Dann klappt's auch mit dem Doktor
Schlüssel endlich ins Schloss, und ich kann die Tür öffnen. Ich winke Denner noch einmal betont munter zu und verschwinde im Hausflur.
Bevor ich endlich ins Bett gehe, stelle ich sicherheitshalber einen Eimer auf den Boden und eine Flasche Wasser daneben. Besser istâs.
Kapitel 11
Bereits um drei Uhr in der Nacht quält mich ein brennendes Durstgefühl. Meine Zunge klebt am Gaumen fest. Noch im Halbschlaf taste ich nach der Wasserflasche. Diese kleine Bewegung war schon zu viel. Mein Schädel droht zu zerspringen. Mist. Ich habe einen ausgewachsenen Kater! Ich hätte nicht so viel trinken sollen. Ob Nils gemerkt hat, dass ich ein, zwei Cosmopolitans zu viel hatte? Das wäre peinlich. Ich sage unseren jugendlichen Patienten ständig, dass sie umsichtig mit Alkohol umgehen müssen und am besten ganz die Finger davon lassen sollten. Als verantwortungsvolle Kinderärztin müsste ich stets ein gutes Beispiel sein. Das hat ja gestern schon mal nicht geklappt. Ich suche nach meinen Kopfschmerztabletten, die irgendwo in meinem Nachtschränkchen liegen müssen. Endlich finde ich sie, spüle sie mit einem groÃen Schluck Wasser hinunter und warte auf die Erlösung von meinen Schmerzen. Ich warte und warte. Mann, ist mir übel!
Ein paar Stunden, nachdem die Kopfschmerztabletten endlich ihre Wirkung entfaltet haben, räkele ich mich ganz zufrieden, ohne einen nervenden Deppen an meiner Seite, in meinem kuscheligen Bett. Es geht mir doch gut, so ganz allein mit mir selbst. Heute werde ich mich so richtig verwöhnen. Mich, Super-Anna. Nach dem Aufstehen frühstücke ich noch im Pyjama und warte dann, während ich auf meiner Terrasse im Liegestuhl eine Zeitung lese, auf Till. Wer weiÃ, ob der heute überhaupt vorbeikommt. Vera und er haben im nächsten Club sicher wieder kein Ende gefunden.
Ich bin positiv überrascht, als Till am späten Mittag in Laufklamotten und mit meinem Koffer in der Hand vor der Tür steht.
»Schickes Laufoutfit. Damit ziehst du die Männer bestimmt reihenweise an«, spottet er mit einem Blick auf meinen Rosa-Bärchen-Schlafanzug.
»Mir war nach Wohlfühlklamotten. Ich bin immer noch deprimiert«, versuche ich, mich zu verteidigen.
»Du trägst das Teil doch ständig. Egal, wie es dir geht«, Till wuchtet den Koffer über die Türschwelle und lässt ihn dann mitten im Flur liegen.
»Das stimmt überhaupt nicht. Ich habe auch andere Schlafanzüge.«
»Ich willâs gar nicht wissen. Was ist jetzt? Laufen wir los?«
»Du bist ja völlig euphorisch. Ich habe ehrlich gesagt damit gerechnet, dass du bis heute Abend versoffen im Bett liegst. Warte kurz, ich zieh mir nur schnell was an.«
»Mach hin. Am besten, wir fahren zum Badesee und laufen da. Das ist bei dem Wetter am schönsten.«
Till quält mich unter dem Vorwand, dass mir das guttäte, gleich ganze zwei Runden um den See. Für einen Sonntagmittag ist noch nicht viel los, und die Landschaft zeigt sich von ihrer schönsten Seite. Ein gemütliches Kaffeetrinken im Strandbad wäre mir allerdings viel lieber als diese Rennerei. Dass ich in den letzten Wochen keine Zeit zum Laufen hatte, rächt sich bitter. Till läuft lachend immer wieder fünf Meter vor und triezt mich: »Komm schon, du Schnecke. Beweg dich mal.«
»Dann lauf vor, wenn ich dir zu lahm bin.«
»Auf keinen Fall.« Till läuft mir wieder entgegen und umrundet mich, »ich lasse mir doch nicht entgehen, wie du hier keuchend und schwitzend um den See schleichst.«
»Ich kann nicht mehr.«
»Komm, nicht aufgeben. Du packst das.«
»So ein â¦Â«, sind meine letzten Worte, dann wird mir schwarz vor Augen.
Auch das noch. Ich werde ohnmächtig. Wie peinlich. O nein. Till kriegt das nie auf die Reihe, mich in eine stabile Seitenlage zu bringen. Ich werde an meiner zurückfallenden Zunge ersticken.
»Anna, hallo! Alles klar?«
Ich, Moment mal, ich bin gar nicht ohnmächtig. Ich stehe immer noch auf meinen wackeligen Beinen. Aber wieso ist es so dunkel? Zitternd taste ich nach meinen Augen. Das Stirnband ist darüber gerutscht. Erleichtert schiebe ich es nach oben. Puuh, Glück gehabt!
»Was war das denn?« Till kommen vor Lachen die Tränen.
»Nichts. Das Stirnband ist verrutscht.«
»Das habe ich gesehen. Aber warum bist du denn wie angewurzelt stehen geblieben?«
Blöde Frage.
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