Dann eben nicht, Jeeves
»Wattle« durcheinanderbrachte, sagte er noch sechzehnmal »Wastle« mit zunehmender Lautstärke.
»Wastle, Wastle, Wastle«, schloß er endlich. »Na schön. Fahren Sie fort.«
Aber für den Bärtigen war das zuviel gewesen. Er konnte nicht mehr. Ich sah ihn mir an, wie er dastand, und wußte, daß es für ihn nur zwei Möglichkeiten gab. Seine Gedanken waren mir so klar, als hätte er sie mir ins Ohr geflüstert. Natürlich hätte er sich am liebsten hingesetzt und die Ereignisse sich selbst überlassen, aber was ihn noch zögern ließ, war die Überlegung, daß er sich vorher entscheiden mußte, entweder Gussie von der Leine zu lassen oder die Fink-Nottlesche Rede aus dem Programm zu streichen und gleich zur Preisverteilung überzugehen.
Es war natürlich verflixt schwierig, binnen Sekunden eine Wahl zu treffen. Vor kurzem habe ich in der Zeitung von diesen Leuten gelesen; die versuchen, Atome zu spalten, und der springende Punkt dabei war, daß sie keine Ahnung haben, was dabei passieren wird. Vielleicht geht’s gut. Vielleicht geht’s aber auch schief. Und natürlich würden die ganz schön dumm aus der Wäsche gucken, wenn sie ihre Atome gespalten haben und auf einmal feststellen, daß das Haus sich dabei in Rauch aufgelöst hat und sie selbst stückchenweise durch die Gegend fliegen.
So ging’s jetzt auch dem Bärtigen. Ich weiß nicht, ob er sich über Gussies Zustand im klaren war, aber zumindest hatte er gemerkt, daß sich da was anbahnte. Es war ja nicht zu übersehen gewesen, daß Gussie mit seiner eigenen Auffassung nicht hinterm Berge hielt. Den Hellhörigen dürften diese Unterbrechungen davon überzeugt haben, daß dort oben auf dem Podium einer saß, der, wenn man ihn aufforderte, bei diesem größten Ereignis der Saison eine Rede zu halten, sich seiner Aufgabe in bisher nie dagewesener Weise entledigen würde.
Andererseits – was würde passieren, wenn man ihn in Ketten legte und ihm einen Maulkorb umbände? Dann wäre die ganze Zeremonie eine halbe Stunde früher zu Ende als vorgesehen.
Es war, wie gesagt, ein kitzliges Problem, und ich weiß nicht, wie ich mich an der Stelle des Bärtigen entschieden hätte. Wahrscheinlich wäre ich auf Nummer Sicher gegangen. Aber schon im nächsten Moment wurde ihm die Entscheidung dadurch abgenommen, daß Gussie, nachdem er ausgiebig gegähnt und sich gerekelt hatte, wieder sein breites Zahnpastagrinsen aufsetzte und an die Rampe des Podiums schlingerte.
»Ansprache«, sagte er leutselig.
Dann stellte er sich, die Daumen in seine Westentaschen gehakt, hin und wartete, bis das Klatschen verebbt war. Das dauerte eine ganze Weile, denn er erhielt rauschenden Beifall. Vermutlich erlebten es die Schüler der Höheren Schule von Market Snodsbury nicht oft, daß ein Mann genügend Zivilcourage aufbrachte, ihren Direktor eine Knalltüte zu nennen, und sie zollten ihm dafür begeisterten Applaus. Gussie mochte einen in der Krone haben, aber für die Mehrheit der hier Versammelten war er ein Mann von bemerkenswertem Esprit.
»Liebe Jungs«, sagte Gussie, »oder vielmehr meine Damen und Herren, liebe Jungs, ich will Ihre Geduld nicht lange in Anspruch nehmen, sondern möchte mich verpflichtet fühlen, bei diesem Anlaß ein paar festliche Worte an Sie zu richten. Meine Damen – liebe Jungs und Herren – mit Aufmerksamkeit haben wir gehört, was unser Freund, der sich heute morgen offenbar nicht rasiert hat, uns zu sagen hatte – ich weiß nicht, wie er heißt, aber er wußte ja auch nicht, wie ich heiße – ich meine, Fitz-Wattle ist doch einfach lächerlich – und damit wären wir quitt – und wir bedauern es alle, daß Hochwürden Dingsda an Kurzsichtigkeit gestorben ist, aber wie gewonnen, so zerronnen, das ist der Weg allen Fleisches, aber das wollte ich eigentlich gar nicht sagen. Was ich eigentlich sagen wollte, ist dies – und ich sage es aus vollster Überzeugung – offen und ohne Vorbehalt – kurzum, ich möchte Ihnen sagen, daß ich zu diesem festlichen Anlaß bei Ihnen sein kann und daß es mir ein besonderes Vergnügen ist, freundlicherweise die Preise zu verteilen in Gestalt der Bücher, die Sie hier auf dem Tisch herumliegen sehen. Sogar der Dichter sagt schon: Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen. Kürzer kann man’s wohl kaum ausdrücken.«
Seine Worte kamen gut an, und das war auch kein Wunder. Manches hatte ich zwar nicht so ganz verstanden, aber man merkte doch gleich, daß es was Hochkarätiges
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