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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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wie Jeeves das nennt, fehlt. Wenn es darum ging, einen gegnerischen Spieler mit wuchtigem Tritt vom Ball zu trennen oder ihn außer Gefecht zu setzen, war er unschlagbar, aber sein Verständnis für zarte weibliche Seelen war weniger gut entwickelt. Er kapierte einfach nicht, daß ein Mädchen lieber den Mann fürs Leben sausen läßt als einen Hai.
    »Quatsch! Das war doch nur eine Ausrede.«
    »Was war eine Ausrede?«
    »Dieser Unsinn mit dem Hai. Sie wollte mich loswerden und hat den erstbesten Anlaß wahrgenommen, der sich bot.«
    »Nicht doch.«
    »Doch, doch.«
    »Warum hätte sie dich loswerden wollen?«
    »Genau das habe ich mich auch gefragt, und die Antwort lautet: Weil sie sich in einen andern verliebt hat. Das sieht doch ein Blinder mit dem Fuß. Es kann gar nicht anders sein. Als sie nach Cannes fährt, bin ich noch die Nummer eins, und als sie zurückkommt, bin ich abgemeldet. Da ist es doch völlig logisch, daß sie in diesen zwei Monaten auf irgendeinen Knilch hereingefallen ist, den sie dort kennengelernt hat.«
    »Nicht doch.«
    »Sag nicht dauernd ›Nicht doch‹. Es muß so gewesen sein. Aber eines kann ich dir sagen: Wenn ich diesen hinterhältigen Heimtücker jemals zu fassen kriege, dann wird er sich schleunigst mit einem Pflegeheim seiner Wahl in Verbindung setzen müssen, denn ich werde sehr unsanft mit ihm umgehen. Sobald ich ihn in Händen halte, werde ich ihn bei der Gurgel packen und so lange schütteln, bis er schäumt; dann werde ich sein Inneres nach außen kehren und Frikassee aus ihm machen.«
    Mit diesen Worten trollte er sich von dannen. Ich gab ihm ein paar Minuten Vorsprung, damit er aus dem Weg war; dann stand ich auf und steuerte den Salon an. Nach dem Abendessen glucken die Damen bekanntlich gerne im Salon zusammen, und ich nahm deshalb an, Angela dort zu finden. Mit ihr wollte ich ein Wörtchen reden.
    Wie ich schon andeutete, war mir Tuppys Theorie, derzufolge ein Casanova ihm in Cannes sein Mädchen ausgespannt hatte, von vornherein völlig absurd erschienen, die Ausgeburt eines eifersüchtigen Gehirns. Für mich war es einzig und allein der Hai, der die herzinnige Eintracht der beiden vorübergehend aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, und ich war überzeugt davon, daß ein offenes Wort mit der Kusine alles wieder ins Lot bringen würde.
    Ich hielt es einfach für ausgeschlossen, daß ein so zartfühlendes, weichherziges Wesen wie sie von dem, was sie beim Abendessen mit angesehen hatte, nicht zutiefst erschüttert sein sollte. Sogar Seppings, Tante Dahlias Butler, ein nüchterner, reservierter Mann, hatte japsend nach Halt gesucht, als Tuppy die nonnettes de poulet Agnès Sorel zurückwies, während der Bediente, der mit der Kartoffelschüssel danebenstand, ihn anstarrte wie einen Geist. Ich weigerte mich einfach zu glauben, daß die tiefere Bedeutung dieses Vorfalls so einem Prachtmädchen wie Angela entgangen sein könnte. Vielmehr nahm ich an, sie werde reumütig im Salon sitzen, reif für eine augenblickliche Versöhnungsaktion.
    Als ich jedoch den Salon betrat, bot sich meinem suchenden Auge nur Tante Dahlia dar. Ich bildete mir ein, daß ihr Gesicht sich bei meinem Anblick verdüsterte, aber da ich vor kurzem erst den notleidenden Tuppy gesehen hatte, schrieb ich dies der Tatsache zu, daß sie ebenso wie er zur Zeit Diät lebte. Man kann von einer ausgehungerten Tante nicht verlangen, daß sie strahlt wie eine satt gegessene Tante.
    »Ach, du bist es«, sagte sie.
    Da hatte sie natürlich völlig recht.
    »Wo ist denn Angela?« fragte ich.
    »Sie hat sich ins Bett gelegt.«
    »So früh?«
    »Sie sagte, sie hätte Kopfschmerzen.«
    »Hm.«
    Das hörte ich aber gar nicht gern. Ich meine, ein Mädchen, das mit seinem Freund auf gespanntem Fuß steht und dann miterlebt, wie er völlig unerwartet die Nahrung verweigert, legt sich doch nicht mit Kopfschmerzen ins Bett, wenn in ihr die Liebe wiederaufgeflammt ist. Sie bleibt doch in der Nähe und wirft ihm ab und zu unter gesenkten Augenlidern reuevolle Blicke zu und bemüht sich überhaupt, ihm zu verstehen zu geben, daß sie bereit ist, sich mit ihm an den Verhandlungstisch zu setzen und eine Friedensregelung zu suchen. Also, ich muß zugeben, daß ich diese Zu-Bett-Geherei einigermaßen beunruhigend fand.
    »So, sie hat sich hingelegt?« murmelte ich nachdenklich.
    »Was wolltest du denn von ihr?«
    »Ich dachte, wir könnten vielleicht ein bißchen Spazierengehen und uns unterhalten.«
    »Du willst Spazierengehen?«

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