Dann klappt's auch mit dem Doktor
ja nicht. Nils hat für eine Weile in England gelebt. Seit er wieder hier ist, unternehmen Ralf und er öfter was miteinander. Männerabende halt. Aber jetzt beruhig dich mal. Nils ist wirklich sehr nett.«
»Nett ist auch das Blumengesteck am Grab meiner Oma.«
»Ach Anna, ich glaube, ihr beide hattet bei der Arbeit bloà einen schlechten Start. Vielleicht ist es ja ganz gut, wenn ihr euch jetzt auch mal privat seht. Ich bin sicher, ihr müsst euch nur mal richtig kennenlernen.«
»Klar, werâs glaubt. Hast du Ralf erzählt, was ich alles über Denner gesagt habe?«
»Nein, ich glaube nicht ⦠Vielleicht hab ichâs mal so am Rande erwähnt ⦠oder so.«
»Wenn Ralf ihm das weitererzählt hat, führt das sicher nicht zu einem besseren Arbeitsklima«, feixt Vera, »wir können ja einfach die Location wechseln und woanders noch was trinken, wenn du den Kerl heute nicht erträgst.«
Ich schüttele entschieden den Kopf: »Auf gar keinen Fall. Dann glaubt Denner noch, es würde mir was ausmachen, dass er hier ist. Der nimmt sich eh schon viel zu wichtig. Ich brauche noch einen Drink.«
Der weitere Verlauf des Abends mit Denner, also Nils, ist wundersamerweise ganz erträglich. Ich bin sowieso hauptsächlich mit mir selbst beschäftigt.
»Hier, ich glaube Sie, ähm, du könntest mal ein Wasser vertragen.« Denner setzt sich neben mich an die Bar und stellt zwei groÃe Gläser Wasser vor mir ab. »Ich wusste nicht, ob du lieber mit oder ohne Kohlensäure trinkst.«
Das weià ich im Moment auch nicht.
»Du hast übrigens dein Buch im Büro vergessen«, fährt er fort.
»Ach, den Kitschroman. Macht nichts. Ist gar nicht meiner. Vera kauft die Dinger immer für ihre Oma«, nuschele ich und greife lieber wieder nach meinem Cocktail.
Die Nervensäge Denner oder der nette Nils oder wer auch immer er eigentlich ist, sieht mich fragend an und bleibt hartnäckig neben mir sitzen: »Du hast dich doch so brennend für die Gerüchte über Dr. Mösli interessiert.«
»Und wurde von dir gleich dafür abgewatscht.«
»Weil das echt daneben ist und mich diese intriganten Spielchen in der Klinik total wütend machen.«
»Was für Spielchen?« Jetzt ist mein Interesse doch geweckt.
»Dr. Mösli hatte gar keine Affäre mit Schwester Gisela. Nicht so richtig.«
»Was ist denn eine unrichtige Affäre?«
»Gisela hat es geschafft, ihn für eine Nacht rumzukriegen.«
»Ach, und deshalb ist es in Ordnung und er, der arme Mann, ist auch noch das Opfer?«
»In diesem Fall irgendwie schon. Dr. Mösli hatte sich doch auf die Stelle als Chef der chirurgischen Ambulanz beworben.«
»Da haben sich alle Chirurgen drauf beworben.«
»Genau. Einer seiner Konkurrenten hat wohl, um Dr. Mösli auszubooten, Gisela auf ihn angesetzt. Die hat ihn ins Bett gezerrt und heimlich Fotos gemacht. Damit haben sie dann versucht, ihn zu erpressen.«
»Bist du sicher, dass du dir die Geschichte nicht ausgedacht hast? Was sollten dann die Zettel an der Pinnwand? Das passt nicht ganz zur Erpressung.«
»Dr. Mösli ist auf die Erpressung nicht eingegangen, sondern hat seiner Frau alles gebeichtet und den Vorfall beim Chef gemeldet. Dann machte die Geschichte über den Betriebsrat die Runde und ist auch mir als Supervisionspsychologen der Mitarbeitervertretung zu Ohren gekommen.«
»Müsstest du diese Sache nicht für dich behalten?«
»Nicht mehr. Montag gibt es eine offizielle Erklärung zu den Vorgängen. Wegen dieser Zettel an der Pinnwand, die entweder Gisela oder ihr Auftraggeber dort aufgehängt haben.«
»Und wer ist Möslis böser Konkurrent?«
»Das weià niemand. Schwester Gisela schweigt, und da sie die Klinik verlassen muss, werden wir das wohl nie erfahren.«
Das war bestimmt Klemme. Der ist der Einzige, dem ich so eine krasse Aktion sofort zutrauen würde.
»Ich wäre nie draufgekommen, dass dahinter so eine Geschichte steckt. Ich dachte immer, das wäre Frau Mösli gewesen, aus Rache. Aber Fakt ist und bleibt trotz allem: Hätte Mösli seine Hosen anbehalten, wäre ihm das nicht passiert. Also, selber schuld. Da habe ich echt kein Mitleid.«
»Was Dr. Mösli getan hat, ist aber nur ein ganz normales menschliches Fehlverhalten.«
»Männer! Ich finde das nicht normal! Ich
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