... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Beute?“
„Pssst!“, machte er und ein vergnügtes Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. „Nicht so laut. Draíodóir wird leicht nervös, wenn ihn jemand anbrüllt. Und dann, mein Mädchen, Gnade uns Gott.“
Ihr Kopf flog herum und sie funkelte Matthias wütend an, hielt sich jedoch mucksmäuschenstill aus Angst, der Rappe könnte sich auf seine Weise für ihr Geschrei revanchieren.
„Besser so?“, flüsterte er ihr ins Ohr und rückte sie noch etwas bequemer.
Und hätte sie am liebsten sofort weit von sich geschoben. Mit dieser prompten Reaktion auf ihre Nähe hatte er nicht gerechnet und er fragte sich, ob er von allen guten Geistern verlassen worden war. Hoffentlich schenkte Suse im Gegensatz zu ihm den Dingen oberhalb seiner Körpermitte ihre Aufmerksamkeit.
„Und wo bleibt jetzt dein Dank für mich?“
„Lass … mich … runter“, zischte sie.
„Du hast es versprochen. Außerdem würdest du dir das Genick brechen. Hast du schon mal nach unten geguckt?“
Das ließ sie aus gutem Grund bleiben, dafür fiel beinahe er aus dem Sattel, als sie sich mit einem Ruck zu ihm umdrehte, ihre Arme um seinen Nacken schlang und sich ihr Mund wie ein Blutegel an seinem Hals festsaugte.
„Du Biest!“, keuchte er und rieb vorsichtig über die zarte Haut, die sich spätestens am Abend tiefrot gefärbt haben würde.
„Wer sich benimmt wie ein grünes Jüngelchen, dem sollte es wohl auch nichts ausmachen, wie einer auszusehen.“
„Geschieht mir Recht, was?“ Er grinste schief. „Um ehrlich zu sein, ich fühle mich ganz genauso. Wie damals …“, er überlegte kurz, „vor einem Vierteljahrhundert. Du bringst wirklich das Beste in mir zum Vorschein , Wireless .“
„Das?! Das ist dein Bestes?“, fragte sie ungläubig. Geschockt.
Er gab einen schwer zu deutenden Grunzlaut von sich, der vermutlich Zustimmung und gleichzeitiges Bedauern ausdrücken sollte.
„Ich fürch te, ja“, übersetzte er.
Mit einem kurzen Pfiff brachte er Bainis dazu, neben Draíodóir stehen zu bleiben. Behutsam hob er Suse zurück in ihren Sattel, half ihr in den Steigbügel und reichte ihr schließlich die Zügel. Bewunderung lag auf seinem Gesicht, als er beobachtete, wie sie Bainis beruhigend den Hals klopfte.
„Schaffen es die Pferde bis da hoch?“ Sie deutete den Hügel hinauf. „Dort bin ich für mein Leben gern.“
„ Lass es uns ausprobieren. Weißt du, manchmal, wenn ich Ossi wieder in Deutschland zurückgelassen hatte und ich mutterseelenallein an diesem Platz saß, spürte ich, dass er ganz nah bei mir war. Nicht nur in Gedanken, sondern … so richtig. Genauso richtig, wie ich … wie ich mich neulich mit ihm unterhalten habe. Ich habe mich nicht einmal gewundert, als er plötzlich vor mir stand und mit mir redete, als wäre er nie fortgegangen. Verstehst du das?“
Es verblüffte sie ein ums andere Mal, dass sie Matthias in letzter Zeit tatsächlich immer besser verstand. Sollte sie ihm gestehen, dass auch sie sich Adrian hier näher fühlte, als sie ihm zu Lebzeiten je gekommen war? Adrian hatte ihr versichert, dass dies sein Lieblingsplatz gewesen ist. Noch immer war.
„Ich konnte ihn nicht sehen“, fuhr er fort, nachdem Suse nichts erwiderte. „Aber stets war mir, als wäre ich nicht wirklich allein. Ich habe nie gewagt, jemandem von diesem eigenartigen Gefühl zu erzählen. Vermutlich hätte man mich sofort auf Schizophrenie untersucht. Verfolgungswahn. Irgendwie muss sich das über die Jahre erhalten haben. Ich glaubte fest daran, dass Ossi diesen Platz kannte.“
„Und? Hast du ihn danach gefragt?“
„Als ich mich danach erkundigte, hat er lediglich gelacht. Er hat mich ausgelacht. Trotzdem klang sein Lachen wie eine Bestätigung. Er hat nie gelogen. Kein einziges Mal. Wenn er auf eine Frage nicht wahrheitsgemäß antworten wollte oder konnte – aus welchem Grund auch immer –, hat er einfach geschwiegen.“
„Ich weiß. Als wir damals mit der ‚Heinrich’ in Lerwick auf den Shetlands waren …“
A cht Jahre war es her, dennoch erinnerte sie sich derart deutlich, als wäre es gestern gewesen. Es war das erste Mal, dass Adrian mit ihr gemeinsam einen Landgang unternommen hatte. Das einzige Mal.
„Er schwärmte von der Luft und der rauen Schönheit und kargen Landschaft und dann …“
Dann war er dermaßen überwältigt vom Anblick der schottischen Insel Mainland gewesen, dass er sich verraten hatte. Aus heiterem Himmel hatte er ihr offenbart, wie sehr ihn die Shetlands an seine
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