... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
einmal.“
„ Ein Cluricaun“, wiederholte Suse jetzt schon ungeduldiger. „Hättest du ein wenig aufmerksamer den alten Geschichten von Máire gelauscht, wüsstest du, dass Lurgadhan nichts anderes als der in Munster gebräuchliche Name für den Leprechaun ist. Leipreachán .“
Offenbar meldete sich sein Erinnerungsvermögen zurück. Im Schneckentempo.
„ Oh nein, komm mir nicht damit! Ich weiß viel zu gut, was das bedeutet. Und dazu brauche ich keins von Máires Märchen zu hören. Er ist ein Betrüger!“
„ Weil er mal wie ein abgewrackter Landstreicher, mal wie ein aufgeblasener Pfau aussieht und dem Alkohol zuspricht? Von dieser Sorte kenne ich eine ganze Menge mehr Leute.“
Oh ja! Hatte er behauptet, sie wäre friedlicher geworden? Ihre Spitzen trafen n ach wie vor ihr Ziel.
„Er ist bereits einige Male aufgefallen, weil er im Dorf Unfug trieb. Und nicht bloß dort! Ich habe ihn dabei erwischt, wie er sich über meinen Weinkeller hermachen wollte!“
„Davon wusste ich gar nichts. Ich meine, du hast kein Wort über diese Begegnung der außergewöhnlichen Art verlauten lassen.“
„Er ist mir entwischt“, gab Matthias zerknirscht zu.
Be i diesen Worten brach Suse in solch wildes Gelächter aus, dass ihr die Tränen über die Wangen kullerten.
„Sollte mir ein unbeabsichtigter Scherz unterlaufen sein?“
„Ach, Matt’n, ist dir das nicht Beweis genug? Was wäre er für ein erbärmlicher Cluricaun, wenn er das nicht täte? Harmlose Streiche, mit denen er sich dafür rächt, was die Menschen dem Feenvolk angetan haben, mehr ist es echt nicht. Die paar lumpigen Flaschen Wein haben dir sicherlich nicht wehgetan, zumal er ohnehin viel lieber Poitín trinkt.“
Sie wischte sich mit dem Ärmel die Tränen vom Gesicht.
„ Poiteen. Was weißt du von Poiteen?“
„ Hast du dich jetzt eigentlich schon irgendwie entschieden, wie es in Zukunft bei dir weitergeht?“, rief sie ihm über die Schulter zu und unterbrach damit sein Grübeln, um ihn von dem Cluricaun und Fragen zu dem heiklen Thema Poitín abzulenken.
„In Zukunft?“
Sie schaute sich um und verfolgte, wie er hinter ihr her taumelte. Suse unterdrückte einen Seufzer und schüttelte den Kopf. Männer konnten wirklich hinderlich sein.
„Ich meine, wenn du deine Angelegenheiten hier erledigt hast.“
„Welche Angelegenheiten?“
Hilfe! Und furchtbar schwer von Begriff!
Er blickte geistesabwesend auf. Es fiel ihm schwer, auch nur einen einzigen zusammenhängenden Gedanken zu fassen.
„Mein Gott, Matt’n, irgendwie stehst du heute auf der Leitung. Soll ich dir vielleicht eine Zeichnung machen? Was ich gerne von dir wissen möchte“, begann sie von vorn und sprach dabei jedes Wort übertrieben deutlich aus, „ist, ob du eine zumindest vage Vorstellung davon hast, wie lange du hier bleiben wirst. Auf Sean Garraí. In Killenymore. Munster. Irland. Wann wirst du all die geschäftlichen Dinge auf deinen Gütern geregelt haben, die dich momentan beschäftigen? Wirst du dir anschließend ein neues Schiff suchen? Wirst du in Rostock bleiben oder dich aufs Altenteil in Killenymore zurückziehen? Zukunftspläne. Pläne für die nächste und fernere Zeit. Schon mal davon gehört?“
Ihre Worte versetzten ihm einen Stich mitten ins Herz. Ja, jetzt hatte er verstanden. Sie drängte darauf , nach Hause zu fahren. Trotz aller vagen Hoffnungen, die sich in ihm während der letzten Tage festgesetzt hatten, sollte es ihn nicht wundern. Sie beschäftigte sich lediglich deshalb mit der gälischen Kultur, weil sie sich dadurch Adrian näher fühlte. Er selbst hatte sich und seine Chancen überschätzt und war darüber fast zum Träumer geworden. Er! Wann bloß wollte er akzeptieren, dass er nicht der Mann ihrer Träume war? Nie sein würde? Sie würde mit ihm schlafen, sie würden für eine Weile den Spaß am Sex miteinander teilen, aber es würde keine Versprechungen geben, keine Treueschwüre. Keine gemeinsame Zukunft.
„Zukunft. Ich weiß nicht“, sinnierte er müde. „Ich habe über legt, die Wohnanlage in Rostock loszuwerden.“ Er unterbrach sich, als er bemerkte, wie Suse vor Schreck die Luft anhielt.
„Das alles wächst mir allmählich über den Kopf“, entschuldigte er sich. „Ich … ich habe schon fast den Überblick verloren, weißt du? Und die Seefahrt … Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich überhaupt jemals wieder fahren werde.“ Er lachte kläglich. „Ob ich es möchte. Du hast selbst gesehen, dass es hier
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