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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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im Traum nicht ausgemalt, in welch rührender Weise die Ó Briains um mich bemüht sein würden. Wildfremde Menschen! Und sie tun das nicht, weil du es ihnen befohlen hast oder sie dafür bezahlst, richtig? Ich hätte mir nie vorstellen können, längere Zeit an einem Ort bleiben zu wollen. Hier dagegen, ganz plötzlich, habe ich das Bedürfnis, morgens aufzuwachen und Dinge zu sehen, die ich schon tausendmal gesehen habe, vertraute Geräusche zu hören und Menschen zu begegnen, deren Namen und Geschichten ich kenne und die auf der Straße stehen bleiben und mehr als höchstens einen flüchtigen Gruß mit mir wechseln.“
    Sie kam sich wie ein Trottel vor bei dieser gestelzten Rede. Warum sagte sie ihm nicht auf den Kopf zu, was sie ihm zu sagen hatte? Ein Kerl wie ein Berg, er würde es verkraften.
    „Ich fühle mich schon wie zu Hause auf Sean Garraí.“
    Und Matthias Clausing lief geradewegs gegen einen Baum.
    „Nichts … nichts passiert“, beeilte er sich zu versichern, als er ihren besorgte n Blick auf sich gerichtet sah. Der Aufprall hatte ihn in Wirklichkeit weniger betäubt als ihre Enthüllung.
    „Heilige Scheiße“, fluchte er leise vor sich hin und rieb sich verstohlen die Stirn. „Wer hat den ausgerechnet hierher gestellt?“
    Sie blieb stehen und hob fragend die Augenbrauen. „Hast du was gesagt?“
    „Nein, nein. Mir … geht es gut.“
    Abgesehen von einem wild pochenden Herzen, dem rasenden Puls und schmerzenden Lenden. Und einem Schädel, in dem die Gedanken wie kollidierende Motorräder durcheinander rasten.
    Sie musterte ihn skeptisch. „ An bhfuil tú cinnte ?“
    „ Tá agam .“
    Sein Kopf flog mit einem so heftigen Ruck in die Höhe, dass er erneut stolper te – dieses Mal über seine eigenen Füße. Mit Augen groß wie Wagenräder starrte er die Frau an, als er sein Gleichgewicht wieder gefunden hatte. Der Mund stand ihm vor Staunen offen und Suse widerstand lediglich mit Mühe der Versuchung, vor seinem Gesicht in die Hände zu klatschen.
    „Du … du … du hast gerade … du hast … Irisch gesprochen.“
    „ Tá dhá focal Gaeilge agam . Und du hast mir auf Irisch geantwortet.“ Sie zuckte gleichmütig mit den Schultern, als sei es das Normalste auf der Welt, eine Sprache zu benutzen, die selbst die Einheimischen mieden. „Ja, und? Tóg go réidh é .“
    „Das … das ist aber nicht dasselbe.“
    Sie stieß zornig den Atem aus und stemmte die Fäuste in die Seiten. „Ich möchte nur einmal – ein einziges Mal! – erleben, dass es dasselbe ist, wenn wir beide das Gleiche tun!“
    „ Cén fáth a bhfuil Gaeilge agat ?“
    „Ich habe nicht mehr getan, als den Rat eines alten Bekannten zu befolgen, der meinte, es würde sich lohnen.“
    „Es würde sich lohnen?“
    „Bist du mein Echo, oder was? Aber ja, es lohnt sich, Gälisch zu lernen, wie ich inzwischen eingesehen habe. Außerdem liebe ich den Klang dieser Sprache, diesen Rhythmus. Es hat was Geheimnisvolles an sich. Man hört den Wind darin wispern und die Wellen rauschen, das schmatzende Geräusch des Moores und das Zwitschern der Vögel. Irgendwie fühle ich mich Adrian näher, seit ich mir ein paar Worte Irisch gemerkt habe. Es ist, als ob …“
    „Ein alter Bekannter?“, stieß er hastig hervor und es schwang mehr als bloße Neugier in seinem Ton mit.
    Er kannte eine Menge Leute, die den „Ring“ voller Stolz auf der Brust zur Schau trugen. Wer von denen hatte Suse dazu gebracht, eine Sprache zu lernen – sie zu lieben! –, die unmöglich zu erlernen war? Wie war es diesem Bekannten gelungen, sie von der Schönheit seiner Sprache zu überzeugen? Wem? Máire? Ean oder Fearghais? Oder einem ganz anderen?
    Suse sprach Gälisch! Wie ein Blitz aus heiterem Himmel kehrte die Erinnerung an Beltane wieder. Sie hatte sich schon damals mit Ean auf Gälisch unterhalten! Dabei bestand keinerlei Notwendigkeit, eine Sprache zu lernen, die nicht allein tot, sondern bereits derart vergammelt war, dass es nicht die geringste Verwendung dafür gab. Es existierte kein Ire, der nicht ein wie auch immer geartetes Englisch sprach.
    „Wer?“, fragte er grimmig.
    „Lurgadhan de Búrca.“
    „Lurgadhan?“ Matthias blieb stehen, zog die Stirne kraus und durchforstete angestrengt sein Gehirn. „Ein außergewöhnlicher Name. Ich glaube, ich kenne ihn“, brummelte er schließlich vor sich hin. „Ich habe ihn schon mal gehört, kann mich bloß nicht erinnern, wo und wann. Ganz bestimmt kenne ich ihn. Frag mich morgen noch

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