... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Keegan, der in das Dunkel der Kneipe gestolpert kam und sich suchend umblickte. Seine Wangen waren glatt wie ein Kinderpopo und von roten Flecken übersät, als hätte er sich nicht bloß übermäßig gründlich rasiert, sondern obendrein mit Schmirgelpapier abgeschrubbt. Sein bei ihrer letzten Begegnung struppiges, ungeschnittenes Haar war zwar noch immer viel zu lang, heute dagegen hatte er es mit glänzender Pomade am Kopf festgeklebt. Suse musste an sich halten, um nicht loszulachen. Die Tolle auf seiner Stirn verlieh ihm ein leicht schwachsinniges Aussehen.
Wenngleich die Holländerinnen laut genug redeten, um damit die Aufmerksamkeit aller auf sich zu ziehen, ließ er sich nach einer linkischen Verbeugung vor Suse auf dem Stuhl ihr gegenüber nieder. Ein Wink in Richtung Theke genügte und wenig später wurden drei gefüllte Gläser auf den Tresen geschoben.
„Hast du dich verlaufen, Níall? “, frotzelte Máirtín. „Oder hat dir Ryan O’Donoghue Lokalverbot erteilt?“
„Grünschnabel! Man sollte meinen, deine mam hätte dir mehr Respekt beigebracht.“ Níalls knurrige Miene verwandelte sich in ein durchtriebenes Grinsen. „Obwohl mir die Luft hier schon wesentlich trockener als anderswo vorkommt, findet ihr nicht auch?“
Schneller, als Sus e gucken konnte, hatte er sein Glas geleert.
„Trocken hier. Wird besser sein, du holst mir noch ein Guinness.“
„Hast dich heute richtig rausgeputzt. Nicht, dass du auf Brautschau bist, Níall.“ Máirtín deutete mit dem Kopf zu den Meisjes. „Was meinst du, bei welcher wirst du landen?“
„ Alte Schachteln hatte ich zur Genüge.“ Er schmachtete Suse an. „Aber du, meine Prinzessin, machst mir schon Appetit. Wie wär’s, willst du mich heiraten?“
Amerikanische Touristen in einem Alter jenseits von Gut und Böse – sie schienen direkte Nachfahren von Auswanderern nach der Kartoffelseuche vor hundertfünfzig Jahren zu sein – stürmten in eben diesem Moment den Pub und rangelten um die ersten Plätze am Tresen.
„Oder muss ich mich vorher mit dem Grafen duellieren?“
„Weshalb sollte … Na, niemals, Níall! Denn erstens hat er keinerlei Ambitionen zu heiraten und außerdem hat Máire großen Wert darauf gelegt, ihm Achtung vor dem Alter einzutrichtern.“
„ Ach? Hat sie das?“ Níall fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. „Muss mir entgangen sein. Seinem Alten gegenüber hat er es jedenfalls gewaltig daran fehlen lassen.“
Instinktiv sperrte Suse Augen und Ohren weiter auf in der Hoffnung , weitere Neuigkeiten zu erfahren.
„Er wäre jetz t etwa so alt wie ich. Und tatsächlich habe ich ihn recht gut gekannt. Als junger Bursche war Lord Tomás zugänglich und freundlich, immer froh gelaunt und hilfsbereit. Und so verliebt wie jeder gesunde Normalsterbliche, als er Deirdre begegnete. Was natürlich kein Wunder war, hatten doch sämtliche Kerle der Gegend im heiratsfähigen Alter ein Auge auf sie geworfen. Was für eine Schönheit! So sanft und rein und unverdorben, wie du heute keine mehr findest. Als sie ihn erhörte und ihm ihr Herz schenkte, freuten sich alle für Lord Tomás, da wir ihn wirklich mochten und ihm sein Glück gönnten.“
„ Warst du etwa ebenfalls in die Mutter von Matthias verliebt? Ich glaube, dann würde er sich das mit dem Duell tatsächlich noch mal überlegen.“
Eigenartigerweise stieg Níall schlagartig das Blut zu Kopf, als hätte er bereits zu viel getrunken – was natürlich angesichts der fünf oder sechs Pints eine vollkommen lächerliche Vorstellung war.
Mit einem Ruck erhob er sich, rülpste hinter vorgehaltener Hand und schwankte in Richtung Ausgang davon , ohne auf Suses Frage zu antworten oder auch nur einen simplen Gruß zum Abschied an sie zu richten.
27. Kapitel
„ Was war denn das? Habe ich was Falsches gesagt? Ich wollte ihn keineswegs vertreiben.“
„Mach dir nichts draus.“ Máirtín zuckte ungerührt mit der Schulter. „War von jeher ein komischer Kauz, sodass es niemanden gewundert hat, als seine Frau das Weite gesucht hat. Die Hauptsache für ihn ist, er kriegt von jemandem ein Bier spendiert. Oder drei. So schnell wie er schluckt keiner.“
„Du entschuldigst bitte. Ich bin sofort wieder zurück.“
„Aber es geht gleich los!“
Suse kümmerte sich nicht um Máirtíns Einwand, schnappte sich ihre Jacke und hob ihre Hand zum Gruß. Sie wusste nicht genau, was sie Níall fragen wollte, als sie hinter ihm her auf die Straße eilte. Doch ein todsicheres
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