Dann gib ihm die Axt
»Einen Augenblick, Mrs. Cool, einen Augenblick. Beruhigen Sie sich doch. Nur keine Aufregung. Die Situation ist durchaus nicht ungewöhnlich. Ein Anwalt läßt sich von einem Klienten die Vollmacht geben, auf einen Vergleich hinzuarbeiten, läßt ihn eine Verzichterklärung unterschreiben und sich einen gewissen Spielraum zusichern. Zweck der Übung ist es, zu einem raschen Vergleich zu kommen, wenn die Stimmung günstig ist. Man will Verzögerungen vermeiden, die leicht zu Komplikationen führen. Ich kann Ihnen versichern, Mrs. Cool, daß das durchaus den üblichen Gepflogenheiten entspricht. Ich habe das selber schon praktiziert.«
»Schreib einen Scheck aus«, sagte ich zu Bertha, »für John Carver Mysgart, Anwalt von Esther Witson, und Cosgate & Glimson, Anwälte von Mr. und Mrs. Rolland Lidfield, im Betrag von fünfhundert Dollar.«
»Wo denkst du hin?« wehrte Bertha ab. »Ich schreibe den Scheck für die Lidfields aus. Die bekommen ihn, wenn ich die Verzichterklärung habe. Eher nicht.«
Mysgart hustete.
»Kommt nicht in die Tüte, Bertha«, sagte ich. »Du hast es hier mit erfahrenen Anwälten zu tun.«
»Na und?«
»Es ist eine berufsständische Gepflogenheit, den Scheck auf den Anwalt und nicht auf den Klienten auszustellen.«
»Und wodurch bin ich gesichert?«
»Durch die Verzichterklärung des Klienten.« Mysgart warf mir einen dankbaren Blick zu. »Diese — übrigens sehr ausführlich gehaltene — Verzichterklärung sichert Sie gegen alle Ansprüche, wie auch immer sie beschaffen sein mögen.«
»Haarspaltereien«, sagte Bertha angewidert. »Muß ich diesen ganzen Quatsch auf den Scheck schreiben?«
»Elsie kann es tippen«, sagte ich. »Wenn du einen Scheck rausrückst, sage ich ihr, wie sie ihn auszufüllen hat.«
»Gib den Scheck nicht aus der Hand, bevor du die Verzichterklärung hast«, warnte Bertha.
Mysgart hustete wieder.
»Die Bank ist hier im Haus«, sagte ich zu Mysgart. »Es sind zwar keine Kassenstunden mehr, aber in diesem besonderen Fall lösen sie uns den Scheck schon noch ein. Sie und Glimson können mit mir zur Bank gehen. Wenn der Kassierer das Geld über den Schalter schiebt, überreichen Sie und Glimson mir die unterschriebenen Verzichterklärungen und —«
Mysgart nickte begeistert. »Sie und ich, wir sind Geschäftsleute, Mr. Lam, das merkt man gleich. Ausgezeichnet — so machen wir's!«
Bertha nahm ein Scheckbuch aus der Schublade und drückte mir ein Scheckformular in die Hand. »Donald, wenn du mir einen Gefallen tun willst, schaffst du mir diese Nervensäge von Anwalt vom Halse.«
Mysgart wandte sich um, offensichtlich irgendeine versöhnliche Floskel auf den Lippen.
Ich schob ihn sanft, aber bestimmt zur Tür hinaus.
Elsie Brand mußte quetschen, um den ganzen Text auf den Scheck zu bekommen, aber sie schaffte es.
»Warten Sie hier«, sagte ich zu Mysgart. »Ich lasse den Wisch noch von Bertha unterschreiben, dann können wir zusammen zur Bank gehen. Eine Forderung muß ich allerdings noch stellen.«
»Und zwar?«
»Esther Witson hat ja sehr fleißig die Namen und Wagennummern von Zeugen gesammelt. Ich glaube, Mr. Lidfield war da auch nicht müßig. Meine Teilhaberin ist ein wenig mißtrauisch. Sie möchte gern von beiden die Zettel mit den Namen der Zeugen und den Autonummern haben.«
»Natürlich!« Mysgart nickte wie ein Buddha. »Das kann ich verstehen. Ich nehme es ihr auch nicht übel, daß sie auf Nummer Sicher gehen will. Geschäft ist Geschäft. Sie soll die Unterlagen haben, Lam. Wir wollen Sie nicht hintergehen.« Er strahlte mich an.
Ich legte den Scheck vor Bertha auf den Schreibtisch.
Sie beäugte mich mißtrauisch. »Nicht genug damit, daß diese verdammten Anwälte hier in meinem Büro ihr hinterhältiges Spiel treiben. Jetzt mischst du auch noch mit. Ich verstehe das nicht. Wahrscheinlich kommt das daher, daß du auch mal ins Jurastudium reingerochen hast.«
Sie unterschrieb so energisch, daß ihr Füller fast durch das Papier spießte.
Ich machte, daß ich hinauskam.
Die kleine Gruppe stand um den Lift herum. Lidfield kam auf mich zu und schüttelte mir ziemlich lau die Hand. »Wir haben uns noch nicht begrüßt, Lam. Ich freue mich, daß wir einen Vergleich erreicht haben. Ein unerfreulicher Fall.«
»Hoffentlich ist Ihre Frau bald wieder völlig wiederhergestellt«, sagte ich.
Er legte sein Gesicht in Trauerfalten. »Das hoffe ich auch. Die Ärmste!«
Wir gingen zur Bank.
»Einen Augenblick«, bremste ich. »Bevor das
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