Dann klappt's auch mit dem Doktor
»Weil ich nichts mehr gesehen habe?«
Die am Ende unserer Runden gestoppte Zeit ist eine meiner besten. Kein Wunder, dass ich fix und alle bin. Till ist total begeistert von seinen Trainerqualitäten.
»Siehst du, ich wusste, ich kann âne super Zeit aus dir rausholen.«
»In normalem Tempo joggen hätte nach dem gestrigen Abend auch gereicht. Du hast mich fast umgebracht.«
Erschöpft lasse ich mich auf den Rasen am Ufer fallen und strecke alle viere von mir.
»So ân Quatsch. Du darfst dich nicht immer mit Mittelmaà zufriedengeben. Nicht bei Männern und auch nicht bei deinen Leistungen.«
Womit wir wieder beim Thema wären.
»Dafür, dass mir immer nur mittelmäÃige Trottel über den Weg laufen, kann ich nichts. Und was meine sportlichen Leistungen angeht: Ich kenne halt meine Grenzen. Ich bin einfach keine Athletin.«
»Aber du könntest eine sein, wenn du dich beim Training ein bisschen mehr zusammenreiÃen würdest.«
»Das wird in diesem Leben nichts mehr.«
»Das mit dem Leistungssport oder mit den Männern?«
»Grad heute würde ich nach meinem phantastischen romantischen Wochenende behaupten: mit beidem.«
»Sei mal nicht so pessimistisch.« Till setzt sich neben mich ins Gras und lässt gleich wieder den Super-Trainer raushängen.
»Du solltest dich dehnen, bevor du wieder kalt bist.«
So wie ich mich gerade fühle, wird sich meine Körpertemperatur nie wieder auf ein normales Maà herunterregeln. Aber bevor ich mir nachher noch eine Zerrung hole, gebe ich nach und ahme Tills Dehnungsprogramm wenigstens halbwegs nach.
»Wie lange wart ihr gestern denn noch unterwegs?«
»So bis um sieben.«
Dafür sieht Till eindeutig zu erholt aus.
»Und habt ihr den Abend mit Diskutieren verbracht, oder wart ihr noch tanzen?«
»Beides. Vera war nach den ganzen Cocktails, die ihr euch reingezogen habt, tatsächlich mal total lustig und locker drauf. Wir hatten echt noch einen schönen Abend. Schade, dass du nicht mehr mitkommen wolltest.«
Wenn Till nach einer langen Nacht so blendend aussieht, dann hat das meistens mit Sex zu tun und nicht mit Quatschen oder Tanzen.
»Habt ihr noch irgendwen getroffen?«
»Nein, irgendwie war gestern nicht mehr so viel los.«
Na immerhin so viel, dass sie bis um sieben geblieben sind.
»Und? Hat Vera noch ânen heiÃen Typen aufgetan?«
»Wozu? Ich war doch mit ihr unterwegs.«
»Ja, aber das ist ja was anderes.«
Till friemelt die akkurat sitzenden Schnürsenkel seiner Laufschuhe auf und zieht sie nach.
»Ach, und wieso ist das was anderes?«
Er schnürt seine Schuhe umständlich wieder zu.
»Na, weil ihr irgendwie Freunde seid, Kumpel halt. Und dass, obwohl ihr euch ständig in den Haaren liegt.«
Till steht auf und reicht mir die Hand: »Komm, lass uns nach Hause fahren.«
»Hast du nach dem Tanzen etwa noch âne heiÃe Schnitte klargemacht?«
»Wie kommst du denn darauf?« Till schaut mich empört an.
»Du wirkst irgendwie so ⦠ausgeglichen ⦠Sex-Glückshormon-ausgeglichen.«
»Du solltest endlich selber mal wieder Sex haben. Du bist ja ganz besessen von dem Thema.«
Eigentlich ist es Tills Vierundzwanzig-Stunden-Thema. Irgendwas verheimlicht er mir. Vielleicht ist er wieder mit seiner Ex-Theresa in der Kiste gelandet, und es ist ihm peinlich, mir das zu sagen.
Nachdem Till mich zu Hause abgesetzt hat, lege ich eine Einheit Hanteltraining nach und dehne mich schlieÃlich noch einmal ausgiebig. Das tut echt gut! Meine Muskulatur ist angenehm angespannt, und mein Teint sieht inzwischen auch nicht mehr puterrot, sondern gesund und strahlend aus. Auf meinem Lieblingsplatz, dem Liegestuhl im Schatten des Sonnenschirmes auf meiner Terrasse, trinke ich einen Entschlackungstee und fasse einen Entschluss. Es reicht mir! Ich habe keine Lust mehr auf den ewigen Stress. Ständig diese, wenn auch nicht immer offen zugegebene, Suche nach dem Traumprinzen. Ständig dieser Gewichts- und Fitness-Stress, nur um im entscheidenden Moment in Form zu sein. Ständig dieser Outfit- und Make-up-Stress, nur um sich auf dem Singlemarkt gut zu positionieren. Ständig diese ganzen Ratgeber, nur um für einen Mann noch besser, perfekter und liebenswerter zu sein. Mein Traummann soll mich gefälligst um meiner selbst willen lieben! Ab heute werde ich mich nur noch
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