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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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menschlichen Organismus haben kann, aber noch nie hatte ich jemanden so reagieren sehen wie Gussie.
    Er legte so viel Pfiff an den Tag, wie ich es nicht einmal bei Barmy Fotheringay-Phipps an Silvester erlebt hatte.
    Als ich später mit Jeeves darüber sprach, sagte er etwas von Hemmschwellen und der Befreiung vom Über-Ich, falls ich das richtig mitbekommen habe. Anscheinend wollte er damit sagen, daß Gussie fünf Jahre bei tadelloser Führung unter Molchen zugebracht hatte und daß der ganze Blödsinn, der sich normalerweise gleichmäßig über fünf Jahre hätte verteilen müssen, aufgestaut worden war und jetzt auf einen Schlag überschwappte – wie eine Springflut sozusagen.
    Da könnte was dran sein. Jeeves kennt sich mit so was aus.
    Aber wie dem auch sei, ich war jedenfalls heilfroh, daß ich so schlau gewesen war, mich nicht in die zweite Reihe zu setzen. Vielleicht entspricht es nicht der gesellschaftlichen Stellung eines Wooster, sich unter das gemeine Volk auf den Stehplätzen zu mischen, aber so war ich zumindest aus der Schußlinie. Gussie war mittlerweile dermaßen in Fahrt gekommen, daß er womöglich sogar über einen alten Schulfreund anzügliche Dinge gesagt hätte, wenn ich ihm ins Blickfeld geraten wäre.
    »Wenn ich etwas nicht ausstehen kann«, fuhr Gussie fort, »dann ist es ein Pessimist. Seid Optimisten, Jungs. Ihr kennt doch alle den Unterschied zwischen einem Optimisten und einem Pessimisten. Ein Optimist ist einer, der … also nehmen wir zum Beispiel die beiden Iren, die den Broadway entlanggehen. Der eine ist ein Optimist und der andere ist ein Pessimist; deswegen heißt ja auch der eine Pat und der andere Mike … Na so was, Bertie, ich wußte gar nicht, daß du auch hier bist.«
    Zu spät versuchte ich, hinter dem Kornhändler in Deckung zu gehen, denn der war inzwischen gar nicht mehr da. Irgendeine Verabredung, an die er sich plötzlich erinnert hatte – vielleicht auch das Versprechen, zum Tee wieder bei seiner Frau zu sein – hatten ihn veranlaßt, sich zu verdrücken, während ich mit meinen Gedanken woanders war, und jetzt stand ich völlig ungeschützt da.
    Zwischen mir und Gussie, der geradezu provozierend auf mich deutete, erstreckte sich eine einzige wogende Menge neugieriger Gesichter.
    »Dahinten«, dröhnte Gussie und deutete weiter auf mich, »haben wir den lebenden Beweis für das, was ich gerade gesagt habe. Liebe Jungs, meine Damen und Herren, sehen Sie sich das Subjekt, das dort steht, einmal genau an – Cut, gestreifte Hosen, silbergraue Krawatte und eine Nelke im Knopfloch. Da haben Sie Bertie Wooster, den übelsten Pessimisten, der je einen Tiger in den Schwanz gebissen hat. Ich verabscheue diesen Mann. Und soll ich Ihnen sagen, warum ich ihn verabscheue? Weil er, meine Damen, Jungs und Herren, ein Pessimist und ein Defätist ist. Als ich ihm sagte, daß ich heute nachmittag zu Ihnen sprechen würde, versuchte er mir das auszureden. Und wissen Sie auch, weshalb er es mir auszureden versuchte? Er behauptete, meine Hosennaht würde aufplatzen.«
    Hierauf gab es lauteren Jubel als je zuvor. Alles, was mit geplatzten Hosennähten zu tun hatte, sprach die schlichten Gemüter der höheren Schüler von Market Snodsbury unmittelbar an. Zwei in der Reihe vor mir wurden knallrot, und ein kleiner Sommersprossiger, der neben ihnen saß, bat mich um ein Autogramm.
    »Ich will Ihnen mal eine Geschichte über Bertie Wooster erzählen.«
    Wir Woosters vertragen ja viel, aber nicht, wenn man auf unsere Kosten Späße macht. Schon wollte ich mich unauffällig zur Ausgangstür schleichen, als ich merkte, daß der Bart sich endlich dazu entschlossen hatte, der Vorstellung ein Ende zu machen. Warum er das nicht schon früher getan hatte, hing mir zu hoch. War wohl zu fasziniert. Und natürlich ist es nicht leicht, jemandem das Wort zu entziehen, wenn er beim Publikum so toll ankommt wie Gussie. Aber die Aussicht, sich noch eine von Gussies Anekdoten anhören zu sollen, hatte ihn nun doch zum Handeln bewogen. Er sprang auf, so wie ich bei dieser unseligen Begegnung mit Tuppy in der Dämmerung von der Gartenbank aufgesprungen war, eilte zu dem Tisch, schnappte sich ein Buch und stürzte sich auf den Festredner.
    Er tippte Gussie auf die Schulter. Gussie drehte sich um, und als er einen kräftigen Mann mit Bart erblickte, der offenbar im Begriff war, ihm mit einem Buch eins auf die Birne zu geben, wich er zurück und nahm eine Abwehrhaltung ein.
    »Da die Zeit schon fortgeschritten

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