Dann gib ihm die Axt
Mundwinkel eingegraben hatten.
Zu irgendwelchen Spielereien war jetzt keine Zeit mehr. Ich zog meine Nachschlüsselsammlung hervor.
Schon mit dem ersten klappte es.
Das Ein-Zimmer-Appartement lag auf der Nordseite und hatte nur zwei schmale Fenster. In der Wohnung brannte Licht. Sie enthielt die für solche traurigen Buden übliche Einrichtung: ein Wandbett, einen Klubsessel, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, ein Sofa, vermutlich mehrmals neu bezogen, aber schon wieder reparaturbedürftig, einen abgetretenen Teppich mit zwei tiefen Druckstellen, an denen man sah, wo das Bett zu stehen pflegte, wenn es ausgeklappt war. In einem kleinen Tisch, der nachts wahrscheinlich am Bett stand, war eine Schublade ausgezogen. Ein auf Mahagoni gequälter Tisch stand, mit ein paar Zeitschriften dekoriert, in der Mitte des Zimmers.
Auf einem Stuhl lagen ein Hut und ein Damenmantel. Hinter einem Wandschirm sah man einen Abwaschtisch und einen zweiflammigen Gaskocher, einen kleinen elektrischen Wandkühlschrank und ein Regal mit Geschirr. Eine Tür mit eingebautem großem Spiegel führte anscheinend ins Badezimmer.
Auf einem Stuhl stand ein halb gepackter offener Koffer, aus dem Damenwäsche hervorsah.
Crail seufzte erleichtert auf. »Sie ist noch nicht fort.«
Ich sah mich um. »Wenn sich die Hausverwaltung den Luxus starker Glühbirnen leistet, kann man sich darauf verlassen, daß die Wohnung ohne künstliche Beleuchtung dunkel wie die Nacht ist.« Ich knipste das Licht aus.
Sofort verwandelte sich das Zimmer in eine beängstigend düstere, freudlose Wohnhöhle. Das wenige Licht, das die kleinen Fensterluken hineinließen, war so schlecht verteilt, daß man sich vorkam wie in einem Gruselfilm.
Nur hinter der Badezimmertür drang ein gelber Lichtschein hervor.
»So machen Sie doch um Himmels willen wieder Licht!« fuhr mich Crail an.
Ich gehorchte.
»Wahrscheinlich ist sie noch einmal fortgegangen, um etwas zu besorgen. Offensichtlich ist sie beim Packen. Ich denke — «
»Was schlagen Sie vor?«
»Ich denke, wir sollten hier auf sie warten.«
»Gut. Dann wollen wir es uns wenigstens gemütlich machen.«
Crail ließ sich in dem ausgesessenen Klubsessel nieder und rutschte unbehaglich auf dem höckrigen Polster herum, um eine wenigstens einigermaßen bequeme Stelle zu finden.
Ich ging zu dem kleinen Tisch und sah in die offene Schublade. Ein leeres Tablettenröhrchen lag darin. Auf dem Etikett stand: »Luminal«.
Ich dachte einen Augenblick nach und sah auf meine Uhr. Dann fragte ich Crail: »Wann hat sie das Büro verlassen?«
»Gegen vier Uhr zehn«, sagte Crail. »Sie sagte, daß sie sich nicht wohl fühlte und fragte mich, ob sie nach Hause gehen könnte. Ich hatte natürlich nichts dagegen.«
»Ist Ihnen irgend etwas Ungewöhnliches an ihr aufgefallen?«
»Inwiefern?«
»Nun, etwa an der Art, wie sic sich von Ihnen verabschiedet hat...«
Er sah mich mit gehetzten Augen an. Dann nickte er langsam.
Ich wartete. Er sagte es von selbst. »Sie war sehr — sehr bewegt. Es klang so endgültig. Wahrscheinlich konnte sie Gedanken lesen.«
Ich sah wieder auf die Uhr. Es war fünf Uhr fünfzehn.
Ich setzte mich zu Crail und nahm eine Schachtel Zigaretten heraus. »Auch eine?«
Er schüttelte den Kopf.
Ich zündete mir meine Zigarette an. Crail ließ mich nicht aus den Augen. Die Hundert-Watt-Birne zeigte mir winzige Schweißtropfen auf seiner Stirn.
»Woher wußten Sie es? Daß sie gehen wollte, meine ich?« fragte er.
»Woher wußten Sie, daß Ihre Frau Rufus Stanberry nachfuhr?«
Jetzt wich er meinem Blick aus. »Sie hat es mir erzählt.«
Ich lächelte nur.
Er wurde rot. »Sie glauben mir nicht?«
»Nein.«
Er preßte die Lippen zusammen. »Ich bin es nicht gewohnt, daß man an meinen Worten zweifelt.«
»Das glaube ich«, sagte ich mitfühlend. »Sie tun sich schwer mit einer simplen Lüge. Hat Georgia den Wagen selber gefahren, oder hatten Sie ihn sich geborgt?«
Es gelang ihm nicht, seine Verblüffung zu verbergen.
»Woher wußten Sie, daß Georgias Wagen dabei war?« fragte er.
»Einer der Fahrer, die in den Unfall verwickelt waren, hat sich eine Anzahl von Autonummern notiert.«
»Dann muß er sich bei der Nummer versehen haben.«
Ich lächelte.
»Also schön«, legte Crail los. »Ich hatte mir ihren Wagen geborgt. Sie wußte nichts davon. Ich — ich meine, sie wußte nicht, wozu ich ihn haben wollte. Jawohl, ich war gemein genug, meiner Frau zu folgen. Ich wollte wissen — ich —
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