Winter und damit das neue Jahr erst am Morgen des ersten November begann. Die Nacht dazwischen hing also quasi in der Luft und kein vernunftbegabter Mensch setzte an All Hallow's Eve seinen Fuß vor die Tür, damit er nicht in dieser Zeit zwischen den Zeiten verloren ging.
    Das war auch nur so ’ne Geschichte, aber man wusste ja nie …
     
    Als das Klappern von Besteck und Geschirr unüberhörbar zum Abendessen rief, musste sich Suse mit Gewalt von ihren Gedanken losreißen. Sie fühlte sich, als würde sie zwischen den Welten treiben. Irgendetwas Seltsames ging hier vor. Ein halbes Jahr noch bis Halloween, aber vielleicht hatte ein Elf sie schon mal probeweise auf den Kieker genommen?
    Lustlos stocherte sie in ihr em Essen und lauschte schweigsam der wie immer ausgelassenen Unterhaltung der Ó Briains und der beiden Mädchen. Matty hatte sich telefonisch entschuldigen lassen, verkündete Máire mit Grabesstimme, da er mit einem Bekannten auswärts essen würde. Dabei streifte ihr Blick wie aus Versehen den deutschen Gast, der diese Nachricht scheinbar ungerührt zur Kenntnis nahm.
    Tatsächlich hatte sie bloß mit einem halben Ohr zugehört. Pah , Matthias Clausing! Wen kümmerte schon, was der trieb? Wesentlich interessanter fand sie die Erklärungen zu Samhain , dem höchsten Feiertag der Kelten, an dem der Schleier zur Anderswelt angeblich völlig verschwand und man den Ahnen begegnen konnte. Nicht allein bei den Iren, ebenfalls bei den Festlandkelten hatte dieser Tag eine derart überragende Bedeutung besessen, dass es der Kirche nicht gelungen war, dieses heidnische Fest abzuschaffen. Papst Gregor änderte es deshalb im Jahr 731 in den christlichen Gedenktag Allerheiligen, den Feiertag zur Verehrung der Heiligen. In Deutschland dauerte es sogar mehr als hundert Jahre länger, bis Allerheiligen auch dort eingeführt wurde. All Saints Day oder All Hallows Evening . Halloween. Die Christen übernahmen – und nicht bloß in diesem einen Fall – bereits vorhandene heidnische Bräuche und veränderten sie in ihrem Sinn. Sie überwanden die Kluft zwischen christlichem und heidnischem Glauben, indem sie sich klugerweise auf Ähnlichkeiten und nicht auf Unterschiede konzentrierten und schon gar nicht versuchten, den alten Glauben auszulöschen.
    Natürlich wollte die katholische Kirche irgendwann die Tuatha de Danaan loswerden. Also ließ sie die einstmals mächtigen Götter und Feen, die riesige Steine schleudern konnten und bei einem dieser Spiele den Giant's Causeway im Norden Irlands errichteten, auf die lächerliche Größe von Schmetterlingen schrumpfen. Obendrein verpassten sie ihnen alberne Flügel, um daran zu erinnern, dass es sich um gefallene Engel handelte, und erfand allerlei Horrorgeschichten über Wechselbälger, die Sheerie und den Grauen Mann.
    Suse bemühte sich erst gar nicht , der Versuchung zu widerstehen, nach dem Essen ein weiteres Mal der Bibliothek einen Besuch abzustatten. Eifrig studierte sie die Titel der Bücherreihen im Regal. Sie erinnerte sich, am Nachmittag irgendwo eine Ecke entdeckt zu haben, die den Schmökern

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