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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Graf seinen Untergang aus großen Augen an. Mit einem erstickten Schmerzenslaut taumelte er rückwärts, verzweifelt mit den Armen rudernd. Allerdings war da nichts, das seinen Fall hätte aufhalten können. Die Tür flog auf und mit ohrenbetäubendem Krachen an die Wand. Matthias stolperte über seine Füße und landete der Länge nach auf dem Boden, wobei er gleich noch das zierliche Stühlchen vor dem Schreibtisch mit sich riss und in Kleinholz verwandelte.
    Eine Sekunde lang war Susanne versucht, lauthals loszulachen. Als sich der flach ausgestreckte Mann auch nach mehreren Herzschlägen nicht regte, wurde sie von kaltem Grauen gepackt. Mit zwei eiligen Schritten war sie bei dem Grafen und sank neben ihm auf die Knie.
    „Matt’n?“, piepste sie ängstlich und zupfte ihn vorsichtig am Ärmel.
    Ein schwaches Stöhnen entrang sich seiner Brust, doch er hielt die Augen trotzig geschlossen.
    „Alles in Ordnung mit dir?“
    Nein! Nichts war mehr in Ordnung! Seine Welt stand Kopf. Ach ní raibh ! Damit gab sich eine Susanne Reichelt ja nicht zufrieden! Oh nein, sie musste sein Leben völlig umkrempeln. Sie hatte sein rabenschwarzes Inneres ausgeschüttelt wie Frau Holle ihre Betten – all seinen Hochmut, seine Arroganz und Großspurigkeit und hatte nicht einmal vor seinem Stolz Halt gemacht. Und dann hatte sie diesen ganzen Müll zu einem gigantischen Haufen zusammengekehrt und sich zufrieden auf die Schulter geklopft.
    Und nun stand sie viel zu dicht bei ihm und entfachte mit ihrer Hitze ein loderndes Feuerchen unter den kümmerlichen Resten seines laster haften Lebens. Eigenartigerweise fand er nicht einmal so übel, was sie aus ihm gemacht hatte. Er konnte sich nicht erinnern, dass je ein Beltane -Fest auf diese Weise für ihn geendet hatte: abgefüllt bis zum Stehkragen, am Boden zerstört – und allein in seinem Bett. Er wurde alt. Zum Henker, er war zu alt für derartige Spielchen!
    „Gütiger Himmel, Matt’n! Ich wollte dich nicht töten. Ganz bestimmt nicht.“
    Er spürte, wie sie sich über ihn beugte.
    „Na ja, zumindest nicht vorsätzlich“, schränkte sie nach kurzem Zögern ein. „Jedenfalls nicht heute. Und es sollte keinesfalls derart schmerzhaft für dich werden.“
    Den Kopf auf seine Brust gelegt , hörte sie sein Herz in einem verräterischen Tempo rasen. „Oh, Gott sei gedankt, du lebst noch“, stellte sie fest und atmete erleichtert auf. Dann versetzte sie ihm einen Schlag auf die Wange, um ihn wieder zu sich zu bringen.
    „Glaube mir, das ist schon lange kein Leben mehr.“ Seine Worte verloren sich in einem unverständlichen Gemurmel und Suse war sich nicht sicher, ob er bereits im Delirium war oder mit ihr redete.
    „Lütt Matt’n, ich muss dich nicht daran erinnern, wo das endet . Es hat keinen Sinn, sieh das ein. Wir passen einfach nicht zusammen. Es liegen Welten zwischen dir und mir – und zwar in jeder Hinsicht. Niemals, wirklich niemals kann das gut gehen mit uns beiden.“
    „Ich bedeute dir gar nichts.“
    Es klang nicht unbedingt wie eine Frage, aber Suse fühlte sich ohnehin nicht imstande, etwas darauf zu antworten. Nachdenklich betrachtete sie sein Gesicht, die faszinierende Schönheit seiner ebenmäßigen Züge, die hohe Stirn und die stolze Nase. Dichte, lange Wimpern warfen Schatten auf seine Wangen, seine Lider flatterten hektisch. Und mit einem Mal fragte sie sich, wem es wohl schaden würde, wenn sie eine Ausnahme machte. War es nicht das, was ohnehin alle in diesem Haus und vielleicht im halben Dorf vermuteten – das sie nämlich genau das taten, was sie ihm und sich selbst standhaft verweigerte?
    „Komm schon, erheb dich.“ Mit der Fingerspitze strich sie ihm die tiefe Falte zwischen den Augenbrauen glatt. „Wach auf, mein Dornenprinz.“ Sie küsste ihn spielerisch auf die blasse Nasenspitze.
    Langsam schien er zur Besinnung zu kommen. „Lass mich hundert Jahre schlafen. Vielleicht ist dann der Schmerz vergangen. Oder zumindest erträglicher als im Moment.“
    Sacht berührten ihre Lippen seine Ohrmuschel. „In deinem Alter sollte man vorsichtiger sein bei der Wahl des Nachtlagers. Du wirst morgen ein steifes Kreuz haben, wenn du vorhast , die nächsten Stunden auf dem Boden zu verbringen.“
    „ Und wenn schon, lieber ein steifes Kreuz als ständig einen …“
    Ihr weicher Mund verschluckte den Rest seiner ungehörigen Gedanken, in denen Verzweiflung und Aufgabe mitklangen.
    „Komm, ich helfe dir hoch.“
    „Ich denke, das ist nicht notwendig.

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