... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
„Sei froh, dass du kein Ziegenbock bist! Dann hättest du nämlich wirklich ein Problem. Eingesperrt in einem Käfig hoch über dem Marktplatz zur Puck Fair baumeln – meinste, das wär’ lustiger?“
„Hast du mich vermisst, a stór ?“, flüsterte ihr eine schmeichelnde Stimme ins Ohr. „ Nó an bhfuil tú gnóthach ?“
Die Haare in ihrem Nacken stellten sich auf und Suse musste sich schütteln.
„ Tá tú fuar ! Komm her, ich wärme dich.“
„Ean! Schön, dass du da bist . Und dass wenigstens noch einer mit mir redet. Aus lauter Verzweiflung habe ich schon angefangen, Selbstgespräche zu führen.“ Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen, während sie dem Grafen nur einen flüchtigen Gedanken gönnte. Ean erschien ihr in dieser Sekunde wie der Heilige Ritter Georg. Und wer könnte schon das Angebot eines so galanten Retters abschlagen?
„Wo sind die anderen? Wo ist … Mat?“
„Das fragst du mich?“ Sie ließ ihren Blick mit gespieltem Interesse über die wenigen noch Anwesenden gleiten. „Wo wird er schon sein? Da, wo alle sind. Im Wald vermutlich. Mit einer dieser rothaarigen, quietschenden Schnecken. Oder unter den Bänken? Mit dem Kopf zuunterst in einem Weinfass? Tot in der Gosse oder im Gefängnis. Wenn ich ehrlich sein soll, es ist mir völlig schnurz.“
„ Schsch-nurz ?“, wiederholte Ean unter einigen Mühen. Dann rückte er noch dichter an Suse heran, legte ihr einen Arm um die Schulter und reichte ihr einen gefüllten Tonbecher. „Trink das, bevor du dich erkältest. Ist besser als jeder Ofen.“
Als ihr ein wohlbekannter Geruch in die Nase stieg, schüttelte sie mit einem müden Lächeln den Kopf und wehrte dankend ab: „ Níl mé ag ól an t-uisce beatha te .“
Endlich hatte sie Matthias entdeckt. Er saß – Hatte sie etwas anderes erwartet? – an einem der langen Holztische in nächster Nähe zu dem belebten Wald, einen Krug Wein und mehrere Gläser vor sich. Großer Gott, wollte er die alle noch leeren?
Mit unbewegter Miene stierte er geradeaus. Der bekam doch jetzt schon nichts mehr mit, angetütert wie er war! Mit zittriger Hand griff er nach dem Henkel des Kruges und hob ihn an seine Lippen. Er bemerkte nicht, wie ihm der Wein aus dem Mundwinkel rann und sein weißes Hemd befleckte.
Suses Augen schossen giftige Pfeile in seine Richtung, als könnte sie ihn damit vom Trinken abhalten.
A ua! Poor boy , dachte Ean, der Suse von der Seite beobachtete. Das war ein hundertprozentiger Treffer. Du bist so gut wie tot, Mat.
Suse war sich nicht bewusst, dass sie heftig den Kopf schüttelte. Es tat weh , den Kapitän in diesem unwürdigen Zustand zu sehen. Er trank absichtlich. Er wollte sich betrinken. War es etwa mit dem Mädchen nicht nach Wunsch gelaufen? Das würde ihm nur Recht geschehen, sich bis auf die Knochen blamiert zu haben! Abrupt drehte sie sich zu Ean um.
Aufmerksam registrierte er die Enttäuschung auf ihrem Gesicht und strich ihr mit den Fingerknöcheln über die Wange. „Was meinst du, a stór , wird es nicht besser sein, wir machen uns allmählich auf den Weg? Für heute dürften wir alle genug haben.“
„Glaubst du, er schafft es bis nach Hause? Scheint mir ein bisschen schwer zum Tragen zu sein der Junge. Und auf allen Vieren wird es bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag dauern.“
„Ich werde den Jeep holen und ihn heimfahren.“
„Bist du des Wahnsinns fette Beute? Kommt überhaupt nicht in Frage, Ean! Du hast getrunken.“
„ Getrunken? Da dran kann ich mich nicht erinnern … hick.“
Er lachte leise, als er Suses e ntsetzte Miene bemerkte, und legte ihr den Arm um die Schulter. „Ich habe mich während der letzten beiden Stunden ausschließlich mit festen Speisen vollgestopft und … na ja, körperliche Höchstleistungen erbracht. Wenn du weißt, was ich meine. Ich dürfte also schon wieder ziemlich fit sein. Und ein strammer Spaziergang durch eine laue Mainacht bewirkt manchmal wahre Wunder. Wenn du mit mir kommst, kannst du dich selbst davon überzeugen.“
„N ö, ich bleibe lieber hier. Keine Lust zum Laufen. Und vielleicht kann ich ja Matt’n davon abhalten, sich bis zur Besinnungslosigkeit volllaufen zu lassen.“
„Bist du dir sicher?“ Er berührte sie leicht am Arm und sah irgendwie besorgt aus.
„Was soll mir unter dem Schutz des ungekrönten Königs passieren?“
Ihr Blick flog zu Matthias, dessen Kopf inzwischen auf die Tischplatte gesunken war.
Ó mise, an créatúr ! Tot, dachte Ean voll Mitleid, hab ich’s
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