... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
so vieles zu tun gibt. Zumal jetzt, da ich mir ein paar wunderbare Pferde für die Zucht ausgesucht habe. Was soll ich in Rostock?“
Wenn du mich nicht bei dir haben willst?
„Dort vermisst mich niemand. Die Besatzung der ‚Heinrich’ wurde auf andere Spezialschiffe verteilt. Es gibt genügend Kapitäne in der Reederei.“
„Aber garantiert keinen wie dich! Und überhaupt, wie stellst du dir ein Leben ohne Seefahrt vor? Ohne das erhebende Gefühl, ein Schiff zu kommandieren? Ohne deinen Männern Befehle zu erteilen wie der Allmächtige persönlich? Was ist los mit dir? Ist etwas in deinem Kopf durcheinandergeraten, als du den Baum mitgenommen hast? Du weißt doch: Erfolg. Macht. Vermögen. Hallo? Wer sind Sie und was haben Sie mit diesem arroganten und herrschsüchtigen Kapitän gemacht? Matt’n, die See ist dein Leben. Deine Braut. Dein Ein und Alles.“
„Ja, genau diesen Schwachsinn habe ich mir jahrelang mit Erfolg einzureden versucht. In Wirklichkeit ist das Leben an mir vorbeigerast, ohne mich zu berühren.“
„ Falsch! Es war deine eigene Entscheidung, vor dem Leben davonzurennen, indem du es vorgezogen hast, dich auf deinem Schiff und hinter einer schicken Uniform zu verstecken.“
„ Auf See fühlte ich mich sicher. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, weshalb ich das so empfinde. Seit wir beide nach Killenymore gekommen sind, weiß ich, warum ich das getan habe. Nicht, weil ich das Meer liebe. Die Wahrheit ist, ich bin vor jedem davongelaufen, den ich hätte lieben können. Denn wenn man niemanden liebt, nicht einmal sich selbst, dann gibt es wenigstens nichts, was man verlieren kann, verstehst du? Davor habe ich mich immer gefürchtet. Wieder etwas zu verlieren, an dem mein Herz hängt. Wieder diesen Schmerz ertragen zu müssen.“
Die Kollision mit der Eiche hatte ihn offensichtlich den Verstand gekostet. Suse stand der Mund offen. Es mutete fast nach einer Lebensbeichte an! Was hatte er vor? Und warum erzählte er ausgerechnet ihr das?
„Das klingt nach Läuterung eines Schwerenöters. Oder ist das bereits ein erstes Anzeichen von Weisheit?“
Sollte sie ruhig lästern. Er musste es ihr sagen, ehe ihn wieder der Mut verlassen konnte. „Es ist zu spät, um davonzulaufen. Warum eigentlich interessiert dich, wie meine Zukunft aussehen wird?“
Mit unschuldsvolle r Miene hob sie die Hände in die Höhe und kaute nervös auf ihrer Unterlippe. „Nun ja, es ist so … ich könnte mir vorstellen … Tá mé sásta leis an áit seo . Ich würde am liebsten hier bleiben. Für immer.“
Er stieß erneut heftig mit einem Baum zusammen. Dieses Mal nahm ihn der Aufprall dermaßen mit, dass er in die Knie ging und auf dem Boden zusammensackte wie ein nasser Waschlappen.
Mühsam verkniff sich Suse das Lachen, das unaufhaltsam in ihr kollerte und gluckste, immer stärker wurde, bis sie es nicht mehr länger unterdrücken konnte. Sie taumelte rückwärts und presste sich die Hand auf den Bauch. Plötzlich krümmte sie sich und fiel neben Matthias ins Gras. Ihr schallendes Gelächter erfüllte die Luft und mit einem Mal war dem Grafen, als würden feine Glöckchen und Flötenspiel ihr Lachen begleiten und in süße Musik verwandeln.
„Das ist nicht witzig“, knurrte er verärgert, eine Hand auf seine lädierte Stirn gepresst.
„Finde ich schon.“
„Es tut weh!“, jammerte er mit schmerzverzerrtem Gesicht und hob den Kopf vorsichtig an, um herauszufinden, woher die Musik kam. Er glaubte, ein Kichern und das Flattern von Flügeln zu spüren. Ein sanfter Windhauch strich wie ein Schmetterlingskuss über ihn hinweg.
„Soll ich pusten, lütt Matt’n?“
„Wenn du mich berührst, dann auf eigene Gefahr“, sagte er ton los.
S ie beugte sich über ihn und zog seine Hand von der arg gebeutelten Stirn. Der Graf schloss die Augen, als er das Gewicht ihres Oberkörpers auf seiner Brust fühlte. Ihre langen Haare fielen ihm ins Gesicht. Unwillkürlich beschleunigte sich sein Atem. Völlig überrumpelt von dieser Attacke blieb er wie erstarrt liegen. Er wagte nicht, sich zu rühren, und sie damit womöglich daran zu erinnern, wen sie vor sich hatte.
„Stimmt es also, dass Lulatsche wie du Probleme bei der Koordinierung ihrer Bewegungen haben. Armer Kleiner, hast es nicht leicht.“
„Mmmh.“
Sie bemerkte die ungeheure Anspannung seines Körpers, als sie mit den Fingerspitzen sacht über die größer werdende Beule auf seiner Stirn fuhr.
„Da frage ich mich doch ganz verzweifelt,
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