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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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ernste Sache ist und daß manche, wenn sie an der Reihe sind, Manschetten kriegen, aber ich hatte noch nie einen Jungverlobten gesehen, dem das dermaßen auf den Magen geschlagen war.
    Gussie sah auf. Seine Augen waren glanzlos. Er fuhr sich durchs Haar.
    »Mach’s gut, Bertie«, sagte er und stand auf. Das mußte wohl ein Irrtum sein.
    »Du meinst sicher ›Guten Abend‹?«
    »Nein, ich meine ›Lebe wohl‹. Ich gehe.«
    »Du gehst? Wohin?«
    »In den Küchengarten. Um mich zu ertränken.«
    »Sei kein Idiot.«
    »Ich bin kein Idiot … Bin ich ein Idiot, Jeeves?«
    »Möglicherweise ein wenig unbesonnen, Sir.«
    »Mich zu ertränken, meinen Sie?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Sie meinen, ich sollte mich lieber nicht ertränken?«
    »Ich würde davon abraten, Sir.«
    »Na schön, Jeeves, wenn Sie meinen. Es wäre ja auch für Mrs. Travers sehr unangenehm, in ihrem Teich eine aufgedunsene Wasserleiche zu finden.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Wo sie doch so nett zu mir war.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Und Sie waren auch so nett zu mir, Jeeves.«
    »Danke, Sir.«
    »Und du auch, Bertie. Sehr nett. Alle waren nett zu mir. Sehr, sehr nett. Wirklich riesig nett. Ich kann mich nicht beklagen. So, dann werde ich jetzt statt dessen einen Spaziergang machen.«
    Ich sah ihm mit großen Augen nach, als er unsicheren Schritts in der Dunkelheit verschwand.
    »Jeeves«, sagte ich, und ich gestehe, daß ich in meiner Bestürzung blökte wie ein Lamm, das die Aufmerksamkeit des Mutterschafs zu erregen versucht, »was zum Kuckuck hat das zu bedeuten?«
    »Mr. Fink-Nottle ist ein wenig außer Fassung, Sir. Er hat Schweres hinter sich.«
    Ich versuchte, ein knappes Resümee der letzten Ereignisse zu geben.
    »Ich habe ihn hier draußen mit Miss Bassett allein gelassen.«
    »Ja, Sir.«
    »Ich hatte sie in die richtige Stimmung versetzt.«
    »Ja, Sir.«
    »Er wußte genau, was er zu tun hatte. Wir waren die ganze Prozedur gemeinsam durchgegangen.«
    »Ja, Sir. Das sagte mir auch Mr. Fink-Nottle.«
    »Ja, und …«
    »Ich bedaure sagen zu müssen, Sir, daß es zu gewissen Komplikationen gekommen ist.«
    »Sie meinen, es ist was danebengegangen?«
    »Jawohl, Sir.«
    Das war mir zu hoch. Ich stand vor einem Rätsel. »Wieso konnte da etwas danebengehen, Jeeves? Sie liebt ihn doch.«
    »Tatsächlich, Sir?«
    »Das hat sie mir klipp und klar gesagt. Er brauchte ihr nur noch einen Antrag zu machen.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Hat er’s denn nicht getan?«
    »Nein, Sir.«
    »Worüber um alles in der Welt hat er denn sonst geredet?«
    »Über Molche, Sir.«
    »Molche?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Molche?!«
    »Jawohl, Sir.«
    »Aber warum wollte er denn über Molche reden?«
    »Er wollte gar nicht über Molche reden, Sir. Wie mir Mr. Fink-Nottle sagte, lag ihm nichts ferner als dies.«
    Da kam ich nicht mit.
    »Aber man kann doch niemanden zwingen, über Molche zu reden.«
    »Mr. Fink-Nottle wurde unglücklicherweise von Panik ergriffen, Sir. Als er sich plötzlich mit der jungen Dame alleine sah, hat er seinem eigenen Geständnis zufolge die Nerven verloren. So etwas kann bei manchen Gentlemen dazu führen, daß sie unkontrollierte Äußerungen tun und vom erstbesten Gegenstand sprechen, der ihnen in den Sinn kommt. In Mr. Fink-Nottles Fall waren dies allem Anschein nach Molche und ihre sachgemäße Pflege.«
    Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Ich hatte kapiert. In Augenblicken höchster Not war es mir schon ähnlich gegangen. Ich weiß noch, wie ich mal bei einem Zahnarzt war, der sich gerade mit dem Bohrer über einen meiner Backenzähne hermachen wollte, und wie ich ihn mit einer Geschichte von einem Franzosen, einem Amerikaner und einem Russen fast zehn Minuten lang vom Bohren abgehalten habe. Das ging ganz automatisch. Jedesmal, wenn er einen neuen Vorstoß machte, kam ich wieder mit meinem »Oh, là, là« und »Wow« und »Nitschewo«. Wenn man das Herz in der Hose hat, fängt man eben an zu brabbeln.
    Ich konnte mich gut in Gussies Lage versetzen. Ich sah alles vor mir: er allein mit der Bassett im stillen Abenddämmer. Zweifellos hatte er verabredungsgemäß den ganzen Sums von Sonnenuntergang bis Märchenfee heruntergerasselt, und dann war er an die Stelle gekommen, wo es hieß, er müsse ihr etwas gestehen. Bei diesen Worten hatte sie vermutlich die Augen gesenkt und gemurmelt: »So?«
    Ich nehme an, daß er darauf erklärt hat, es sei etwas sehr Wichtiges; und es ist anzunehmen, daß sie mit einem »Ach?« oder »Ja?« oder auch nur mit einem

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