Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
"Dann iss halt was!": Meine Magersucht – wie ich gekämpft habe – wie ich überlebe (German Edition)

"Dann iss halt was!": Meine Magersucht – wie ich gekämpft habe – wie ich überlebe (German Edition)

Titel: "Dann iss halt was!": Meine Magersucht – wie ich gekämpft habe – wie ich überlebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frommert , Jens Clasen
Vom Netzwerk:
Ressortleiter, Erich Stör, ein wunderbar gelassener, unaufgeregter, uneitler Endfünfziger, der sich und die Welt nicht so wichtig nahm, war zufrieden, der Volo-Ausbilder, Adolf Karber, war zufrieden, alle waren es, inklusive mir. Denn man entschied sich dazu, mir ein Volontariat anzubieten.
    Ein Volontariat bedeutete den Aufenthalt in verschiedenen Redaktionen, Einblicke in Verlagsabteilungen und war mithin eine ernst gemeinte Ausbildung zum Redakteur. Eine Station war das Ressort Wirtschaft. Dessen Leiter war einer der härtesten Chefs im Haus, zumindest was seine Ansichten zum Thema Journalismus, Sprache und Zeitungsmachen angeht. Er war aber auch im Zwischenmenschlichen nicht immer leicht zu handhaben, urteilte teilweise gnadenlos und bisweilen auch voller Häme, Spott und beißender Ironie. Seine Tiraden trafen mich selten bis nie. Wir hatten unsere eigene Art der Kommunikation gefunden. Er mochte mich, meine Herangehensweise und meinen Humor, meine Schreibe und meine Ideen. Ich mochte seinen scharfen Verstand, seine Herzlichkeit, die fand, wer danach suchte. Rückblickend habe ich sicher von ihm am meisten gelernt, unter anderem meine peniblen Textkorrekturen. Fortan förderte er mich derart, dass es den Argwohn der Kollegen weckte. »Der Günstling des Chefs.« Mir sagten sie das nie, aber ich spürte es in jedem ihrer Sätze, in jedem ihrer Blicke. Sie hatten ja auch nicht unrecht: Da war einer mit gepflegtem Halbwissen, ein Quereinsteiger, der den Rahm abschöpfte. Länger als üblich blieb ich in der Wirtschaft, und mir wurden weittragende Themenfelder angeboten, auf denen Reputation zu ernten war: die Telekommunikation beispielsweise, die gerade im Begriff war, liberalisiert zu werden, Tourismus, Handel, Technik, Neuer Markt – die spannenden, sexy Themen dieser Zeit eben, die geprägt war von der Goldgräberstimmung an den Märkten. Die Zeit, in der es vor Weltmarktführern nur so wimmelte. Die Zeit, in der Firmen, von denen man vorher nie etwas gehört hatte, hunderte Millionen einsammelten. Die Zeit von ahnungslosen Anlegern, die heute 5000 Euro investierten, morgen Millionäre waren und übermorgen nicht mehr wussten, wie sie ihre Miete zahlen sollten. Es war die Zeit der Prepaid-Anbieter, von Ron Sommer, von Herrn Mobilcom-Schmidt, der billigen Jakobs, von integrierten Reisekonzernen und Fusionsphantasien. Es war eine irre Zeit, und ich war mittendrin. Ich hatte das Gefühl, den Neuen Markt eröffnet und wieder mit geschlossen zu haben. Ich bin um die Welt geflogen mit den Telekoms und Condors dieser Welt. Nach Seattle und New York, Madrid und Rom, Paris oder Budapest.
    Bis mich ein neues Redaktionssystem am Boden hielt. Ein internes Netzwerk, das Ressorts verband, mit Agenturen vernetzte, Dienstleistern Zugang verschaffte, Grafiken einband, Anzeigen integrierte, Zeitungen druckte. Ein Mammutprojekt. Ich wurde gefragt, ob ich Lust hätte, da mitzumachen. Aussuchen, testen, konfigurieren, implementieren, ausbilden. Ich nahm an, die Sache reizte mich – und es hing Verantwortung daran, die mir danach nicht mehr so leicht zu nehmen sein würde. Ich wurde freigestellt, ritt aber abends dann auch noch meine Wirtschaft-Steckenpferde aus: Tariftabellen, Tipps & Tricks, Kommentare zu diversen Themen.
    Ich war nie Sport-Redakteur geworden, dabei war es das, was mich antrieb seit damals, als ich vom Galaxy-Spiel zurückkam und nach den journalistischen Sternen griff. Wenn es für mich eine Bestimmung gab, habe ich sie nie frühzeitig gekannt. Irgendwie ist mit mir immer alles passiert, ich habe es nie betrieben, nie habe ich mich beworben. Ich war einfach da, immer präsent. Ich weckte eine Nachfrage – nach mir, indem ich einfach »mich« anbot. Ich war offenbar die Lösung für viele Probleme, auch weil ich immer dachte, es sei ein Zeichen von Schwäche, wenn ich ein Problem als solches auch benannte. Für mich gab es keins, auch wenn innerlich alle Alarmglocken bimmelten. Ich hörte sie, aber ich hörte nicht auf sie.
    Vielleicht hätte ich einfach mal sagen sollen: »Nein, ich will in den Sport, dann warte ich eben, bis ein Platz frei wird.« Aber ich habe alle freiwerdenden Plätze abgelehnt und blieb in der Wirtschaft, irgendwie gegen meinen Willen. Der aber war zu schwach, als dass ich ihn hätte dergestalt spüren können, dass er mich zu etwas zwang. Dafür hatte ich das alte Motto verinnerlicht: Wer A sagt …
    Bald folgte die nächste Stufe nach oben. Es war keine hochoffizielle Anfrage, so wie

Weitere Kostenlose Bücher