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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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fragte Tante Dahlia interessiert. »Wohin denn?«
    »Ach, hierhin und dahin.«
    »Dann könntest du mir vielleicht einen kleinen Gefallen tun.«
    »Was soll’s denn sein?«
    »Es dauert nicht lang. Du kennst doch den Weg, der an den Gewächshäusern vorbei in den Küchengarten führt. Wenn du den hinuntergehst, kommst du an einen Teich.«
    »Stimmt.«
    »So, dann besorgst du dir jetzt ein kräftiges Seil oder einen Strick und gehst den Weg entlang, bis du zu dem Teich kommst …«
    »Bis zum Teich. Gut.«
    »… und suchst dir einen schönen, großen Stein. Ein Backstein tut’s auch.«
    »Verstanden«, sagte ich, obwohl ich keineswegs verstand, was das alles sollte. »Einen Stein oder Backstein. Schön. Und dann?«
    »Dann«, sprach die gute Tante, »wirst du ein lieber Junge sein und den Stein an den Strick binden und dir um den Hals hängen und in den Teich springen und dich ersäufen. In ein paar Tagen laß ich dich dann herausfischen und beerdigen, denn ich möchte unbedingt auf deinem Grab tanzen.«
    Jetzt verstand ich überhaupt nichts mehr. Und nicht nur das – ich war auch vergrätzt und eingeschnappt. Irgendwann habe ich mal in einem Roman von einem jungen Mädchen gelesen, das »plötzlich aus dem Zimmer stürzte, aus Angst, es könnten ihr schreckliche Worte über die Lippen kommen, und fest entschlossen war, keinen Tag länger in diesem Hause zu bleiben, wo man sie derart kränkte und beleidigte«. So ähnlich fühlte ich mich jetzt auch.
    Dann fiel mir ein, daß gegenüber einer Frau, die nicht einmal einen Löffel Suppe im Magen hat, Nachsicht geboten ist, und deshalb schluckte ich eine scharfzüngige Replik herunter.
    »Was«, fragte ich sanft, »hat das alles zu bedeuten? Du scheinst mit Bertram unzufrieden zu sein.«
    »Unzufrieden!«
    »Merklich unzufrieden. Warum diese offene Feindseligkeit?«
    Sie warf mir einen flammenden Blick zu, der mir fast die Haare versengte. »Wer war denn der Armleuchter, der Knallkopf, der selten dämliche Hammel, der mich gedrängt hat, wider meine bessere Einsicht das Abendessen auszuschlagen? Ich hätte wissen müssen …«
    Daher also dieser seltsame Gemütszustand. Das hatte ich mir ja gleich gedacht.
    »Schon gut, Tante Dahlia. Ich weiß, wie dir zumute ist. Dir knurrt der Magen, nicht? Aber das geht vorüber. An deiner Stelle würde ich hinunterschleichen und die Speisekammer plündern, sobald die andern alle zu Bett gegangen sind. Wie ich höre, gibt es da einen sehr leckeren kalten Braten, den du dir mal näher ansehen solltest. Verzage nicht, Tante Dahlia«, bat ich sie. »Schon bald wird Onkel Tom kommen, ganz Mitgefühl und Besorgnis.«
    »So, meinst du? Weißt du, wo er jetzt ist?«
    »Ich habe ihn nirgends gesehen.«
    »Er sitzt in seinem Arbeitszimmer, den Kopf in die Hände gestützt, und stöhnt was von Untergang und Abendland.«
    »Was? Warum?«
    »Weil es gerade meine schmerzliche Pflicht war, ihm mitzuteilen, daß Anatole gekündigt hat.«
    Jetzt war ich aber von den Socken.
    »Was?!«
    »Er hat gekündigt. Und alles nur wegen deinem blödsinnigen Plan. Was hast du denn gedacht, wie ein empfindlicher, leicht erregbarer französischer Koch reagiert, wenn du jedermann aufforderst, das Essen stehenzulassen? Man sagte mir, er sei so gekränkt gewesen, als die beiden ersten Gänge praktisch unberührt zurückkamen, daß er geweint hat wie ein kleines Kind. Und als dann auch noch der Rest des Abendessens folgte, kam er zu dem Schluß, daß man ihn bewußt brüskieren wollte, und legte sein Amt nieder.«
    »Au weia!«
    »Das kann man wohl sagen! Anatole, dieses Geschenk Gottes an die Magensäfte, verläßt uns nun für immer dank deiner Idiotie. Jetzt begreifst du vielleicht, warum ich möchte, daß du in den Teich springst. Ich hätte mir gleich denken können, daß über dieses Haus eine Katastrophe hereinbrechen würde, als du anfingst, hier den Schlaumeier zu mimen.«
    Das waren zweifellos harte Worte aus Tantenmund, aber ich nahm sie ihr nicht übel. In gewissem Sinne könnte man vermutlich davon sprechen, daß Bertram wirklich ein kleiner Irrtum unterlaufen war.
    »Tut mir leid.«
    »Was nützt es jetzt, daß es dir leid tut?«
    »Ich wollte nur das Beste.«
    »Versuch’s das nächstemal mit dem Schlechtesten. Vielleicht kommen wir dann mit einem blauen Auge davon.«
    »Und du sagst, Onkel Tom ist nicht allzu glücklich darüber?«
    »Er jammert wie eine verlorene Seele. Jetzt habe ich überhaupt keine Aussicht mehr, ihm dieses Geld aus der Tasche

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