Dann fressen ihn die Raben
Plan.
„Gut gelaufen“, sagte Aske, als ich mit meinem Latte Grande, Double Shot an den Tisch kam. Ich hatte mir den ganzen Nachmittag in der Stadt die Sohlen abgelaufen. Nach der Sache mit Rie hatte ich keine Lust mehr gehabt, mich mit den anderen auf dem Basketballplatz zu treffen. Und so hatte ich verdammt müde Beine, als ich im Baresso ankam und mich in einen ergonomisch geformten Sessel fallen ließ.
„Ja, danke.“
„Wie zum Teufel konntest du von da entkommen?“, wollte Anders wissen. Aber ich hatte nicht genug Energie, es genauer zu erklären.
„Es ist auf der Titelseite von Kristeligt Dagblad und wird in allen anderen Zeitungen erwähnt. Perfekt!“, sagte Aske. Ich saß neben Mira, die meine Hand nahm. Rudi hob kurz eine Augenbraue und grinste mich an.
„Hört mal“, sagte ich ins Blaue hinein. „Was wisst ihr eigentlich über Jonathan? Kennt ihr ihn? Jonathan Meyer-Winding?“
„Jonathan? Das war doch der Typ, der uns von der Nerzfarm erzählt hat, oder?“, fragte Rudi.
„Ja, genau“, antwortete Anders. „Er wollte wissen, ob es stimmte, dass sie die Tiere tatsächlich bei lebendigem Leibe häuten. Er versuchte sich anscheinend ein bisschen als investigativer Journalist.“
„Ach so, ja“, sagte Mira. „Aber die Geschichte hat er doch nie geschrieben, oder?“
„Was ist denn mit ihm?“, fragte Aske.
„Es ist nur … er ist ein guter Freund von mir.“
„Ist er nicht verschwunden?“, fragte Aske ruhig.
„Ja, letztes Jahr.“
„Ich habe darüber gelesen.“
„Wisst ihr was darüber?“
„Nee, er war ja seit letztem Sommer nicht mehr bei uns“, sagte Mira.
Um den Tisch herum wurde es still.
„Bist du deshalb hier?“
„Hier?“
„Hast du uns deshalb aufgesucht?“
„Ich habe euch verdammt noch mal nicht aufgesucht. Hatten wir das Thema nicht schon mal?“
„Mann, Aske, er hat seine Freiheit aufs Spiel gesetzt da draußen auf Amager“, sagte Anders, der wohl derjenige der Jungs war, mit dem ich die beste Wellenlänge hatte.
„Jaja, schon gut“, brummelte Aske. „Aber was ist jetzt mit diesem Jonathan?“
„Ich habe nur gefragt, ob ihr ihn kennt. Und das scheint ja der Fall zu sein. Und dann würde mich noch interessieren, was er eigentlich genau mit euch zu tun hatte?“
„Er schrieb damals eine Mail an die Kontaktadresse auf unserer Homepage. Er wollte einen Artikel über Tierquälerei schreiben. Unter anderem erzählte er uns von der Nerzfarm und wollte wissen, was wir zu den Methoden des Fellabziehens zu sagen hatten. Als wir uns zuletzt mit ihm trafen, vereinbarten wir, dass er eine Reportage für irgendeine Zeitschrift schreiben würde. Und irgendwann kam er nicht mehr. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Okay?“
„Ja. Es ist nur so, dass wir ihn schon ziemlich lange suchen … also …“
Wir saßen eine Weile lang schweigend da. Auf der Sitzlandschaft hinter uns saß ein Mädchen mit einer Reibeisenstimme und berichtete ihren Freundinnen lauthals, dass sie mit einem Typen gevögelt hatte, der aussah wie Heath Ledger.
Okay, ich stehe also an der Bar und bin so total, also so total f uck-you-all-mäßig drauf, ne. Und dann steht da einfach so ein Typ rum, der mich anguckt, und der war so was von NICE!
„Hör mal“, sagte Aske, „unser nächster Plan ist also, eine richtig große Aktion zu machen. Habt ihr von dem Festival für Gesundes Leben gehört?“, fragte er und rutschte auf seinem Stuhl nach vorn. Eigentlich hatte ich mir immer vorgestellt, man würde solche Dinge in einem dunklen Kellerraum diskutieren. Und jetzt saßen wir mitten in einem Wanna-be-Teenagerinferno.
Alle nickten.
„Und genau da starten wir unseren nächsten Angriff.“
Rudi schüttelte verwirrt den Kopf. „Sorry, aber ist das nicht ein bisschen komisch? Die wollen doch dasselbe wie wir?“
„Ja, das sollte man eigentlich meinen. Aber in Wirklichkeit ist es nur ein riesiger, kommerzieller Businessscheiß von irgendwelchen Firmen, die sich in der Öffentlichkeit gern mit einem grünen Image präsentieren wollen. Aber die sind nicht einen Deut besser als die anderen. Ganz im Gegenteil. Die Leute meinen ja, wenn sie Fair Trade kaufen und Biofleisch essen, tun sie damit etwas Gutes. Aber das stimmt nicht. Seht euch das mal an.“
Er holte ein Blatt Papier hervor.
„Dies ist eine Liste mit den Standbesitzern. Sie veranstalten da eine Art gemütlichen Maskenball, bei dem die Leute glauben sollen, dass sie genauso weitermachen können wie bisher und
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