... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Weinkrug nicht unbedingt zur Förderung seines Denkvermögens beigetragen.
Sie sollte ihm aus seinem Verhalten keinen Vorwurf machen. Für eine kurze Zeit hatte er die Beherrschung über sich verloren und war den typisch männlichen Urinstinkten gefolgt. Er wollte sie nicht. Und das war ihm wohl gerade rechtzeitig eingefallen. Er hatte nicht vor , den gleichen Fehler zu machen wie damals auf der „Heinrich“. Wenn sie schon nicht vernünftig genug war, um ihm Einhalt zu gebieten, musste er es eben tun.
Denn mittlerweile hatte sich etwas Entscheidendes zwischen ihnen geändert : Sie war nicht mehr an einen anderen Mann gebunden. Jetzt könnte sie den Grafen festnageln und sich über sein Geld hermachen. Dabei wartete wahrscheinlich bereits ein Dutzend blaublütiger Edelfräuleins darauf, ihm beim Weiterschreiben seines stolzen Stammbaumes behilflich zu sein. Noblesse oblige . Dafür gab es junge, hübsche Frauen, die in den teuersten Schweizer Internaten erzogen und auf ihre Repräsentationspflichten an der Seite ihrer bedeutenden Gatten vorbereitet worden waren und vor allem nicht mit einer Kinderschar gesegnet waren wie sie. Der Graf von Sean Garraí war die beste Partie weit und breit. Warum bildete sie sich ein, er würde ausgerechnet sie haben wollen?
Wenn er nur nicht derart unberechenbar wäre! Sie hatte sich die größte Mühe gegeben, aber sie konnte ihn einfach nicht verstehen. Einmal war er freundlich und gelöster Stimmung, das andere Mal verschlugen ihr seine Härte und Grausamkeit die Sprache.
Noch nie war ihr das Bett so unerträglich groß vorgekommen wie in dieser Nacht. Ein Bett, wie geschaffen für einen Matthias Emanuel Clausing. Sie rollte sich von einer Seite auf die andere, zog die Decke bis über die Ohren, bloß um sie einen Moment später wieder von sich zu werfen. Sie drehte sich auf den Rücken, ein Kopfkissen im Arm, und fand trotz der Stille keine Ruhe. Sie hielt die Tränen nicht länger zurück, die in ihre Augen traten, bis sie irgendwann erschöpft in einen traumlosen Schlaf fiel.
Als sie am frühen Morgen vom ausdauernden Gezwitscher eines Vogels auf dem Balkongeländer geweckt wurde, war ihr, als hätte sie nicht eine Minute geschlafen. Sie fühlte sich wie erschlagen. In der Ferne hörte sie Máire reden, verstand allerdings kein Wort. Der allgemeinen Hektik und ihrer erhobenen Stimme nach zu urteilen, schimpfte die Haushälterin mit jemandem auf Irisch.
Erster Mai.
Wehmut überkam sie wie jedes Mal, wenn sie sich an die Maifeiertage mit Beate und Answer, Mehli und Fridel und all den Kommilitonen an der Seefahrtsschule erinnerte. Dieses Fest war stets in einer ähnlich heftigen und letztlich ausufernden Art und Weise begangen worden, wie es gestern die Nachfahren der Kelten getan hatten. Am Vortag saßen die Studenten noch brav in ihren blauen Uniformen auf den harten Bänken des Hörsaales, um wenige Stunden später loszuziehen und sämtliche Kneipen des Ortes auf den Kopf zu stellen. Zwischendurch sprangen sie nackt zum Anbaden in die kaum zehn Grad kalte Ostsee und verschafften sich damit gerade so viel Klarheit im Kopf, wie sie für die verbliebenen fünf Kneipen benötigten, die auf ihrem Weg zurück zum Studentenwohnheim lagen.
Seufzend setzte sie sich auf. Es war besser , nicht länger in Erinnerungen zu schwelgen. Beate war tot. Von den Kommilitonen hatte sie seit Jahren keinen mehr zu Gesicht bekommen. Es gab genügend Probleme, mit denen sie sich heute auseinandersetzen musste, neugierige Fragen von Máire, selbstvergessene Blicke von Ean.
Und Matt’n.
Vermutlich würde sich in Windeseile herumsprechen – wenn diese Message nicht längst über Ländergrenzen hinweg die Runde gemacht hatte –, in welchem Maße Seine Lordschaft in der vergangenen Nacht über die Stränge geschlagen hatte. Natürlich war er nicht der Einzige, der im Laufe dieses Tages mit dröhnendem Schädel aufwachen würde. Einem Mann von edlem Geblüt dagegen stand es nicht gut zu Gesicht, dermaßen die Kontrolle über sich zu verlieren.
Und sich einen Weinkrug über den Dickschädel ziehen zu lassen.
Pfff! Geschah ihm ganz recht! murrte Suse und beschloss in einem Anflug von Trotz, diese vertrackte Situation in den Griff zu bekommen, indem sie ihm mit freundlicher Höflichkeit, nichtsdestotrotz kühl und distanziert begegnete. Es erschien ihr am unauffälligsten, sich so zu benehmen wie bisher. Es war nichts passiert gestern Nacht.
Wahrscheinlich würde sich Matthias nicht einmal
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